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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Reden das Vertrauen in seine Politik aufrecht zu erhalten. Im Februar 1941 und wiederum im März signalisierte er einen baldigen Sieg über England, was die Menschen, ihren Sehnsüchten entsprechend, als baldigen Frieden deuteten. Hitler hatte keine Skrupel, Friedenshoffnungen zu wecken, während die Militärmaschine auf einen neuen Krieg vorbereitet wurde.
    Worüber der Führer des Deutschen Reiches die Öffentlichkeit im Ungewissen hielt: Die »Schlacht um England« war Ende September 1940 erfolglos abgebrochen worden. Die deutschen Luftangriffe, im August begonnen, Anfang September auf London konzentriert, hatten die Briten unter Führung ihres Premierministers Churchill nicht mürbe gemacht. Sie waren zum Widerstand um jeden Preis entschlossen. Jetzt suchte Hitler auf anderem Wege die Entscheidung. Am 18. Dezember 1940 erging die Weisung Nr. 21 an die Wehrmacht, alles vorzubereiten, um Russland in einem schnellen Feldzug zu besiegen. Sei erst der Feind im Osten vernichtet, werde England aufgeben. Hitlers Ausführungen vor hohen Militärs am 8./9. Januar 1941 auf dem Berghof waren der Auftakt zu einer erneuten ideologischen Instrumentalisierung und die Rechtfertigung eines Überfalls auf die Sowjetunion, mit der man seit dem Sommer 1939 verbündet war. Dass dies nur als taktisches Manöver gedient hatte, um Polen in Ruhe zu erobern, legte Hitler nun offen, und ebenso freimütig erklärte er den kommenden Krieg gegen die Sowjetunion zu einem »Vernichtungskrieg«. Der Kampf gegen den »jüdischen Bolschewismus« müsse mit unerbittlicher Härte geführt werden. Es ging um Rassenkampf und Lebensraum. Die Gesetze »soldatischer Kameradschaft«, wie sie gegen den Feind im Westen noch gegolten hätten, seien im Osten aufgehoben.
    Alle diese Vorbereitungen blieben im Dunkeln, zumal Joseph Goebbels, Herr über die Propagandamaschine, beschlossen hatte, die Stimmung in der Bevölkerung nicht mit psychologischen Vorbereitungen auf neue Kämpfe zu verunsichern. Die Deutschen sollten vorerst bei Frühlingslaune gehalten werden. Was unverblümt mit allen demagogischen Mitteln weiterging, war der Versuch, die Ausgrenzung und Verachtung der jüdischen Minderheit unumkehrbar zu machen. Ab Januar 1941 lief in Ulm der Film »Jud Süß«. Das »Ulmer Tagblatt« schrieb, dass über die biografische Komponente hinaus der Film die Juden als jene »Rasse deute, die in ihrer Gier nach Geld und Macht, nach Zersetzung und Herrschsucht nur einen Weg kennt, den des Verbrechens«. In den besetzten Ländern scheute man sich nicht, in der Öffentlichkeit mit Gewalt vorzugehen – gegen die Juden und ihre Sympathisanten.
    Am 28. Februar 1941 erfuhr Sophie Scholl von Fritz Hartnagel, was er bei einer Dienstfahrt nach Amsterdam erlebt hatte: »In Amsterdam war gerade Belagerungszustand, da die Zivilbevölkerung gegen die Judenverhaftungen, die in den letzten Tagen vorgenommen wurden, demonstrierte. Die Straßenbahnen und ein Großteil der Geschäfte streikte. Die SS ging mit Waffengewalt gegen die Menschenansammlungen vor, wobei es 20 Tote gegeben haben soll. Die Bevölkerung ist natürlich äußerst erbittert.« Eine Woche später kommentierte Sophie Scholl den Vorfall: »Übrigens, dass man überall (wie in Amsterdam) radikal vorgeht, finde ich nur gut. Es verwirrt die Erkenntnis der ganzen Sache weniger, als wenn man hier etwas gutes, dort was schlechtes findet, und nicht weiß, welches nun das wahre ist.« Sie blieb ihrem radikalen Ansatz treu, aus dem heraus sie schon die kampflose Übergabe von Paris durch die Franzosen im Juni 1940 kritisiert hatte: Man muss handeln und Taten provozieren, die das Böse der nationalsozialistischen Herrschaft sichtbar machen – egal, ob es sich um Kunstwerke handelt, die zerstört werden, oder um Menschen, die ihr Leben lassen. Nur wenn Klarheit besteht, kann man hoffen, dass Menschen sich gegen die Verbrechen auflehnen oder zumindest beginnen, sich Gedanken zu machen. Es geht nicht um den Nutzen, sondern um den Sinn einer Tat. Um so erstaunlicher ist, dass auch Sophie Scholl ihr Handeln in einem zentralen politischen Punkt nicht hinterfragte, sondern – wie alle Deutschen in der Heimat – hemmungslos vom Eroberungskrieg im Zeichen des Hakenkreuzes profitierte.
    Einer der ersten Briefe Fritz Hartnagels, nachdem er mit seiner Einheit am Überfall auf die Niederlande beteiligt war, endete mit einem Thema, das untrennbar mit seinem Soldatenleben in den besetzten Ländern verbunden ist: »Ich habe die 2 Paar

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