Sonne, Wind und Mord (German Edition)
sorgte jedoch dafür, dass sich die Temperatur um einige Grad
verringerte. Als Kees heil unten angekommen war und sich in einem geräumigen
Gang, wiederfand, an dessen monoton-grauen Wänden zahlreiche rote und blaue
Rohre entlang liefen, konnte er seinen Atem deutlich kondensieren sehen. Hier
unten herrschten mit Sicherheit ein paar Grad unter Null. Das Brummen des
Generators hatte etwas von seiner Lautstärke verloren und war von einem
mechanischen Surren ersetzt worden, das den Boden unter Kees Füßen leicht
vibrieren ließ. Von Linda fehlte unterdessen jede Spur. Da der Gang jedoch nur
in eine Richtung weiterging und auf der anderen Seite an einer massiven
Betonwand endete, in der nur die Rohre verschwanden, schlug der Inspektor
folgerichtig den einzig möglichen Weg ein. Die Beleuchtung war spärlich, ein
paar formlos herabhängende Glühbirnen, deren Licht auf die gefrorenen Rohre
schien und von der auf ihnen liegenden Eisschicht schwach reflektiert wurde.
Sonst gab es nichts Auffälliges an dem schier endlosen, sich in langgezogenen
Kurven hin und her windenden Gang. Es dauerte eine Weile, ehe Kees Bloemberg
die Wissenschaftlerin eingeholt hatte und das auch nur, weil diese vor einer
weiteren Leiter zum Stehen gekommen war, die sich über ihren Köpfen rund
vierzig Meter durch ein nicht sonderlich breites Loch in der Decke nach oben
wandte und an einer verschlossenen roten Luke endete. Dort, wo sie standen, war
der Geräuschpegel deutlich niedriger. Das heftige Vibrieren unter den Füßen war
hier kaum noch zu spüren und so bot sich Linda erstmals seit fast einer halben
Stunde die Möglichkeit, dem immer noch rätselnden Inspektor die Lage zu
erklären. „Wir befinden uns in einer der GWCs, grondenwater-canals“, sagte sie.
„Große Teile der Einrichtung befinden sich unter der Erde. Da es bei der
unmittelbaren Nähe zum Meer, vor allem bei solchen Wetterlagen, immense
Probleme mit dem Einbruch von Grundwasser in verschiedene Bereiche der Anlage
gäbe, durchzieht das gesamte Gebiet ein Netz dieser GWC. Sie sorgen durch
generatorenbetriebene Pumpen dafür, dass wir trockene Füße behalten. Wäre das
nicht der Fall, würden wir hier binnen kürzester Zeit bis zur Haarspitze im
Wasser stehen. Das Grundwasser wird mit hohem Druck und viel Leistung durch die
Rohre gepumpt, die du hier siehst und zum großen Teil für Kühlvorgänge
verwendet.“
„Ah, ja…“, antwortete Kees Bloemberg und schob
die Hände tief in die Taschen seines Mantels. Hier unten war es brechend kalt.
Linda ließ sich von der niedrigen Temperatur nicht beeindrucken. Es schien als
sei sie es gewohnt, stattdessen schaute sie immer wieder in den Gang hinter
Bloemberg und fragte schließlich. „Wo ist Ronald?“
„Ich habe ihn zurückgeschickt. Er hat viel
durchgemacht. Ich möchte ihm nicht noch mehr zumuten“, erklärte Bloemberg
eintönig und verlagerte dabei sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und
umgekehrt. Er fror.
„Dann sind wir also jetzt nur noch zu zweit.“
„So ist es“, brummte der Inspektor.
Ein Moment der Stille trat ein. Linda sah Kees
mit einem undefinierbaren Blick an.
„Danke, dass du bei mir bist Bloemberg. Allein
wäre ich nie bis hierhergekommen“, sagte sie dann aufrichtig. Bloemberg
erschauerte und vermochte nicht zu sagen, ob das nur an der Kälte hier unten
lag. Linda schenkte ihm ein mildes Lächeln, Kees erwiderte es sporadisch…
einige Sekunden waren beide vom Blick des anderen gefangen und konnten sich
nicht losreißen…
„Ganz schön kalt hier unten“, meinte Bloemberg
schließlich und holte damit auch Linda wieder in die Realität zurück.
„Ja, äh, ja das ist ganz normal“, sagte sie
verwirrt und versuchte, sich wieder auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Die
Gedanken, die ihr gerade durch den Kopf geschossen waren, gehörten sicher nicht
hier hin, auch wenn sie bei den niedrigen Temperaturen im GWC etwas durchaus
Wärmendes hatten.
Linda errötete leicht, aber Kees ging nicht
darauf ein.
„Hier hat wohl jemand einfach vergessen, die
Heizung anzuschalten?“, vermutete er stattdessen und bot ihr damit einen
Themenwechsel.
Die Wissenschaftlerin lächelte dankbar und
überspielte den peinlichen Moment.
„Tja, sooft wird hier unten nicht
gearbeitet. Da würde sich eine Heizung wohl kaum lohnen. Sehen wir lieber zu,
dass wir hier schnell wieder raus kommen.“ Sie schaute hinauf in das Loch in
der Decke und zeigte gleichzeitig mit dem Finger darauf.
„Da müssen wir
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