Soul Screamers: Todd (German Edition)
entlang der Wirbelsäule aufgeschnitten und am Kragen mit Sicherheitsnadeln befestigt worden. Da es im Hosenbund steckte und ich die kühle Luft sowieso nicht spüren konnte, war mir gar nicht aufgefallen, dass in meinen Klamotten ein Riesenloch klaffte.
„Bestattungsunternehmer machen das manchmal, damit sie die Leiche besser ankleiden können. Normalerweise ist das egal – die meisten Leichen stehen nach der Beerdigung nicht auf und laufen halbnackt herum.“
Beerdigung. Leichen. Bestatter.
Der Reaper fand das offenbar lustig, aber mir gefror fast das Blut in den Adern. „Wenn ich das Hemd aufknöpfe, sehe ich dann aus wie Frankenstein?“, fragte ich mit zitternder Stimme.
Es ist wirklich real. Ich bin tot.
Mitten auf dem Parkplatz fiel ich auf die Knie und schlug zitternd die Hände vors Gesicht. Ich hatte auf einem Seziertisch gelegen, in einem Sarg und in einem Leichenwagen. Meine Schritte erzeugten keinerlei Geräusch, und ich warf keinen Schatten.
Ich war gestorben, und die Welt drehte sich weiter, ohne diese Tatsache auch nur mit einem kleinen Ruckeln zu quittieren. Natürlich hatte ich geahnt, dass das Leben auch ohne mich weiterging. Allerdings war es etwas völlig anderes, es tatsächlich zu erleben – und zu fühlen. Das war eigentlich das Schlimmste.
Sollte ich den Job ablehnen und endgültig sterben, würde nie jemand erfahren, dass mir ein Tag geschenkt und die Möglichkeit geboten worden war, etwas aus meinem neuen Leben zu machen. Niemand würde es je erfahren, und niemand interessierte sich dafür. Selbst wenn ich auf der Stelle wie am Spieß losgeschrien hätte, bis mir die Lungen platzten, hätte mich keiner gehört. Scheiße noch mal, möglicherweise besaß ich gar keine Lungen mehr, die ich zum Platzen bringen konnte. Ich wusste schließlich nicht, was sie mir bei der Autopsie alles entnommen hatten …
„Was denn, kein dummer Spruch über das Sezieren oder Formaldehyd?“ Levi zog skeptisch die Augenbrauen nach oben.
Ich stand schwankend auf und rieb mir die Augen. Gott sei Dank konnte ich wenigstens meine Haut spüren, wenn ich schon keine Verbindung mit dem Rest der Welt aufnehmen konnte. „Sorry, aber die Sache mit der wandelnden Leiche hat mich irgendwie aus dem Konzept gebracht.“ Trotzdem wollte ich es wissen … „Wie ist das, bin ich eher ein Zombie oder ein Vampir? Bitte sag es mir: Werden meine Körperteile verwesen und abfallen, oder bleibe ich für immer jung und perfekt?“
Wieder erntete ich einen zufriedenen Blick von Levi, bei dem ich mir wie ein Hund vorkam, der ein kleines Kunststück vorgeführt hatte. In meinem Fall war das wohl die Weigerung, an dem Schock über den eigenen Tod zu zerbrechen. „Entspann dich. Sie haben keine Autopsie an dir vorgenommen. Dank meiner geistesgegenwärtigen Reaktion gab es eine eindeutige Todesursache, und der Gerichtsmediziner gehört unserem Reanimationsteam an. Statt dich aufzuschneiden, hat er sichergestellt, dass du vollkommen intakt und funktionsfähig zurückkehren kannst. Wenn du den Job annimmst, siehst du für immer so aus.“ Er deutete auf meinen Körper, ehe er den Blick gen Himmel richtete. „Bevor es die chemische Konservierung gab, mussten wir nie zu solchen Tricks greifen. Damals war alles viel unkomplizierter …“
„Waren die Neulinge auch unkomplizierter?“, fragte ich, als er sich endlich vom Anblick des Sternenhimmels losriss. „Denn ich verstehe immer noch nicht, wie ich diesen Freifahrschein zurück aus dem Jenseits verdient habe. Du weißt schon, das Fehlen von Flügeln und so …“
„Wir brauchen keine Engel.“ Ohne auf mich zu warten, stiefelte Levi los. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm hinterherzurennen. „Genauso wenig wie Heilige oder Wohltäter. Ein Heiliger würde jeden retten, der sterben muss, und ein bedrohliches Ungleichgewicht zwischen Leben und Tod hervorrufen. Wir brauchen jemanden, der das Richtige tut, selbst wenn er dafür ein Leben beenden muss. Worauf es bei uns meistens hinausläuft.“
Hieß das etwa … War ich etwa angeheuert worden, weil ich kein Menschenfreund war? Was sollte ich davon bloß halten? „Warum ist Nash nicht infrage gekommen?“
„Weil wir keine Gelegenheit mehr hatten, ihn auf die Probe zu stellen.“
„Mich doch auch nicht.“
Levi setzte sich ganz am Ende des Parkplatzes auf die Stoßstange eines Autos. „Du bist getestet worden, und du hast bestanden.“
„Weil ich Nash abgeholt habe, anstatt ihn an einer Alkoholvergiftung
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