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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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nicht, man muss abwarten. Mit Humor kommt uns alles viel leichter vor.« Kein weiteres klärendes Wort, was ihr und der Freundin Annelies Kammerer vorgeworfen wird; auch nicht in den folgenden Briefen.
    Sophie Scholl kennt die Diskriminierungen, unter denen die Juden in Ulm – wie überall – seit Jahren zu leiden haben. Sie selbst hat voller Unverständnis darauf reagiert, dass ihre jüdische Schulkameradin Luise Nathan, blond und blauäugig, nicht zu den Jungmädeln darf – im Gegensatz zu Sophie, die mit dunklem Haar und dunklen Augen überhaupt kein »germanischer Typ« ist. Es geht ihr nicht in den Kopf, dass der Dichter Heinrich Heine verfemt sein soll. Ihre Eltern haben gute Kontakte zu den drei jüdischen Familien, die im November 1938 noch im Haus in der Olgastraße leben. Robert Scholl berät jüdische Kunden in Steuersachen. Wie kann Sophie Scholl nach den Brutalitäten der vergangenen Nacht, die sie entsetzen, ihrer Freundin raten, weiterhin »eifrig in Dienst« zu gehen?
    Es gibt in jeder Biografie Fragen, wo weiteres Insistieren oder ausschweifende Überlegungen der Klärung um keinen Deut näher kommen, so sehr man darauf hofft. Man muss die Widersprüche stehenlassen, so unbefriedigend es ist, und so sehr wir uns Aufklärung wünschen.

ERNSTES STREBEN UND LEBENSFREUDE

März bis 1. September 1939
    Das Leben ist schön in diesem Frühjahr 1939, denn die Gefühle, zu denen sich Sophie Scholl und Fritz Hartnagel nach langem Zweifeln und Schweigen bekannt haben, sind tragfähig. »Dass hilft mir ja am allermeisten, dass Du mich lieb hast«, hatte Sophie Scholl geschrieben. Und Fritz Hartnagel: »Ich wüsste nicht, wie die Woche vergehen würde, wenn ich nicht die Freude auf einen Sonntag hätte, den wir gemeinsam verbringen.« Ausdrücklich ermuntert er sie am 22. Februar, »nicht aus Rücksichtnahme, oder sonstigen Hemmungen irgendwas zu verschweigen, was Du eigentlich sagen solltest«. Nicht ohne ihr noch einmal sein Inneres zu öffnen: »Du weißt gar nicht, was Du mir gibst, ganz unbewusst vielleicht, aber das ist gerade das Schöne dabei. Du bist echt und unverkünstelt, wie ein junges Pferd, das noch in keine Kandare gezwängt wurde. Und dafür danke ich Dir.«
    Fritz Hartnagel versucht, sich fast jedes Wochenende vom Dienst in der Kaserne oder entfernten Fortbildungen loszumachen und nach Ulm zu fahren. Bei den eigenen Eltern ist er ein seltener Gast. »Weißt Du, dieses Milieu bei Euch wirkt einfach erwärmend«, schreibt er am 27. März, in der Hoffnung, am nächsten Sonntag wieder in Ulm zu sein. »Dann kann ich mich auch gleich mündlich bei Deiner Mutter für den guten Kuchen bedanken. Er schmeckt ganz ausgezeichnet.« Um diese Zeit schnallt sich Sophie nach der Schule die Skier an, da rings um Ulm noch Schnee liegt: »Vor den Ulmer Hügeln habe ich nun keine Angst mehr.« Ach ja, die Schule, da gibt es nichts Neues. Am 3. April beginnen die Osterferien, und das Zeugnis sagt wieder einmal das Gleiche: im Unterricht wenig Teilnahme, die Leistungen ungleichmäßig, es fehlt an Pflichtbewusstsein. Aber natürlich reicht es problemlos für die Versetzung in die letzte Klasse vor dem Abitur. Am nächsten Tag fährt Sophie Scholl mit ihrer älteren Schwester Liesl und auf deren Einladung nach Schindelberg im Allgäu. Liesl Scholl hat die Abschlussprüfung als Kindergärtnerin bestanden und dafür von den Eltern als Belohnung fünfzig Reichsmark bekommen. Ihr Ziel: »Skifahren, lesen, nach dem Mittagessen aufs Ohr.«
    Leider schmilzt erst einmal der Schnee, weil es wärmer wird. Die Ältere versucht, die Jüngere bei Laune zu halten. Sophie Scholl hat Notizen gemacht: »Am 3. Tag weckt mich Lisl mit falschen und lauten Flötentönen. Ich hätte so gern noch geschlafen.« Dann geht es statt in den Schnee auf eine grüne Wiese: »Wir entblößen uns, soweit es der Anstand erlaubt.« Während die zwei Schwestern die Sonne genießen, werden ihnen die fünfzig Mark gestohlen. Sophie Scholl weiß Rat, ohne die Eltern informieren zu müssen: Einen Tag später ist Fritz Hartnagel in Schindelberg, den Sophie brieflich um eine finanzielle Leihgabe gebeten hatte. Da der Winter zurückkommt, bleibt Fritz drei Tage.
    Am Tag fahren sie zusammen Ski, liegen auf schneefreien Bergmatten in der Sonne oder rutschen »auf dem Hintern« die Bergabhänge hinunter und schämen sich anschließend, durchs Dorf zu gehen, da sie einen erkennbar nassen »Hosenboden« haben. Am Abend diskutieren sie, aber nicht nur. In der

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