Song of the Slums
plötzlichen Ende des Kartenspiels. Das Team stand vor dem unteren Bett, auf dem die Musikinstrumente lagen.
»Ich nehme die Blechgitarre«, sagte Shannet.
»Ich kann zwei der Drums tragen«, bot Hink an.
»Gut.« Verrol lehnte sich nach vorn und hob das Melodium auf. »Dann nehme ich dies hier.«
Astor wollte gerade sagen:
Und ich kann die beiden anderen Drums tragen
, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken, denn als Verrol sich aufrichtete und einen Schritt zurücktrat, erschien ein tätowierter Arm aus dem oberen Bett, mit einer Pistole, die auf Verrols Hinterkopf gerichtet war
»Beweg keinen einzigen Muskel!«, wies ihn eine knirschende Stimme harsch an.
• 42 •
Verrol blieb bewegungslos stehen, wo er war, die anderen wirbelten herum und erstarrten. Astor schlich geräuschlos auf die Seite des Wagons, wo auch der Mann lag, und kroch in eines der unteren Betten. Er konnte sie ebenso wenig sehen wie sie ihn.
»Dreh dich langsam um«, befahl die Stimme.
Verrol drehte sich langsam herum. »Ah, Scarrow«, sagte er. »Ich habe dich nicht bemerkt.«
»Tja, da hab ich dir wohl deinen kleinen Plan verdorben? Ich hab gerade ein Nickerchen gemacht.« Er drückte die Pistole so heftig gegen Verrols Stirn, dass sein Kopf zurückgestoßen wurde. »Keiner bewegt sich.«
Astor kroch währenddessen vorsichtig von Matratze zu Matratze. Uniformen und Unterwäsche, die von den Haken hingen, schützten sie wie eine Gardine. Scarrow war noch drei Betten entfernt, und sie war sich sicher, dass er nicht wusste, dass sie da war. Selbst Verrol und die anderen hatten sie bisher nicht wahrgenommen.
»Was jetzt?«, fragte Verrol.
»Vielleicht sollte ich dir einfach das Gehirn wegpusten«, antwortete Scarrow.
»Dann gehst du auch drauf. Du kannst uns nicht alle mit einer Pistole erschießen.«
»Ich hab noch mehr Waffen, keine Sorge. Dreck, wie ihr es seid, verdient nicht zu existieren«, fuhr Scarrow fort. »Betteln und Stehlen ist alles, was ihr könnt. Dieses Land wäre ohne euch in einem besseren Zustand.«
Astor wusste noch nicht genau, was sie tun sollte, bis sie zwischen den Uniformen und der Unterwäsche ein metallisches Schimmern wahrnahm. Ein Säbel! Aber wie sollte sie ihn vom Haken bekommen? Vorsichtig nahm sie die Klinge zwischen die Finger, ohne die rasiermesserscharfen Kanten zu berühren; ganz langsam schob sie sie in die Höhe. Sie konnte zwar nicht sehen, an welchem Haken der Griff befestigt war, aber irgendwann spürte sie, dass er frei war.
Vielleicht hatte Verrol aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahrgenommen, jedenfalls waren die Worte, die er nun an Scarrow richtete, lauter und absichtlich provozierend.
»Wenn wir es nicht verdienen zu existieren, wie sieht es dann mit dir aus? Wofür braucht man schon Soldaten, wenn es keinen Krieg gibt?«
Astor legte den Säbel neben sich auf die Matratze. Er war fast einen Meter lang. Sie nahm ihn mit sich, als sie auf die Matratze direkt unter Scarrow kroch.
Der fauchte Verrol gerade an: »Du hast doch keine Ahnung, was geschehen wird. Wir werden wieder gebraucht werden, bald schon, und ihr werdet dabei draufgehen, so, wie es Abschaum gebührt.«
Wieder stieß er die Pistole brutal gegen Verrols Stirn. Zwar hatte er den Abzug noch nicht gespannt, doch er stand offensichtlich kurz davor. Astor war jetzt auf gleicher Höhe mit dem tätowierten Arm über ihr. Sie ergriff den Säbel mit beiden Händen.
»Was soll denn schon passieren?«, fragte Verrol.
»Was dir passiert, kann ich dir sagen, eine Pistolenkugel in …«
Astor schwang den Säbel. In einem glitzernden Bogen sauste er nach oben, und die Klinge traf Scarrows Handgelenk. Die Pistole flog durch die Luft, und Scarrow heulte vor Schmerz laut auf. Astor hatte ihn nicht glatt mit der Schneide getroffen, aber in seinem Fleisch klaffte ein tiefer Schnitt. Einen Augenblick später lehnte sich Scarrow über seine Matratze, um dem Angreifer ins Gesicht zu sehen. Jetzt griff Verrol seinen Nacken, zerrte ihn aus dem Bett und ließ ihn auf die Erde krachen. Gleichzeitig war Shannet durch das Abteil gerast, um die Pistole zu ergreifen. Als Scarrow sich wieder aufrichten konnte, zielte sie mit dem Pistolenlauf genau zwischen seine Augen.
Er hatte in seiner Unterwäsche geschlafen, und nun konnte man sehen, dass sein ganzer Körper mit schwarzen, roten, grünen und lilafarbenen Tattoos übersät war. Der Name Scarrow tauchte immer wieder auf, doch die Haut über seinem Brustkorb war mit Reihen kleiner
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