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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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ihm, starrte ihn an und massierte
ihre rechtes Ohr. Ein peinliches Schweigen entwickelte sich. Carlas Mundwinkel
zuckten leicht, Ninus interpretierte es als den misslungenen Versuch eines
Lächelns.
    »Ich, äh, Sie? Was ist eigentlich
los? Wer sind Sie? Wo bin ich?«, kam es stockend aus ihr heraus.
    »Ich heiße Ninus Hagen und bitte
Sie, sich wieder hinzulegen, bevor Sie umkippen.«
    Zu spät. Carlas Beine gaben nach,
sie sackte zusammen und versuchte sich dabei am Bücherregal festzuhalten. Was
jedoch nicht gelang, da Ninus sich seit drei Jahren vornahm, es endlich an der
Wand festzudübeln. Auch zu spät. Nicht nur Carla ging zu Boden, das Regal
folgte ihr und begrub sie unter reichlich Kriminalliteratur. Von Christie bis
Mankell. Zum Glück nur Taschenbuchausgaben.
    Ninus sprang vor, räumte ein paar
Bücher zur Seite und hob Carla hoch. Die Regalbretter waren nach vorne
gerutscht und hatten Carla nicht getroffen. Eine Blumenvase, etwa acht
ehemalige Senfgläser, denen nach ihrem Ausleeren die Ehre zuteilgeworden war,
mit Rotwein gefüllt zu werden, außerdem hatten noch der eine oder andere
Teller, ein paar Tassen und weitere Kleinigkeiten der Schwerkraft nicht
widerstehen können und lagen nun als trauriger Scherbenhaufen vor, neben und
unter dem Tisch.
    Angesichts des nun ungemütlichen
Zustand des Zimmers blieben nur noch sein Bett oder die Eckbank in der Küche,
um Carla darauf zu betten. Da sie in diesem Moment die Augen wieder aufschlug,
entschied er sich für die Küche. Er führte sie auf wackligen Beinen dorthin und
drückte sie auf die Eckbank. Dabei war der Bademantel verrutscht. Sie hatte
darunter nichts an. Carla stützte ihren Kopf in beide Hände.
    »Ich koche uns jetzt einen Kaffee
und dann laufe ich schnell los, um ein paar Brötchen zu holen«, versuchte
Ninus, ein Gespräch auf neutralem Gebiet in Gang zu setzen. War das ein Nicken?
Er füllte die Kaffeemaschine und kaum hatte er den roten Knopf betätigt, fing
sie sofort an zu blubbern.
    »Kann ich Sie fünf Minuten alleine
lassen?«, versuchte er es nochmals. War dies nun ein Kopfschütteln? Demnach
doch keine Brötchen. Das bedeutete, sie mussten nüchtern bleiben. Ein weiterer
Versuch: »Sie sollten etwas essen. Mit vollem Magen lässt sich besser reden.«
    Was für ein Gesülze, dachte Ninus
und nahm ratlos Carla gegenüber Platz. Er sah sie einfach an und wartete, bis
das Geblubbere in Zischgeräusche übergehen würde. Plötzlich hob sie den Kopf.
Ihre braunen, tief liegenden Augen füllten sich mit Tränen. »Ist Paul wirklich
tot?«
    Ninus erschrak. Damit hatte er
nicht gerechnet. Jetzt war es an ihm, zu nicken.
    »Warum?«
    Ninus hob und senkte die
Schultern. »Können Sie sich nicht mehr erinnern?«, fragte er nach, stand auf,
holte zwei Tassen aus der Spüle, wusch sie mit kaltem Wasser aus und füllte
beide mit Kaffee. »Trinken Sie. Das wird Ihnen gut tun.«
    Sie hob die Tasse und nippte an
dem heißen Getränk. »Ja, tut gut.«
    »Zucker, Milch?«
    »Nein, danke. Schwarz – wie meine
Seele.«
    Oh Gott, Selbsterkenntnis oder nur
ein Spruch?
    »Wer sind Sie?«
    Auf solch öde Wiederholungen waren
eigentlich nur die Fernsehanstalten spezialisiert. »Ich heiße Ninus Hagen. Ich
hatte in dem Haus dort gegenüber etwas zu erledigen. Als ich an der Wohnung
Ihres Bruders vorbeikam, stand die Tür weit offen und da sah ich Sie, wie Sie
sich über ihn beugten.« Man musste nicht immer und sofort die ganze Wahrheit
sagen.
    Der Kaffee schien zu wirken. Carla
bekam etwas Farbe ins Gesicht und ihre Augen wurden klarer. »Und dann?«
    »Habe ich Sie mit zu mir genommen,
das heißt, hier in diese Wohnung. Liegt direkt gegenüber der Wohnung Ihres
Bruders.«
    »Warum?«
    »Das ist jetzt … etwas kompliziert
…«
    Carla hatte an sich
heruntergeschaut und scheinbar erst jetzt bemerkt, dass sie unter dem
Bademantel nichts trug. »Haben Sie mich entkleidet?«
    Sicher sollte die Stimme empört
klingen, allerdings fehlte ihr dazu offensichtlich noch die Energie.
    »Ich? Nein. Ich habe Sie in voller
Montur auf mein Sofa gelegt, Ihnen die Schuhe ausgezogen und Sie mit einer
Decke zugedeckt. Mehr nicht.«
    Sie blickte misstrauisch.
»Sicher?«
    »Sicher.«
    »Und warum habe ich nichts an?«
    »Nur rein theoretisch: Vielleicht
haben Sie sich selbst ausgezogen. Vorhin im Bad.«
    »Das wüsste ich.«
    »Ja, das sollten Sie wissen. Sie
können gerne nachschauen. Ihre Kleider liegen bestimmt noch dort.«
    Carla hatte gar nicht mehr
zugehört. Verwundert

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