Spektrum
nur Geddarn trügen die Wahrheit? ›Alle sind unwürdig, mir zu dienen, und jeder hat das Recht, mir zu dienen! ‹«
»›Die Leben gibt, steht nicht in meinem Schatten, die Leben bringt, soll nicht betreten den Griff meines Schwertes!‹«, parierte Kadrach. »Du bist schwanger!«
»Ich bin keine Frau!«, brüllte der Dio-Dao. »Ich bin ein Diener des dritten Fadens des Schwertes, mein Name ist Korgan, ich lebe zum Ruhm des ThaiGeddars!«
»Du bist schlechter als eine Frau, denn du hast dir einen Pseudoverstand zugelegt!«, schrie Kadrach. »Du bist schwanger, du bist ein Hermaphrodit, der Schwertgriff ist besudelt!«
»Zügle deinen Zorn, Kadrach!«
»Schiidan!«, explodierte Kadrach und zog mit einer unfasslichen Bewegung das Schwert.
Erst jetzt gestattete Martin es sich, laut aufzustöhnen. Im Übrigen hinderte ihn das nicht, Irina zu packen und mit ihr in eine entfernte Ecke des Tempels zu flüchten.
Kadrach und der Dio-Dao namens Korgan standen einander gegenüber. Korgan hatte sein Schwert ebenfalls gezückt, in seinem Blick lag unverfälschter Zorn ob der ungerechtfertigten Beleidigung.
Weder Kadrach noch Korgan achteten darauf, sich des Touristischen zu befleißigen. Ohnehin wechselten sie nicht viele Worte.
»Asch garrsa-chra Thai, anshar Schiidan, Kadrach!«, schrie der Priester, worauf Martin sich fragte, ob die namentliche Anrede des Geddars nicht womöglich den größten Fehler des Dio-Daos darstellte, jenen letzten Tropfen in der Schale von Kadrachs Zorn. Nie, niemals konnte der Geddar diesem Faschingspriester das Recht zugestehen, ihn mit Namen anzusprechen – als sei er seinesgleichen.
»Asch Schiidan-kchan!«, donnerte Kadrach.
Irina zappelte in Martins Armen. »Das war’s dann … er hat ihn Teufelshund genannt, jetzt gibt es kein Zurück mehr …«, sagte sie leise.
Die Schwerter kreuzten sich.
Möglicherweise führte der das Priesteramt der Geddarn bekleidende Dio-Dao die Waffe in der Tat vortrefflich. Möglicherweise beherrschte er wirklich die geheime Kunst, aus geschmolzenen Steinfäden ein Schwert zu flechten.
Im Kampf mit einem professionellen Henker der Geddarn hatte er freilich keine Chance. Dio-Daos benutzen keine Stichwaffen, liegen in ihren Händen doch Hieb– und Wurfwaffen wie Keule und Steinschleuder weit besser.
Bereits mit dem dritten Stoß schlug Kadrach dem Dio-Dao das Schwert aus der Hand. Danach erstarrte er eine Sekunde lang und schickte der gegen die Wand prallenden Klinge einen Blick nach, in dem sich Verwunderung darüber auszudrücken schien, dass es ihm, Kadrach, nicht gelungen war, das Schwert zu zerhacken. Der entwaffnete Korgan floh nicht, sondern neigte stolz das Haupt, wobei er dem Geddar unverwandt ins Gesicht sah und seine Lippen Flüsterworte formten …
Schwerter winselten, zerschnitten die Luft, und Blut tränkte das azurblaue Gewand des Dio-Daos. Martin glaubte, Kadrach habe dem Priester zunächst den Kopf abschlagen wollen, sich im letzten Moment jedoch anders besonnen und ihm zwei Stiche in die Brust zuteil werden lassen. Offenbar handelte es sich dabei um einen unehrenhaften Tod, vorbehalten dem Helfershelfer des Teufels.
»Dein Schwertgriff ist gereinigt, ThaiGeddar!«, rief Kadrach aus. Mit zwei flinken Bewegungen strich er die Schwerter am Gewand Korgans ab, um sie hernach in die Scheiden zurückzustecken. Den zweiten Priester, der sich erstarrt abseits hielt und sich nicht in den Kampf einmischte, schien er nicht bemerkt zu haben. Eventuell lag das daran, dass dieser nicht schwanger war.
»Was hast du nur getan, Kadrach«, flüsterte Martin, während er sich erhob. »Was hast du nur getan …«
Der Geddar sah ihn finster an. »Verzeih, Freund. Du wärest besser schon vorher gegangen. Ich durfte den Schänder des Schwertgriffs nicht ungestraft lassen.«
Er ging auf Martin und Irina zu und streckte der Frau die Hand entgegen. »Steh auf. Ich bin ein Freund Martins und froh, dich gerettet zu haben.«
»Mörder«, flüsterte Ira. »Grausamer Mörder!«
Seufzend zog der Geddar die Hand zurück. »Letzten Endes sind auch eure Weibchen nicht wirklich intelligent …«, kommentierte er streng. »Bring sie von hier fort und zieh ihr etwas an, Freund Martin. Ich muss noch in dem gereinigten Tempel beten.«
Martin antwortete nicht. Er betrachtete Korgans Körper – der nicht mehr ganz reglos dalag.
Aus den blutigen Falten des Gewands kroch das Kind hervor.
Ein kleines Wesen, das, wäre es ein Menschenkind, Martin auf zwei, drei Jahre
Weitere Kostenlose Bücher