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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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beabsichtige, reicher zu werden. Was diese Sache betrifft, gebe ich dir den guten Rat, nicht hier nach Gold zu suchen. Wie ich gehört habe, mußtest du nach dem Verlust der Dschunke Herrn Fung Wu um ein Darlehen bitten.«
    Daß Ying von seinem Kredit wußte, überraschte Lew nicht weiter. Es gab so viele Chinesen im Land, und es war allgemein bekannt, daß sowohl Männer als auch Frauen dieses Volkes den Klatsch heiß und innig liebten.
    »Die Schuld ist beglichen«, fuhr Ying fort, »und wir wollen nicht weiter über diese Angelegenheit sprechen. Kürzlich habe ich einen feinen Herrn, einen gewissen Mr. Mulligan, kennengelernt …«
    Lew lachte. »Erzähl mir nicht, du bist einem süßholzraspelnden Iren auf den Leim gegangen, Ying. Die würden dir glatt die chinesische Mauer verkaufen.«
    »Dieser ist anders. Die verschiedenen Dialekte kann ich ja nicht unterscheiden, aber ich glaube, er ist ein Kolonist, ein Siedler. Dieser Gentleman hat mir erzählt, er wandelt als Entdecker auf den Spuren der Schwarzen, in der Wildnis, wo noch kein Weißer den Fuß hingesetzt hat. Verstehst du?«
    Lew verstand zwar nicht, was Ying andeutete, nickte aber höflich.
    »Mr. Mulligan hat mir mitgeteilt«, fuhr Ying nun flüsternd fort, »daß seiner Überzeugung nach in diesem Staat noch weitaus größere Goldschätze verborgen sein müssen als in Ballarat.« Lew hatte von den Funden in Ballarat gehört; schließlich hatte ihm schon jeder Goldgräber von den größten Nuggets der Welt erzählt, von Goldklumpen, die bis zu zweihundert Pfund wogen. Mochte dies auch übertrieben sein, der ungeheure Reichtum der Schürfstellen bei Ballarat war jedenfalls wahr.
    »Und wo befinden sich diese legendären Goldadern?«
    »Kennst du eine Stadt namens Georgetown.«
    »Nein«, antwortete Lew, und Ying schnalzte angesichts dieses Unwissens mit der Zunge.
    »Wie willst du Erfolg haben, Lew, wenn du nicht alles genau kennenlernst, was dir begegnet?«
    »Ich bin eben kein Gelehrter wie du«, antwortete Lew scherzend.
    »Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Unsere Fähigkeiten ergänzen sich gut«, erklärte Ying mit ernster Miene.
    »Georgetown ist im Zuge eines Goldrauschs vor ein oder zwei Jahren entstanden und heute der nördlichste Außenposten der Zivilisation. Es liegt ein paar hundert Meilen nördlich von Charters Towers. Mr. Mulligan ist mit einem Buschläufer nach Norden gezogen, um die Gegend nach möglichen Goldadern abzusuchen. Und auf ihrer Rückkehr kommen sie durch Georgetown.«
    Lew zündete sich eine Zigarette an. »Wenn sie überhaupt zurückkehren. Und wer sagt, daß sie Gold finden?«
    »Ich sage das«, entgegnete Ying voller Stolz. »Es gibt Dinge jenseits unseres Verstandes, die du als jemand, der in China aufgewachsen ist, eigentlich kennen solltest. Ich habe es gesehen! Ich habe es in seinen Augen gelesen und bereite jetzt die Expedition vor. Sobald Mr. Mulligan in Georgetown eintrifft, benachrichtigt mich ein schneller Bote in Charters Towers, und wir schreiten zur Tat.«
    »Wie soll das vor sich gehen?«
    »Meine erste Expedition zu den Goldfeldern am Cape wurde von Problemen überschattet, auf die ich nicht weiter eingehen möchte. Doch meine neue Expedition zu Mr. Mulligans Fundstellen wird ein Paradebeispiel für exzellente Organisation. Und dann« – er flüsterte wieder, obwohl sie nun Chinesisch sprachen – »sind wir unter den ersten. Es sind die ersten, die die reichste Ernte einbringen.«
    Damit hatte er recht. Die ersten Goldsucher am Cape hatten ihr Glück schnell gemacht, während ihre Nachfolger, von gelegentlichen Zufallstreffern abgesehen, hart arbeiten mußten, um auf ihre Kosten zu kommen. »Wann ist es soweit«, fragte Lew.
    »Geduld, mein Freund, nur Geduld. Du kannst hier in aller Ruhe weiter herumgraben, bis du von mir hörst. Wenn es Zeit ist, gebe ich auf der Stelle meine hiesigen Schürfstellen auf, ziehe die Kulis ab und schlage mich nach Norden durch.«
    »Wie du willst. Wenn mir das Schürfen zum Halse heraushängt, komme ich nach Charters Towers. Und vielen Dank, daß du meine Schulden bei Herrn Fung bezahlt hast.« Lew wußte, es wäre ein Zeichen der Unhöflichkeit, seinem Freund die Summe zu erstatten. Die Schulden waren bezahlt, und damit war die Angelegenheit vom Tisch.
    Er führte Yings Pferd den Pfad entlang und begrüßte den Yuang-Bruder, der sich mit einer Wickeljacke, einem Schwert und einem Gewehr wie ein mongolischer Krieger ausstaffiert hatte. Schon vorher war

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