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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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und Energie gegen null sank und jeder halbwegs verwendungsfähige Mann aufs Schlachtfeld beordert wurde. Trotzdem waren die Kriegs- und Eroberungsziele, die die deutsche Propaganda 1917 anpeilte, maßloser als je zuvor, von Belgisch-Kongo bis zum Baltikum.
    Als für die kleine Familie das erste Weihnachtsfest kam, zeigte sich Lina Scholls Schwester Elise großzügig und spendete von ihrer Aussteuer. »Elise hat mir geschrieben, ich soll Euch von ihrem Weißzeug schicken«, schrieb Sophie Müller aus Künzelsau an Tochter und Schwiegersohn in Ingersheim, »für heute schicke ich 4 Leintücher. … Nun wünschen wir Euch recht gesegnete Weihnachten. Seid recht herzlich gegrüßt von Euren dankbaren Eltern.« Und die stolze Großmutter fügte hinzu: »Kuss der lieben Inge.«
    Dreizehn Monate später war wieder große Freude bei Eltern und Großeltern. Am 22. September 1918 wurde in der Wohnung ein Sohn geboren und am 31. Oktober in der Matthäuskirche von Ingersheim auf den Namen Fritz Hans getauft. Hans wurde sein Rufname. Die Gemeinde begrüßte den ersten Sohn des Schultheißen mit Böllerschüssen. Großmutter Müller trennte sich in den folgenden Monaten ebenfalls von einigen Wäsche-Stücken, wie ein Brief an Lina Scholl zeigt: »Du bekommst von mir die weißen Bettjacken – für mich sind die farbigen gut genug, zum Kranksein und zum Sterben braucht man nicht gerade weiße Bettjacken.« Sophie Müller hatte sich mit fünfundsechzig Jahren ihren pragmatischen Blick auf das Leben bewahrt.
    Im Frühjahr 1918 hatte General Erich Ludendorff gegen alle militärische und diplomatische Vernunft durchgesetzt, dass die deutschen Truppen auf breiter Front im Norden Frankreichs eine militärische Offensive starteten. Es war die letzte deutsche »Karte« in diesem Krieg. Was geschieht, wenn die Offensive nicht den Durchbruch bringt, wurde Ludendorff von einem Politiker gefragt. Seine Antwort: Dann muss Deutschland eben zugrunde gehen. Die »letzte Karte« stach nicht. Am 8. August 1918 brach die deutsche Front unter dem vereinten Ansturm der Alliierten total zusammen. Aber erst Ende September, als die Situation endgültig aussichtslos und kostbare Zeit verloren war, machte sich General Ludendorff davon und schob alle Verantwortung der zivilen Regierung zu, die von den Militärs so lange mit allen Mitteln desavouiert und getäuscht worden war. Es gab keine Alternative mehr: Deutschland bat die Alliierten um einen Waffenstillstand.
    Am 22. Oktober streikten in Friedrichshafen am Bodensee rund dreihundert Arbeiter der Motorenfabrik Maybach, um ihrer Forderung nach »Brot und Frieden« Nachdruck zu verleihen. Aber sie riefen auf ihrem Protestzug durch die Straßen auch »Der Kaiser ist ein Lump!« und »Hoch die deutsche Republik!«. In Kiel meuterten die Matrosen; in Wilhelmshaven übernahm ein Matrosenrat die Macht über die Stadt, den größten Stützpunkt der deutschen Flotte. Zwischen Nordsee und Alpen verschwanden Könige und Fürsten über Nacht von ihren Thronen. Kolonnen von Arbeitern, Matrosen, städtischen Bediensteten und Soldaten marschierten durch die Straßen, besetzten Rathäuser und Polizeistationen; überall im Land bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte als Zentren der Selbstverwaltung. Täglich versammelten sich größere Massen in den Straßen und auf den Plätzen, um ihrer Wut auf die Regierenden und dem Verlangen nach sofortigem Ende des Krieges Ausdruck zu geben. Die Verhandlungen um einen Waffenstillstand zogen sich hin. Nur der Kaiser in Berlin hatte – wie so oft – nichts begriffen und schwadronierte noch in der ersten Novemberwoche davon, unter seiner Führung werde sich das Blatt wenden.
    Am Vormittag des 9. November 1918 trat der SPD-Abgeordnete Philipp Scheidemann auf den Balkon des Berliner Reichstags. Eine unübersehbare Menschenmenge hatte sich versammelt, wollte endlich wissen, wie es weiterging, und verlangte Rechenschaft von den Verantwortlichen. Es fehlte nur ein Funke, und die ungeheure Spannung würde sich in Straßenkampf und Bürgerkrieg entladen. Bevor die staatliche Ordnung in der Metropole ganz aus den Fugen geriet, schuf Scheidemann auf eigene Verantwortung Fakten: »Der Kaiser hat abgedankt«, rief er der Menge zu, tosender Jubel. »Es lebe das Neue! Es lebe die Deutsche Republik.«
    Schon am Morgen hatte Prinz Max von Baden, Reichskanzler von Kaisers Gnaden, mit seiner Regierung abgedankt und die Regierungsgewalt dem SPD-Politiker Friedrich Ebert, als dem neuen Reichskanzler,

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