Sonnenfinsternis: Kriminalroman
zu gehen ! »
Kapitel 34
Unsere Rückreise verlief völlig ereignislos. Kurz vor sieben Uhr morgens brachten wir unseren Mietwagen zurück, checkten ein und passierten ohne Probleme die Sicherheitskontrollen. Riba hatte Wort gehalten. Das Boarding begann pünktlich, und mit lediglich zehn Minuten Verspätung hoben wir um halb neun Richtung Wien ab. Auch in der österreichischen Hauptstadt ging alles glatt . Ein Bus brachte uns vom Flughafen zum Westbahnhof, wo wir sicherheitshalber zwei Tickets nach Bern statt nach Zürich kauften und dann bei Einspänner und Kaiserschmarrn auf unseren Zug warteten. Um Punkt elf Uhr zweiundvierzig verliessen wir Wien schliesslich Richtung Schweiz.
Die Fahrt war so langweilig wie lange. Wir sprachen nicht viel und schliefen abwechslungsweise. Meine Wachzeiten nutzte ich, um meine Notizen über den Fall zu organisieren und auf Vordermann zu bringen. Abends u m zwanzig nach acht, knappe achteinhalb Stunden nach unserer Abfahrt in Wien und eineinhalb Stunden nach dem Umsteigen in Feldkirch, fuhren wir in den Zürcher Haupt bahn hof ein. Home, sweet home!
Ivica machte den Vorschlag, mit ein paar Bier den Staub der Reise aus der Kehle zu spülen, bevor wir nach Hause gingen. Und tatsächlich hätte ich nach den Ereignissen der letzten Tage ein gutes Besäufnis vertragen können. Aber der Gedanke an Fiona hielt mich davon ab. Ich vermisste sie.
Am nächsten Morgen erwachte ich bereits um fünf Uhr. Ich hatte von den Ereignissen in der Ziegelfabrik geträumt. Nur, dass diesmal ich hilflos am Haken hing und von dem plattnasigen Gorilla aus dem Hotel und einem grinsenden Lucović gefoltert wurde. Mitten im Traum war aus der alten Fabrik plötzlich ein Munitionsstollen geworden. Als ich bereits den beissenden Geruch von versengten Scham haaren in der Nase spür te , wachte ich schweissgebadet auf.
Fiona küsste mich wortlos und kuschelte sich an mich, aber ich konnte nicht wieder einschlafen und stand bald darauf auf. Als sie eine Stunde später in die Küche kam, sass ich bei einer Tasse kalten Kaffe e am kleinen Küchentisch und grübelte.
«Guten Morgen, mein Bär», sagte sie verschlafen.
«Morgen», brummte ich kurz angebunden.
Sie liess sich davon nicht beirren und stellte die zeitlose Frage der Frauen: «Woran denkst du?»
«Was ich als N ächstes machen soll.»
«Wie meinst du das?»
«Ich weiss jetzt… nein, ich denke , ich weiss jetzt, was passiert ist. Das Motiv ist immer noch etwas neblig, aber ich habe da eine Vermutung. Die Frage ist jetzt, wie ich es beweisen kann.»
«Irgendwas wird dir sicher einfallen», sagte sie loyal .
«Wollen wir’s hoffen.»
Nach einer Dusche zu zweit, die zu einer erheblichen Verzögerung in meinem geplanten Tagesablauf führte, zog ich mich an und machte mich auf den Weg zum Büro. Dort kam ich nach einem kurzen Boxen stop p beim Bäcker mit einer Papiertüte voller Croissants kurz vor halb acht an. Mina war noch nicht da.
Als Erstes rief ich meinen Zahnarzt an. Die Praxisgehilfin freute sich fast noch mehr als ich, dass sie die Dreiviertelstunde «morgen um neun Uhr dreissig» , die gerade wegen der Absage eines Patienten frei geworden war, wieder füllen konnte.
Als nächstes rief ich Steiner an, nur um zu erfahren, dass er vor Donnerstag keine Zeit für ein Meeting hatte , auch nicht für ein kurzes . Offensichtlich war viel los im Kanton Zürich.
Den Rest des Tages verbrachte ich damit, den Papierkrieg nicht komplett zu verlieren. Ich zahlte die wichtigsten Rechnungen und beantwortete ein paar Emails und zwei Briefe, bevor ich damit begann, mich durch mein Notizbuch und mein Gedächtnis zu kämpfen. Mein Ziel war eine saubere schriftliche Zusammen fassung meines aktuellen Wissensstandes über den Hasanović-Fall, aber ich kam nur schleppend voran .
Gegen Mittag liess sich Mina endlich blicken und erlöste mich temporär, aber nach einer Pizza in unserem Stammlokal bei der Schmiede Wiedikon zwang ich mich unter Aufbietung meiner ganzen Willenskraft, weiter zu arbeiten.
Um Viertel nach vier rief mich Ivica an und liess mich wissen, dass er einen Klienten in den Maghreb begleiten müsse und ein paar Tage weg sein werde . Ich fragte nicht, was für eine Art Klient das war.
Um halb fünf erhielt ich dann selber den Anruf eines potentiellen Klienten. Eine Bank wollte, dass ich eine s ihrer Kadermit glieder observierte , Grund vertraulich . Da der Hasanović-Fall immer noch meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, lehnte ich
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