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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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schwächer geworden, zuletzt hatte sie kaum mehr ihre Arme heben können. Hink war ihr in den letzten zwölf Stunden nicht von der Seite gewichen, hatte neben ihrem Schlafsack im Tunnel unter den Bahnschwellen gekauert und Wache gehalten.
    Astor befürchtete das Schlimmste – bis Hink ausrief: »Sie hat wieder eine Vision gehabt! Kommt schnell und hört es euch an!«
    Mit einem Seufzer der Erleichterung ließen sie alles stehen und liegen und eilten zum Unterschlupf. Sie standen so eng beieinander, dass kaum Platz zum Atmen war. Sie waren alle mucksmäuschenstill und hielten die Ohren gespitzt, um Grannys schwache bebende Stimme zu verstehen.
    »Ich habe die Band gesehen. Die klarste Vision, die ich je hatte.« Sie sprach sehr langsam mit langen Pausen. »Ich habe jedes Gesicht und jedes Instrument genau gesehen. Mave war mit ihrem Melodium dabei. Wir haben alles richtig gemacht. Die Rowdys spielten vor Tausenden von Leuten.«
    Von weiter hinten im Tunnel war Purdys Stimme zu hören. »Könnte unser nächstes Engagement sein.«
    »Nein.« Granny hatte ihn verstanden. »Das war nicht Brummingham, das war London. Der größte Saal in der größten Stadt. Tausende und Abertausende saßen in Reihen. Alle so schön gekleidet, eine Pracht! Sie klatschten so, als würden sie niemals aufhören. Selbst den feinen Pinkeln gefiel die Gangmusik …«
    Sie brach ab, um zu husten. Keiner wagte es, Fragen zu stellen. Als sie weitersprach, war ihre Stimme noch schwächer geworden, sofern das denn möglich war.
    »Ich habe die Zukunft gesehen. Ich habe die ganze Szene von oben betrachtet. Die Zukunft der Rowdys. Sie müssen ihre Chance nur ergreifen. Sie müssen sie für uns alle ergreifen. Sind sie hier?«
    »Ja!«
    »Ja!«
    »Ja!«
    Die Antworten erschollen aus allen Ecken des Tunnels.
    »Gut. Ich möchte sie spielen hören.«
    »Was?«
    »Jetzt?«
    »Wo?«
    »Natürlich
jetzt
. Auf der Probebühne. Bringt mich dorthin.«
    Sie brachten sie zur Probebühne, indem sie ihren Schlafsack an allen vier Ecken anhoben und sie, wie in einer Hängematte, dorthin trugen. Astor hatte ein eigentümliches Gefühl, was diesen Auftritt anging, eine Vorahnung, die ihr einen Kloß im Hals und feuchte Augen bescherte.
    Auf der Bühne setzte sie sich an ihre Drums, und Purdy, Mave und Verrol ergriffen ihre Instrumente. Granny wurde vor ihnen sanft zur Erde gelassen, und der Rest der Gang bildete hinter ihr einen Halbkreis.
    Die Band stimmte
Muddy Boy Beat
an, einen der älteren Songs. Astor sah immer wieder zu Granny und fand es schwer, sich ganz und gar in die Musik zu vertiefen. Die Augenlider der alten Frau waren geschlossen, und sie lag sehr still dort.
    Als der Song zuende war, rief Astor leise in die Stille hinein: »Geht es ihr gut?«
    Grannys Augen öffneten sich in einem Schlag. »Mit geht es gut, aber eurer Musik nicht. Was ist los mit euch? Alles nur Technik und keinerlei Gefühl.« Speziell Astor schoss sie einen bösen Blick zu. »Los, bring Leben hinein! Hau auf deine Drums!«
    Astor wusste nicht warum, aber jetzt war sie dem Weinen noch näher als zuvor. »
Take Me Home
«, rief Verrol und zählte sie in die nächste Nummer.
    Jetzt spielten sie offenbar besser, denn Granny tappte mit ihren Fingern zum Beat. Doch langsam aber sicher wurde das Tappen weniger, und als der Song vorüber war, hatte sie ganz damit aufgehört.
    Astor wagte kaum zu rufen. »Granny?«
    »Ich bin immer noch hier.« Granny sog hörbar Luft ein und schien sich auf eine große Anstrengung vorzubereiten. »Ich möchte, dass ihr euch etwas sehr genau einprägt, meine Band.«
    »Was?«
    »Dies hier um euch herum. Diesen Schmutz, dieses Wellblech, diese Schrotthaufen. Hier habt ihr angefangen. Vergesst das niemals. Vergesst uns niemals. Prägt euch jedes Gesicht ein.«
    Die Bandmitglieder blickten in jedes einzelne Gesicht der im Halbkreis um sie herum Stehenden. Und die Gangmitglieder blickten zurück, vollkommen ernst, vollkommen feierlich.
    »Ihr werdet reisen, werdet weit weg von Slumtown sein«, fuhr Granny fort. »Wahrscheinlich werdet ihr ein schönes aufregendes Leben führen. Dies wird nicht mehr lange euer Zuhause sein. Aber ihr müsst es immer und immer in euch tragen.«
    »Weil dies der Ort ist, von dem die Musik kommt«, sagte Verrol langsam.
    »Dies ist der Ort, von dem die Musik kommt«, bestätigte sie nickend. »So, und jetzt bin ich reif für den nächsten Song. Ich will den härtesten Beat hören, den ihr könnt.«
    »
Made for Love
?«, schlug

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