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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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Lokal befand. Er studierte die
Klingelschilder. Der zweite Namen von oben lautete: Paul Burow.
    Ninus haute es fast aus den
Socken. Das durfte doch nicht wahr sein. Er wohnte, wer weiß wie lange schon,
quasi Tür an Tür mit Brunos Sohn und hatte keine Ahnung davon. Hochgehen oder
unten warten? Als sein Blick auf einen freien Tisch im Eiscafé gegenüber fiel,
das sich im Parterre seines Wohnhauses befand, war die Entscheidung gefallen.
Bei einem Espresso und einer Selbstgedrehten zu warten, war wesentlich
angenehmer, als in einem Treppenhaus herumzustehen. Während sich Ninus setzte,
überlegte er, wen er alles in diesen Eingang hatte reingehen oder aus ihm
rauskommen sehen.
    Einer davon musste Carlas Bruder
sein. Ihm fiel niemand ein, den er hätte mit ihr in Verbindung bringen können.
    Als die Bedienung den Espresso vor
ihm abstellte, war Carla schon wieder auf der Straße, ohne ihre Koffer. Eine
sehr kurze Wiedersehensfeier, dachte Ninus, trank in einem Zug den Kaffee aus,
verbrannte sich die Zunge, fluchte, warf ein Zweieurostück auf den Tisch und
folgte Carla, die links abbog und hoch zur Kirchgasse ging.
    Scheinbar ziellos schlenderte sie
die Fußgängerzone entlang, blieb vor dem einen und anderen Geschäft stehen.
Einkaufsbummel, ging es Ninus durch den Kopf und er stöhnte innerlich auf.
Allerdings hatte er jetzt genügend Zeit, Carla genauer zu betrachten. Schlank
war sie, das, was der kurze Rock von ihren Beinen sehen ließ, entzückte nicht
nur Ninus. Ihr Hüftschwung war nicht zu verachten, dezent, in keiner Weise
absichtlich übertrieben. Er ließ die Herzen der Männer, die durch die
Fußgängerzone eilten oder spazieren gingen, höher schlagen. Nur die Herzen?,
fragte sich Hagen. Sollte bei diesem Gedanken etwa ein bisschen Eifersucht
mitspielen? Du hast ein Rad ab, analysierte er sich selbst. Dennoch, diese Frau
dort vorne, die dabei war, eine Boutique zu betreten, hatte es ihm angetan.
    Fast eineinhalb Stunden dauerte
die Wanderung durch Wiesbadens Einkaufsparadies, bevor sie wieder in der
Neugasse ankamen.

     
    Als er sie neben der
Leiche ihres Bruders fand, versuchte Ninus, Carla anzusprechen. Keine Reaktion.
Er berührte sie am Arm. Ohne aufzublicken, stammelte sie: »Das wollte ich doch
nicht, wollte ich nicht, wollte ich nicht …« Sie hörte gar nicht mehr auf. Er
zog sie hoch, was sie willenlos geschehen ließ.
    Hagens Gedanken rasten. Er hatte
Bruno Burow versprochen, auf seine Tochter aufzupassen – und jetzt dies. Seine
Hand zuckte, um nach dem Mobiltelefon zu greifen und die Polizei zu
verständigen.
    Aber war das die Hilfe, die Bruno
von ihm erwartete? Carla der Polizei auszuliefern, ihr stundenlange Verhöre und
Befragungen zuzumuten? Wohl nicht. Allerdings, und daran gab es nichts zu beschönigen,
lag hier ein Toter und alles deutete darauf hin, dass Carla daran nicht
unschuldig war. Vielleicht war es ein Unfall? Das blau unterlaufende Auge Pauls
erzählte eine andere Geschichte.
    Ohne weiter nachzudenken, nahm
Ninus die drei Tüten an sich, das Ergebnis des Einkaufsbummels, fasste Carla
unter und bugsierte sie aus der Wohnung. Im Treppenhaus schaute er sich um.
Hinten rechts war ein Aufzug, den er vorher nicht bemerkt hatte. Er schleifte
Carla dorthin, öffnete die Tür des Fahrstuhls und schob sie hinein.
    Nach kurzer Fahrt hielt der Aufzug
und Ninus trat mit Carla im Arm hinaus. Er staunte nicht schlecht. Vor ihnen
führte eine Rampe für Rollstühle in einen Innenhof, von dem aus man durch eine
Tür direkt auf die Kirchgasse gelangte. Deshalb also hatte er Paul nie zu
Gesicht bekommen.
    In die Kirchgasse wollte Ninus in
keinem Fall. Er blickte sich um und erspähte eine weitere Tür, die scheinbar
zur Neugasse führte. Als er sie öffnete, stand er direkt in der Küche des
asiatischen Schnellimbisses und blickte in drei grinsende chinesische
Gesichter.
    Mit ungelenken Gesten versuchte er
den dreien irgendwie klar zu machen, die Dame in seinem Schlepptau habe etwas
zu tief ins Glas geblickt und müsse nun dringend, auf dem kürzesten Wege, nach
Hause. Das sei nun mal direkt quer durch die Küche und durchs Restaurant.
    Das mit dem zu vielen Alkohol
begriffen sie anscheinend und nickten freundlich, verständnisvoll. Der Rest war
egal. Jedenfalls ließen sie Ninus ungehindert die Küche passieren, wobei er
hoffte, sie würden das Blut an Carlas Händen und an ihrem Jackett nicht sehen.
Als er aus dem Lokal heraus- und auf die Straße trat, blickte er sich um. Er
meinte, ein

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