Speichelfaeden in der Buttermilch
Fernsehen kaputtmachen.
Als wir noch nicht von Funk und Fernsehen
kaputtgemacht geworden sind,
arbeiteten wir als Sterbebegleiter bei einer privaten russischen Fluggesellschaft. Es war der einzige Job, den wir damals bekamen. Eine Herausforderung, waren wir beide psychologisch doch völlig ungeschult. Unsere Aufgabe bestand darin, im Falle eines Absturzes an Bord die Passagiere beim Sterben zu begleiten. Ihnen die letzten Sekunden so angenehm und amüsant wie möglich zu gestalten. Wir hatten für diesen Fall ein Programm mit führenden russischen Kabarettisten erarbeitet. Es war eher ein Programm zum Schmunzeln, wir zielten nicht auf die schnellen Pointen ab, wir wollten, dass den Leuten ihr Lachen im Halse stecken bleibt.
Wir wurden ausschließlich in uralten, schlecht bis gar nicht gewarteten Maschinen eingesetzt, mit unerfahrenen Piloten und potthässlichen Stewardessen. Aber es war die billigste Airline des Landes und darum immer knackevoll, wie der Pilot. Wir trugen graue Uniformen mit schwarzen Armbinden, saßen in der ersten Reihe und verhielten uns unauffällig. Immer bereit für unsere launige Sterbebegleitung, aber leider kamen wir nie zum Einsatz. Nie stürzte eine Maschine ab, und deshalb bekamen wir auch keine Gage. Im Vertrag stand großgedruckt: Geld nur nach getaner Arbeit, aber wir wollten ja besonders schlau sein und hatten nur das Kleingedruckte gelesen. Wir kündigten und flogen in den Westen mit einer billigen bulgarischen Fluglinie. Kurz vor Warschau stürzten wir ab, die beiden bulgarischen Sterbebegleiter boten eine mitreißende Vorstellung mit vielen Pointen und brilliant choreographierten Slapstick Einlagen. Leider kamen unsere Kollegen bei dem Absturz ums Leben, weil sie nicht angeschnallt waren. Alle anderen Passagiere überlebten nicht nur, sondern fühlten sich nach dem Absturz sogar wohler als vorher. Bei einer 76jährigen verschwand das Rheuma, und ein 84jähriger Rollstuhlfahrer konnte nach dem Flugzeugabsturz wieder gehen. In Polen wollten wir unsere Großmutter besuchen, wir klingelten an ihrer Tür, sie machte aber nicht auf. Da fiel uns ein, dass wir sie ja vor zwei Jahren für einen Witz verkauft hatten. Wir weinten, aber nicht um unsere Großmutter, sondern weil uns der Witz einfiel, für den wir sie verkauft hatten. Er war so witzig, dass uns die Tränen runterliefen. Lachen und Weinen, wie nah liegt das beisammen! Unsere verschacherte Großmutter brachte uns auf eine großartige Geschäftsidee. Damals fanden an jeder Ecke in Polen illegale Hundekämpfe statt, wo man auf die einzelnen Köter wetten konnte. Durch die Inflation dieser Kämpfe aber ließ das Interesse langsam nach. Etwas Neues musste her, in der illegalen Wettszene. Das Zauberwort war: illegaler Großmutterkampf.
Wir trainierten alte Frauen und ließen sie dann aufeinander los. Es war ein Bombenerfolg in ganz Osteuropa, mit den Kampfomas verdienten wir enorm viel Kohle. Alles lief großartig, bis eines Tages bei einem großen Killeroma-Event unsere eigene Oma auftauchte und uns mit einem Regenschirm zurück nach Österreich prügelte. Na ja, vielleicht arbeiten wir irgendwann mal wieder als Sterbebegleiter für Fluglinien, aber vorher, vorher lassen wir uns noch ordentlich von Funk und Fernsehen kaputtmachen.
Als wir noch nicht von Funk und Fernsehen
kaputtgemacht geworden sind,
arbeiteten wir in dem katholischen Pudelsalon »Die Zehn Gebpfote«. Ein dummer Name für ein Geschäft, wo man Pudel kämmt, aber jetzt mal ehrlich, gibt es kluge Namen für katholische Pudelsalons? Wären »Papst Pius IV .«, »Pudel von Nazareth« oder »Drittes Wauwautikanisches Konzil« klüger? Uns war's scheißegal. Wir hätten auch in einem katholischen Pudelsalon gearbeitet, der »Scheiterhäufchen« heißt. Wir hatten früher einmal kurz bei einem evangelischen Katzenpräparator gearbeitet. Das Geschäft hieß »Katzechismus«. Wir waren einiges gewöhnt. Im Salon »Die Zehn Gebpfote« waren wir für die Pudelkleidung zuständig. Wir verkauften selbstgemachte Pudelpullover, Pudelmützen, Pudelstiefelchen, Pudeldessous. Vor allem rote Pudel- BH s waren der Renner. Pudeldamen haben sechs Zitzen, deswegen mussten sie immer drei BH s kaufen. Wir wurden stinkreich und lobten den Herrn. Durch unseren Erfolg wurden wir arrogant und lebten über unsere Verhältnisse. Mit anderen Worten: Unsere Freundinnen lebten einen Stock unter uns, wir also einen über unsere Verhältnisse. Wir liebten die beiden Frauen, konnten uns aber ihre
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