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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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gingen weiter.
     
    Die dritte Kuppel, Artemis, war der
›Industriestandort‹.
    Bud zeigte ihr mit väterlichem Stolz eine Umformerbank.
»Sonnenenergie«, sagte er. »Gratis, reichlich
und durch keine Wolke am Himmel getrübt.«
    »Ich glaube, die Kehrseite sind zwei Wochen Dunkelheit
pro Monat.«
    »Sicher. Im Moment sind wir noch auf Akkumulatoren
angewiesen. Aber wir streben die Errichtung großer
Sonnenenergie-Farmen an den Polen an, wo für den
größten Teil des Monats die Sonne scheint; dann werden
wir nur noch einen Bruchteil unserer derzeitigen
Speicherkapazität benötigen.«
    Er führte sie in einem Werk mit
Verarbeitungsausrüstung herum. Die Anlage wirkte primitiv,
schien aber Hightech-Leichtbau zu sein. »Rohstoffe vom
Mond«, sagte er. »Wir gewinnen Sauerstoff aus
Ilmenit, einem Mineral, das man in Mare-Basalt findet. Man
baggert es einfach aus, zerstampft und erhitzt es. Wir lernen
gerade, auch Glas aus diesem Material herzustellen. Darüber
hinaus sind wir fähig, Aluminium aus Plagioklase zu
gewinnen, einer Art Feldspat, den man im Hochland
findet.«
    Er skizzierte zukünftige Pläne. Das Werk, das sie
hier sah, war eigentlich eine Pilotanlage, in der industrielle
Techniken unter Mondbedingungen etabliert werden sollten. Bei den
Fertigungsstätten würde es sich dann um riesige
Robot-Fabriken im harten Vakuum der Oberfläche handeln.
Aluminium war der große Traum: Die Schleuder, die
große elektromagnetische Startschiene, die mit Sonnenlicht
betrieben werden sollte, wurde fast ausschließlich aus
Mondaluminium gefertigt.
    Bud träumte von dem Tag, wenn je nach Einsatzzweck
verarbeitete Mondressourcen zu Bauprojekten im Erdorbit oder
sogar zur Heimatwelt selbst katapultiert würden. »Ich
hege die Hoffnung, dass der Mond demnächst sein Gewicht als
Wirtschaftsstandort in die Waagschale wirft und Teil eines
vereinigten, prosperierenden Erde-Mond-Wirtschafts-Systems
wird.
    Gleichzeitig werden wir natürlich lernen, jenseits der
Erde vom Land zu leben – Lektionen, die wir dann auch auf
dem Mars und den Asteroiden anwenden können. Zum Teufel, wo auch immer wir leben wollen.
    Doch bis dahin haben wir noch einen weiten Weg zu gehen. Die
Bedingungen sind hier einfach anders – das Vakuum,
der Staub, die starke Strahlung, die niedrige Schwerkraft, die
Konvektionsprozesse zum Glücksspiel macht und so weiter. Wir
müssen jahrhundertealte Techniken neu erfinden.« Dabei
klang Bud aber so, als ob er die Herausforderung genösse.
Siobhan sah Mondschmutz unter seinen Fingernägeln; das war
ein Macher mit dem Motto ›Es gibt viel zu tun. Packen
wir’s an‹.
    Er ging mit ihr nach Hekate zurück, der Wohnkuppel.
    »Von den mehr als zweihundert Menschen auf dem
Mond«, sagte Bud, »sind ungefähr zehn Prozent
Unterstützungspersonal, einschließlich Leuten wie
Ihnen. Der Rest sind Techniker, Technologen und Biologen, mit
vierzig Prozent der reinen Wissenschaft gewidmet –
einschließlich Ihrer Freunde am Südpol. Ach, und noch
ungefähr ein Dutzend Kinder. Wir sind multidisziplinär,
multinational, multiethnisch und überhaupt in jeder Hinsicht
›Multi‹.
    Natürlich ist der Mond immer schon kulturell komplex
gewesen, sogar bevor Menschen hierher kamen. Christopher Clavius
war ein Zeitgenosse von Galilei, aber er war auch ein Jesuit. Er
glaubte, dass der Mond eine glatte Sphäre wäre. Es
entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass einer der
größten Krater des Mondes nach ihm benannt wurde! In
meiner Tradition sind wir die Wächter des Halbmonds, wie wir
sagen. Das Leben auf dem Mond ist kein Problem für mich
– Mekka ist leicht zu finden –, aber der Ramadan
orientiert sich an den Mondphasen, und das ist schon etwas
schwieriger…«
    Siobhan stutzte. »Einen Moment. Ihre
Tradition?«
    Er lächelte; diese Reaktion war er offensichtlich
gewohnt. »Der Islam hat inzwischen auch Iowa erreicht,
müssen Sie wissen.«
    Mit Mitte dreißig, als Bud Tooke noch aktiver Soldat
gewesen war, hatte er sich als Angehöriger einer der ersten
Rettungstrupps in die Ruinen des Felsendoms vorgewagt, nachdem
Mitglieder einer extremen religiösen Gruppierung mit Namen
›Nur ein Gott‹ eine Nukleargranate in dieses
Weltkulturerbe gefeuert hatten. »Diese Erfahrung
öffnete mich für den Islam – und setzte meinen
Körper einem harten Regen aus. Danach änderte sich
alles für mich.«
    Nach dem Felsendom, sagte Bud ihr, hätte er sich einer

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