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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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wohlzufühlen, gehört nicht zu Sophie Scholls Programm. Der abendlichen kalten Dusche wird eine zweite am Morgen hinzugefügt. Das Wochenende am 7./8. Juni darf sie heimfahren. »So habe ich mich noch nie auf zu Hause gefreut. Vor allem auf Inge«, schreibt sie der Freundin.
    Die älteste Schwester. Der Arbeitsdienst bedeutete die zweite längere Trennung für die Schwestern, nach dem halbjährigen Aufenthalt von Inge Scholl 1937 in Norddeutschland. Nur vier Tage nach der Ankunft im Lager macht sich die bald zwanzigjährige Sophie Scholl im Tagebuch Gedanken, wie unterschiedlich sie beide auf Dinge und Menschen reagieren: »Seltsam – sobald ich von Inge entfernt bin, habe ich einen viel innigeren Kontakt mit ihr. Da ist sie mir richtig Schwester – noch mehr Freundin. Ich freue mich schon sehr auf ihre Briefe.« Mit Lisa Remppis kommt sie sich viel näher, wenn sie zusammen sind. Das liege wohl daran, dass sie »mit manchmal hässlich nüchternen Augen« sehe. Die Schwester Inge dagegen »sieht alles kindlich, manchmal schwärmerisch und viel zu sehr mit ihrer ganzen Seele.« Sie reagiere »mit einem Aufwand an Gefühlen auf alles«. Dafür habe sie aber auch kein so »ekelhaftes Teufelchen« wie Sophie, das die Wirkung auf andere beobachte. Sie könne sich dieses »Teufelchen« nur schwer abgewöhnen, fügt Sophie Scholl selbstkritisch hinzu: »Dieser Zwiespalt oder besser diese Zwiespältigkeit verdirbt mir viel und macht mich schlecht, gemein.«
    Fast in jedem Brief, den Inge Scholl nach Krauchenwies schicken wird, weist sie Sophie auf Stellen im Augustinus-Buch hin, zum Beispiel am 2. Mai: »Lies doch einmal Seite 194/195 Nr. 123, 124, 125. Das hat mir sehr eingeleuchtet.« Dann wird Inge Scholl persönlich und nutzt den Kirchenvater, um sich selbst zu zeigen und damit indirekt der verschwiegenen Schwester Mut zu machen: »Wenn ich abends versuche zu beten, dann ist es mir, als zerfalle ich in tausend Splitterchen. (Es ist ja auch seltsam, an Gott zu beten, zu dem einem der unumstößliche Glaube fehlt. Ich tue es aber trotzdem, vielmehr ich versuche es.)« Es klingt, als ahne Inge Scholl, dass Sophie Scholl in ähnlicher Situation ist und begierig auf positive Erfahrungen: »Wenn ich aber in meinem Gebet dann an Euch denke, eben an meine mir nächsten und liebsten Menschen in der Ferne, und für Euch zu beten versuche, dann ist es, als gehe ein Bündel von feinen Strahlen zu Euch hin und ziehe Euch für einen kurzen Augenblick zu mir, mitten ins Herz.« Ist das eine tröstliche Einladung, auch beim Beten durchzuhalten? Sophie Scholl jedenfalls scheint von solchen Briefen berührt zu sein, sie nicht unter dem Kriterium »schwärmerisch« abzulegen. Wie sonst ist die ausdrückliche Vorfreude auf die Schwester zu verstehen und dass sie nach dem Besuch an Hans Scholl schreibt, sie habe in Ulm »eine gute Stärkung meiner selbst« erfahren.
    Doch die Stärkung durch Gespräche muss jetzt, wo die Geschwister erstmals alle getrennt und für sich alleine durchs Leben gehen, den größten Teil der Zeit durch Briefe ersetzt werden. Das ist eine Herausforderung, die alle Scholls freudig meistern, seit jeher von Sprache und Literatur, von der Kraft präzise formulierter Gedanken wie poetischer Schilderungen angetan und darin geübt. Die Geschwister korrespondieren alle miteinander – Sophie und Inge, Sophie und Hans, Sophie und Werner, Sophie und Liesl, aber ebenso Inge und Hans, Inge und Werner, Werner und Hans, Hans und Liesl … Ernst Reden nicht zu vergessen, der mit Inge und Otl korrespondiert. Auch Otl Aicher und Sophie Scholl wechseln Briefe. Der Briefwechsel zwischen Sophie Scholl und Fritz Hartnagel geht ebenso weiter. Selbstverständlich korrespondieren die Eltern – genauer: die Mutter – mit allen Kindern. Werner Scholl, der Jüngste, ist der Schweigsamste von allen. Im Juli 1941 schreibt ihm Lina Scholl, sie habe nicht einmal Zeit zum Backen, aber Briefe schreiben werde sie trotzdem, »denn Du musst mit uns verbunden bleiben, deshalb kann es auch vorkommen, dass ich Dir manches 2 mal erzähle. Das musst Du mir zugute halten. … Auch möchten wir öfter etwas von Dir hören, es ist mir die wertvollste Post, wenn von Dir etwas dabei ist.« Der Grund für die eher seltenen Briefe des Achtzehnjährigen: dass ihm Drill und Stumpfsinn des Arbeitsdienstes noch mehr zusetzen als Sophie.
    Sich gegenseitig Mut machen, die Ideale ansprechen, denen sie treu bleiben wollen, und sich Lektüre zu empfehlen, sind die

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