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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Ihr wich man besser nicht aus.
    »Die Grenzposten, ein Hotel, ein Geschäft, ein Heim für die Armen …«, bestätigte Martin.
    »Wozu sollen das Hotel und das Heim gut sein?«, pickte der Geddar sofort den verdächtigen Punkt heraus.
    »Glaubst du etwa, es gelingt vielen, sämtliche Formalitäten binnen eines Tages zu erledigen?« Martin grinste.
    Der Geddar hüllte sich in Schweigen, einzig seine Ohren legte sich an, um sich sodann wieder abzuspreizen. Das sah furchterregend aus, doch Martin wusste, dass diese Reaktion weit aufgerissenen Augen entsprach und Fassungslosigkeit zum Ausdruck brachte.
    Im ersten Kuppelbau wartete hinter hufeisenförmig angeordneten Tischreihen ein Dutzend Beamte der Dio-Daos auf Reisende. Hier war es warm, leise erklang eine ungewohnte, wiewohl angenehme Musik, es roch nach Duftölen, die entlang der Wände in kupfernen Dreifüßen abgebrannt wurden.
    »Gute Tageszeit, meine Herren!«, sagte Martin und verbeugte sich. »Lebt!«
    Der Geddar wiederholte die Begrüßung in allen Einzelheiten.
    »Lebt!«, erwiderten die Dio-Daos unisono.
    Diese Rasse zählte nicht zu den humanoiden. Das Nachschlagewerk von Garnel und Tschistjakowa definierte sie vage als »aufrecht gehende Pseudobeuteltiere«. In der Tat zeigten die Dio-Daos noch am ehesten Ähnlichkeit mit den Kängurus der Erde, wenn auch ihre Vorderpfoten weiter entwickelt waren und sie kein Fell, sondern eine bronzefarbene, sonnengebräunt wirkende Haut besaßen. Das Gebiss ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich bei den Dio-Daos um Allesfresser handelte. Kleidung lehnten sie nicht ab, wenngleich sie in Räumen nur kurze Röcke trugen, welche die Geschlechtsorgane bedeckten. Ihre langen Felljacken hingen akkurat an Pfosten, die sich entlang der Wand zogen.
    »Zu mir«, befahl einer der Dio-Daos knapp.
    Martin und Kadrach erhielten von ihm jeweils eine dicke Broschüre und einen transparenten Fineliner, der mit orangefarbener Tinte gefüllt war. Der Dio-Dao stand kurz vor der Entbindung und versuchte, jedes überflüssige Aufstehen zu vermeiden.
    »Ich möchte meinem Freund helfen, den Fragebogen auszufüllen«, informierte ihn Martin. »Das ist doch nicht untersagt?«
    »Es ist erlaubt«, räumte der Beamte nach kurzer Überlegung ein. Selbst seinem Touristischen, das die meisten intelligenten Lebewesen annähernd wie ihre Muttersprache beherrschten, haftete ein leichter metallischer Akzent an. »Aber der Fragebogen muss von seiner Hand ausgefüllt sein. Tisch Nummer sechs.«
    Martin führte Kadrach an Tisch sechs, wo sie sich nebeneinander setzten. Seufzend schlug Martin die Broschüre auf.
    »Wo ist der Fragebogen?«, fragte Kadrach.
    »Das ist er.« Martin klopfte auf die Broschüre. »Füll ihn konzentriert aus, man lässt nur vier Verbesserungen zu, und ein zweites Exemplar erhält man nur gegen Bezahlung … die nicht gerade gering ist.«
    Der Geddar stieß einen Fluch aus und schlug die Broschüre auf. Er machte sich an die Lektüre – und hob den Blick, um Martin verständnislos anzusehen. »Was soll das?«
    »Meinst du die erste Frage?«, erwiderte Martin. »Antworte einfach, mehr steckt nicht dahinter.«
    »Was soll das?«, wiederholte der Geddar trotzig.
    »Wenn du das Alter der vollen Geschlechtsreife erreicht hast, erhältst du das Recht der uneingeschränkten Bewegungsfreiheit auf dem Planeten. Ansonsten wird dir ein Fremdenführer und Erzieher in Personalunion aufgedrückt. Für den du ein hübsches Sümmchen hinblättern musst.«
    »Und die zweite Frage?«, fuhr der Geddar angespannt fort.
    »Die natürlichen Bedürfnisse darf man nicht außerhalb von dafür vorgesehenen Räumlichkeiten verrichten. Der maximale Zeitraum, in dem du die nächste Toilette erreichen kannst, beläuft sich auf Marge auf dreieinhalb Stunden. Daher auch die Frage: Sind Sie in der Lage, Ihr Wasser dreieinhalb Stunden zu halten?«
    »Was soll das alles?«, baute der Geddar seine Frage ein wenig aus.
    »Die schockierenden und provokanten Fragen werden absichtlich auf den ersten acht Seiten gestellt«, erklärte Martin. »Um zu ermitteln, wie gefasst und ruhig ein Tourist ist.«
    »Ich werde auf alle Fragen antworten«, verkündete der Geddar. »Aber die Dio-Daos sind nicht normal.«
    »Es wird auch die Frage gestellt, ob du die Rasse der Dio-Daos für geistig minderbemittelt erachtest«, beschwichtigte ihn Martin. »Das beantworte ruhig mit Ja. Sei überhaupt ehrlich. Die Dio-Daos stellen diese Frage nicht, um jemandem den Zugang in

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