Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland

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zu Astor. Sie versuchte einen Blick zu erhaschen, als er die elegante Handschrift überflog.
    »Da bittet dich wohl jemand um ein Rendezvous«, sagte sie, und als sie zu der Kutsche hinüber sah, nahm sie gerade noch die behandschuhte Hand einer Dame wahr, die aus der Kutsche jemandem zuwinkte. Verrol natürlich.
    »Wie ich es mir gedacht habe«, zischte sie.
    Der Umschlag war nur der erste von dreien, und jedesmal ließ die Polizei den Überbringer der Botschaft passieren. Offenbar verfügten die Ladys, die sich für Verrol interessierten, über Macht und Einfluss. Astor hatte keinen Zweifel daran, dass sie schön waren, doch aus dieser Entfernung konnte sie nur die Pracht ihrer Kleidung und das Glitzern ihrer Juwelen erkennen.
    Verrol überflog jede Nachricht nur kurz, zuckte mit den Achseln und verlor kein Wort darüber. Er warf sie allerdings auch nicht fort, sondern steckte sie in seine Hosentasche. Astor war enttäuscht von ihm.
    Sie war froh, als ihre Transportfahrzeuge endlich eintrafen: ein Konvoi dreirädriger Velozipede. Sie sahen aus wie Boote auf Rädern, mit einem spitzen Bug und schnittigen stromlinienförmigen Seiten. Vorne trieben der Fahrer und sein Assistent das Gefährt durch Pedalkraft an, und der Fahrer steuerte das kleine Vorderrad mittels einer parallel zur Fahrtrichtung angebrachten Lenkstange. Hinten befand sich unter einem zusammenfaltbaren ledernen Verdeck ein Abteil, das gerade groß genug für zwei Personen war.
    Ohne es darauf angelegt zu haben, teilte sich Astor am Ende ein Veloziped mit Verrol. Vielleicht war es ja auch wirklich an der Zeit für ein Einzelgespräch mit ihm. Mave zuliebe zumindest …
    Kaum hatte sich das Gefährt in Bewegung gesetzt, ging sie zum Angriff über. »Ich hätte nie gedacht, dass die dein Typ sind.«
    »Wer?« Sein ausdrucksloser Blick machte sie noch wütender. Er schwamm noch immer auf der Woge der Euphorie, die Astor bereits hinter sich gelassen hatte.
    »Du weißt genau, wer. Diese drei vornehmen Ladys in ihren Kutschen. Ist das nicht gegen all deine Prinzipien?«
    »Was denn für Prinzipien? Es ist mir neu, dass du mir zutraust, Prinzipien zu haben.«
    »Du hast mal gesagt:
Ich bin heute ein besserer Mensch, als ich in der Vergangenheit war
.«
    »Ich bin erstaunt, dass du dich daran erinnerst.«
    Im schwachen Licht des Fahrgastraums konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, aber sie war sich sicher, dass der alte süffisante Gesichtsausdruck zurückgekehrt war.
    »Wie findest du Mave eigentlich?«, fragte sie plötzlich zusammenhanglos.
    »Wie soll ich sie denn finden …?«
    »Na, ich meine, findest du sie attraktiv?«
    Er dachte eine Weile nach. »Ja. Auf ihre ganz eigene Weise ist sie schön. Schön wie ein wildes Tier.«
    Genau dasselbe hätte Astor auch geantwortet. Sie war verblüfft, dass er sah, was den meisten Männern wahrscheinlich gar nicht auffiel.
    »Sie ist doch viel mehr dein Typ als diese vornehmen Ladys.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht finde ich die viel attraktiver.«
    »Sie ist so ein süßes, sanftes Ding.«
    »Was sie eher nicht mein Typ sein lässt. Ich bin das ganze Gegenteil von süß und sanft, wie wir festgestellt haben.«
    »Gegensätze ziehen sich an, heißt es. Vielleicht stößt es sie nicht ab.«
    »Es hat dich abgestoßen.«
    »Maves Vater wurde auch nicht von einer mörderischen Gangsterfamilie umgebracht.«
    Zwischen ihnen entstand ein langes Schweigen. Jetzt ist er wieder auf der Hut, dachte Astor, da wird er mir nicht mehr sagen, wie er Mave wirklich findet.
    Doch zum Schluss war es Verrol, der den Faden wieder aufnahm. »Wenn ich ihr zu nahe käme, würde sie das Weite suchen. Ich würde sie nur erschrecken.«
    »Du müsstest natürlich sehr sanft und rücksichtsvoll sein.«
    »Selbst wenn ich das gar nicht bin?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass du, wenn es um Frauen geht, so bist, wie es gerade am besten passt.«
    »Das würdest du also tun, wenn du ich wärst?«
    »Ja. Nein. Ich weiß nicht. Vielleicht gehört sie ja zu denen, deren Herz man im Sturm erobern muss, bevor sie überhaupt Zeit hat nachzudenken. Und ich bin mir sicher, dass du das auch kannst. Die meisten Mädchen würden es genießen, im Sturm erobert zu werden.«
    »Sprichst du aus Erfahrung?«
    »Ich? Nein, doch nicht Mädchen wie ich. Ich meinte Mädchen wie Mave. Ich komme doch aus einer anderen Gesellschaftsschicht. Ich bin mit ganz anderen Erwartungen aufgezogen worden.«
    »Heiratsanträge? Offizielle Verlobungen?«
    Astor