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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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Lachsbrötchen mit Eiern mitbringen, wenn diese danach einen halben Tag bei praller Sonne auf dem Rücksitz liegen!
    Kurz vor zwölf öffnete sich die Haustür schliesslich erneut. Heraus kam eine hübsche junge Frau mit kurzen , eindeutig gefärbten rot en Haaren und einer dieser eckigen Brillen mit dickem Rand, welche ich automatisch mit Femi nistin nen und Sozialdemokratinnen in Verbindung brachte. Ich schätze sie auf Mitte zwanzig bis Anfang dreissig. Sie trug Jeans und eine zugeknöpfte, bis zu den Knie reichende schwarze Filzjacke mit grossen weissen Knöpfen . Und sie kam direkt auf mich zu. Oha!
    Ich kramte eilig mein Handy hervor und gab vor, ein intensives Gespräch zu führen. Sie war jedoch so in Eile, dass sie meine pantomimische Meister leistung gar nicht bemerkte, sondern schnur stracks an mir vorbeirauschte.
    War das ‹S. Rappolder›? Falls ja, so hatte sie es soeben ganz nach oben auf meine r Liste der Personen geschafft , die Mujo hier möglicherweise besucht hatte . Ich beschloss trotzdem , nochmals eine halbe Stunde zu warten. Falls sie in der Zwischenzeit nicht zurückkam und auch sonst nichts passierte, würde ich als Erstes das alte Paar aufsuchen und den beiden ein paar Fragen stellen.
    Die halbe Stunde verstrich ereignislos, und so startete ich den Motor, parkierte das Auto ausser Sicht um die Ecke und ging dann zu Fuss zurück zum Haus. Dort angekommen, drückte ich den Klingelknopf der Gyurcsánys.
    Eine ganze Weile passierte nichts. Ich klingelte erneut und nach kurzer Zeit, ungeduldig, noch einmal. Schliesslich hörte ich das Fenster über mir aufgehen. Eine heisere männliche Stimme fragte: «Ja?»
    Ich trat einen Schritt zurück, blickte zum Fenster hinauf und sagte: «Guten Tag, mein Name ist Steiner. Kantonspolizei. Ich würde gerne ein paar Minuten ihrer Zeit in Anspruch nehmen.» Ich wusste, dass Steiner diese Woche mit seiner Familie in Österreich in den Ferien war.
    «Kantonspolizei?» Die Stimme nahm einen ehrfürchtigen Klang an. Zumin dest bei den Rentnern waren Polizisten noch Respektspersonen. Dann aber fragte er plötzlich misstrauisch: «Haben Sie einen Ausweis?»
    Ich öffnete meine Brieftasche, klappte meinen Waffentragschein aus, schwenk te diesen nonchalant ein paar Mal hin und her und steckte die Brieftasche dann zackig wieder ein. Das schien zu genügen. Der Kopf verschwand.
    Gleich darauf hörte ich ein Summen und drückte die Tür am Knauf nach innen. Sie ging auf. Oben an der Treppe schaute mir der gleiche komplett kahle, fleischige und stark gerötete Kopf entgegen, den ich vorhin am Fenster gesehen hatte. Der zum Kopf gehörende Körper war massig und steckte trotz der frühnachmittäglichen Stunde noch in einem Morgenmantel.
    Ich stieg die paar Stufen zu ihm hoch und fragte dann: «Herr Gyurcsány?» Den Namen sprach ich phonetisch als ‹Giurtzani› aus. Anscheinend war das falsch.
    Er gab mir die Hand und sagte: «Ja, István Gyurcsány, das bin ich . » Bei ihm klang das wie ‹Ischtwan Djurtschaann›, mit einem noch leicht angedeuteten ‹j› am Ende. Er betrachtete mich von oben nach unten und meinte dann: «Sie sehen gar nicht wie ein Polizist aus. Haben Sie keine Uniform?»
    «Ich bin Zivilfahnder.»
    «Ach so.» Er akzeptierte das ohne ein weiteres Wort, zeigte auf die offene Wohnungstür und bedeutete mir mit einem Nicken, ich solle eintreten.
    Der Flur war mit einer Unzahl an Fotos und allerlei Erinnerungs stücken richtig gehend zugepflastert, und nachdem ich ins Wohnzimmer gelotst worden war, stellte ich fest, dass es dort ebenso aussah. In der Mitte der gegenüber liegen den Wand prangte ein grosses Hirschgeweih über dem ausladenden, braunen Stoff sofa. Daneben stand ein schwarzer Schaukelstuhl. Auf dem Büchergestell aus Kiefern holz an der anderen Wand sah ich eine stattliche Anzahl Bildbände. Auf dem Umschlag des vordersten war ein Mann in weissem Hemd mit weiten Ärmeln, schwar zer Weste, schwarzer Hose und eigentümlichem schwarzem Hut auf einer Holzkutsche abgebildet, vor welche zwei Rappen gespannt waren. Das Buch war mit Szép Magyarország beschriftet. Ich vermutete, dass ich mich wahrscheinlich umbringen würde beim Versuch, das auszusprechen .
    Der alte Mann bemerkte meinen Blick und sagte wehmütig : «Un garn, mein Heimatland.»
    In diesem Moment betrat seine Frau das Zimmer. Es war tatsächlich die gleiche alte Dame, die ich heute Morgen am Briefkasten gesehen hatte. So aus der Nähe betrachtet sah zwar immer noch ein wenig

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