Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Tasche war leer. Vermutlich lag der Inhalt, sofern es
ihn gegeben hatte, auf dem Grund des Hafenbeckens.
„Ist sein Handy nicht da?“, flüchtete es über
Linda Farbers Lippen. Diesmal klang Sie jedoch noch aufgeregter als zuvor und
Kees Bloemberg kam nicht darum herum, die Frau, die ihm bisher reichlich
unsympathisch war, erneut irritiert anzusehen. Linda Farber verbarg
irgendetwas. Das hatte vermutlich selbst Ronald Rudjard oder der grimmig
dreinblickende Hafenwächter erkannt. Kees sagte nichts. Stattdessen starrte er
sie weiter fragend an.
„Edgar trug das Handy immer in der linken
Brusttasche seiner Jacke“, ließ sie den Inspektor wissen und klang dabei noch
immer aufgeregt. „Ich habe nie verstanden, wieso er es andauernd dort
hineinzwängte. Es war ein ziemlich altes, klobiges Nokia, das kaum dort
hineinpasste. Sie wissen schon, eines dieser Seniorenhandys - große Tasten,
großes Display. Es war immer eine Prozedur. Ehe er es hervorgekramt hatte,
hatten die meisten Anrufer schon wieder aufgelegt.“
„So, so! Und was können Sie uns noch
erzählen, was Sie uns bisher verschwiegen haben? Er trägt nämlich keins bei
sich, wie Sie richtig bemerkt haben“, fragte Kees kritisch nach und ließ mit
seinem Blick nicht von ihr ab.
Linda Farber zögerte. Die Sache war ihr
sichtlich unangenehm.
„Es ist so,… vermutlich hätte ich Ihnen das
bereits gerade eben sagen sollen, aber ich bin so… so aufgekratzt… ich meine,
er ist… er ist tot…“
Schon wieder konnte sie nicht verhindern, dass
ihr die Tränen in die Augen drangen; sie bemühte sich aber, die Fassung zu
waren.
„Also, es war so… Gegen halb drei muss es
gewesen sein; da klingelte mich mein Handy aus dem Bett. Ich hielt das erst für
einen schlechten Scherz, aber als ich auf das Display sah, bemerkte ich, dass
Edgar anrief. Ich war erstaunt, dass er sich meldete, das tat er sonst immer
nur, wenn es wirklich wichtig war. Und dann um diese Uhrzeit. Ich ging also
ran, aber da war niemand. Ich habe nur Rauschen und Knacken gehört. So, als
wäre die Verbindung gestört. Nach ein paar Sekunden habe ich dann wieder
aufgelegt. Ich habe mir erst nichts dabei gedacht, aber als ich heute Morgen
den Anruf von der Polizei bekam, da…“
„Die Polizei hat Sie nicht angerufen, Frau
Farber“, unterbrach Bloemberg. „Und Sie sind sicher, dass Professor Van Kessner
Sie angerufen hat, um halb drei, heute Morgen?“
„Ja.“ Lindas Stimme klang plötzlich belegt.
Ein paar Fragen noch und sie würde auspacken, da war sich Bloemberg sicher. Er
durfte jetzt nur nicht nachlassen. Diese Frau wusste mehr als sie zu sagen
bereit war und…
„Könnte sein, dass er vor seinem Selbstmord
noch mit jemandem sprechen wollte. Manchmal fühlen sich Selbstmörder noch dazu
genötigt, Sachen auszusprechen, bevor sie sich ein Ende setzen. Ich glaube, so
was hab ich mal im Fernsehen gesehen“, mutmaßte Surveillant Rudjard lapidar.
Kees Bloemberg war kurz von der Rolle und ließ
mit seinem Blick von der Wissenschaftlerin ab. Rudjard stand zwei Meter
entfernt und erntete wegen der unbedachten Äußerung jetzt den Groll des
Kriminalinspektors.
„Wer führt hier die Untersuchungen? Sie oder
ich, Dr. Watson?“
„Äh.. nun… ähm…“, stotterte Rudjard, der sich
seiner Unbedachtheit erst jetzt bewusst wurde.
„Wer führt hier die Untersuchungen?“,
wiederholte Bloemberg die Frage und seine Stimme nahm einen bedrohlichen Ernst
an.
„Äh… ähm…Sie natürlich Sherlock Holm…. Äh,
natürlich Sie… äh… äh… Inspecteur Bloemberg.“
„Gut, dann machen Sie Ihre Arbeit, damit ich
meine machen kann“, wies Bloemberg den Surveillant wütend mit drohendem Finger
in die Schranken.
Rudjard nickte, richtete den Blick beschämt zu
Boden und hob die Aktentasche auf. Kees Bloemberg wollte sich gerade wieder
abwenden, da fiel ihm auf, dass der Surveillant ihn plötzlich wieder mit
ungläubiger Miene anstarrte.
„Äh… Inspektor…äh.“
„Was ist noch, Surveillant?“
„Ich glaube, Sie bluten… äh… ich meine… äh…
Ihre rechte Hand.“
Verwundert schaute Bloemberg nach, was Rudjard
meinte. Und der junge Polizist hatte Recht. Die Hand, mit der er gerade die
Brusttasche von Van Kessners Jacke durchsucht hatte, war überzogen mit
rotbräunlicher Flüssigkeit. Bloemberg war kurz geschockt, fing sich aber
Sekunden später wieder. Sein Ermittlergespür war nun endgültig geweckt.
„Das ist nicht mein Blut“, versicherte er und
wandte sich
Weitere Kostenlose Bücher