Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
dachte nach und war sich nicht sicher, ob er seinem Vater noch mehr erzählen sollte. Letztendlich behielt er die Drohung des Spaniers jedoch für sich. Zum einen befürchtete er, sich dadurch weitere Vorwürfe anhören zu müssen, zum anderen wollte er keine unnötige Panik ankurbeln. Er kannte den Spanier mittlerweile gut und wusste, dass auf eine Drohung meist erst ein paar weitere folgten, bis etwas passierte.
    „Ich werde diesen Wagner jetzt anrufen“, meinte Jo entschlossen und wandte sich von Alex ab. Zielstrebig schritt er zum Telefon und nahm es in seine Hände. Alex beobachtete ihn geistesabwesend. Erst als er wieder zur Besinnung kam, stürzte er sich auf seinen Vater und riss ihm den Hörer aus den Händen.
    „Das kannst du nicht machen!“, rief er aufgebracht.
    „Ach, und wieso nicht?“, fragte Jo. Seine Miene spiegelte die Gesamtheit jeglicher Strenge wider, die Alex von ihm kannte.
    „Die werden das doch mitbekommen und dann … und dann wird alles noch schlimmer.“ Alex war verzweifelt.
    „Alexander, die Leute sind vom Fach und auf derartige Dinge spezialisiert. Die werden sich schon darum kümmern“, sagte Jo.
    Alex atmete aufgeregt ein und aus. Wie gebannt starrte er auf das Telefon in seinen Händen und wog ab, es seinem Vater zurückzugeben. Doch plötzlich kam er sich völlig abwesend in der gesamten Situation vor. Kurzzeitig fühlte es sich so an, als ob er das Geschehen nur von außen beobachtete. Es bedurfte einen ganzen Moment, bis sein Verstand ihn schließlich zurück in die Realität holte.
    „Das sind Profis“, meinte Alex.
    „Ja, eben drum“, erwiderte Jo und streckte seine Hand nach dem Telefon aus.
    „Nein, nicht die Polizei“, korrigierte ihn Alex. „Die Typen vom Pokern … der Spanier. Das sind Profis. Die machen so was nicht zum ersten Mal. Die haben Sam umgebracht und Ben wäre fast draufgegangen. Die kannst du nicht einfach so aufhalten. Die Polizei macht doch alles nur noch schlimmer.“
    „Da bin ich anderer Meinung.“
    Alex schüttelte seinen Kopf in einer Geste der Verzweiflung. Er wusste nicht, wie er seinem Vater – der für alle Probleme eine passende Lösung zu haben glaubte – erklären sollte, dass es um viel mehr als nur das Geld ging. Jo schien den Ernst der Sache nicht zu begreifen und die Verantwortung deshalb schlicht und ergreifend in andere Hände übergeben zu wollen.
    „Du hast echt keine Ahnung!“, fluchte Alex.
    „Mensch, Sohn, sei doch vernünftig!“ Jo schien kurz davor, die Fassung zu verlieren. „Wie willst du das denn allein händeln? Ganz ohne Geld …“
    „Ich weiß es doch nicht!“, erwiderte Alex aufgebracht. „Aber ich lass mir was einfallen. Gib mir einfach etwas Zeit und ...“ Er stockte, bevor er weiter sprach. „… sei verdammt noch mal für mich da! Das hast du mir vorhin erst versprochen.“
    Jos Augen weiteten sich. Er schien sprachlos zu sein. Alex sah ihm fest in die Augen und hoffte inständig, mit seinem letzten Argument überzeugt zu haben. Sein Vater musste ihm vertrauen, wenigstens dieses eine Mal.
    „Gut“, sagte Jo plötzlich. „Ich gebe dir Zeit bis morgen früh. Aber dann informiere ich die Polizei.“
    In Alex kroch Erleichterung empor. Zwar wusste er, dass die Zeitspanne, um sich eine Lösung zu überlegen, sehr knapp bemessen war, sah es aber als eine Art Anfang. Vielleicht würde sein Vater ja tatsächlich mit ihm kooperieren.
    „Danke …“, brachte er heiser hervor.
    „Bekomme ich das Telefon jetzt bitte zurück?“, fragte Jo und streckte seine Hand ein weiteres Mal nach dem besagten Gegenstand aus.
    „Ja, klar“, erwiderte Alex und reichte ihm das schwarze Handy.
    „Und jetzt lass mich bitte allein!“, bat Jo. „Auch ich muss nachdenken.“
    Alex nickte wortlos. Dann trat er zur Seite. Sein Vater schritt an ihm vorbei zum Fenster, stützte sich dort am Fensterbrett ab und blickte nach draußen. Das Telefon hatte er erst einmal vor sich abgelegt.
    Alex warf ihm einen letzten Blick zu, bevor er sich abwandte und zur Tür schritt. Er durchquerte den Flur und eilte in sein Zimmer. Dort angekommen ließ er sich erschöpft aufs Bett sinken. Aus einem unerfindlichen Grund ging es ihm nach dem Gespräch besser. Vielleicht lag das daran, dass er sich nicht mehr allein mit seinen Sorgen fühlte und seinen Vater tatsächlich mal für das gebrauchte, was er war: eine Vertrauensperson.
    Dennoch befürchtete er, keine Lösung zu finden. Das machte ihm Angst. Er wollte nicht, dass Ben etwas

Weitere Kostenlose Bücher