Spektrum
Männern.
Es waren ihrer vier.
Ein dicker, rotgesichtiger Mann mittleren Alters mit kurz geschnittenem Haar und einem borstigen Schnurrbart. Der zweite mit dunkler Haut und, wiewohl noch nicht sehr alt, mit deutlichen grauen Strähnen im dunklen Haar. Der dritte war glatt rasiert, seine langen Haare im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Der vierte war der älteste, ein hoch gewachsener, leicht buckeliger Mann mit Bärtchen und Koteletten.
Eine befremdliche Gruppe.
Und Martin mochte so gar keinen Gefallen an der Waffe finden, die jeder Einzelne von ihnen in der Hand trug.
»Kommt es bei Ihnen in der Stadt mitunter zu Schießereien?«, fragte er den kahlen Cowboy.
Der schüttelte den Kopf.
»Sieht so aus, als würde es gleich eine geben«, sagte Martin und wies mit dem Kopf zum Fenster. Als sich sein Gegenüber daraufhin umdrehte, schien er förmlich zu erstarren.
Die vier rührten sich ebenfalls nicht mehr. Der Ergraute legte lässig den doppelläufigen Stutzen an und zielte über das Dach des Saloons. Wie gebannt folgte Martin dem Geschehen.
Ein Schuss knallte.
In den nächsten Sekunden schien nichts zu geschehen. In einer Ecke der Bar rauschte nach wie vor der Fernseher und brachte seine alten Baseballmatches dar, während die Bierkrüge klirrten und die Stimmen zu einem gleichmäßigen Gewirr verschmolzen. Mit einem Mal verebbten jedoch langsam und sanft alle Geräusche. Als Letzter verstummte der Fernseher, der dafür erst den Barmann brauchte, welcher nach der Fernbedienung langte und auf Pause drückte.
In dieser Stille gingen die Türen des Saloons auf. Der früh ergraute Mann trat jedoch nicht ein, sondern hielt lediglich die Flügel mit den Händen auf, um hineinzuspähen. »Mit den best regards, meine Herren! Ich bitte um Verzeihung, aber wir brauchen einen Mann, der sich hier drinnen versteckt hält. Er soll herauskommen, und alles ist in Ordnung.«
Niemand sagte ein Wort. Martin schielte zu seinem Karabiner hinüber. Ob er es schaffen würde, an ihn heranzukommen? Der Angreifer handhabte seine Waffe zwar geschickt, aber ohne jede Aufmerksamkeit, gleichsam als erwarte er keinen Widerstand …
»Wer seid ihr überhaupt?«, rief der Barmann entrüstet.
»Das spielt keine Rolle«, meinte der junge Mann kopfschüttelnd. »Wir tun nur unsere Pflicht. Wir warten drei Minuten.« Er lächelte. »Dann kommen wir rein.«
Die Türen schlugen in den Angeln hin und her, nachdem der junge Mann sich zurückgezogen hatte. Durchs Fenster beobachtete Martin, wie sich die vier fünf, sechs Meter gegenüber dem Eingang aufbauten, als hegten sie keinerlei Zweifel daran, dass ihr Opfer herauskommen würde.
»Kennen Sie diese Leute, Irina?«, fragte Martin. Aus irgendeinem Grund glaubte er felsenfest, die vier lauerten ihr auf. Irotschka schüttelte bloß verängstigt den Kopf.
»Ganz ruhig, meine Herren, ganz ruhig, ich rufe jetzt den Sheriff!«, verkündete der Barmann, als seien die Gäste des Saloons bereits in Panik geraten, und langte nach dem Telefon. Die Besucher saßen jedoch ruhig da, blickten sich lediglich ein wenig ratlos an. Niemand schien die klassische Westernszene einer »Schießerei im Saloon« einleiten zu wollen. Schätzungsweise hielten sich zwanzig bewaffnete Männer im Saloon auf, dazu noch ein Dutzend Indianer und ein einsilbiger, strenger Geddar mit dem obligatorischen Schwert auf dem Rücken. Zur Waffe griff jedoch niemand.
»Es dürfte schwierig werden, uns hier drinnen auszuräuchern«, kommentierte Martin, während er seinen Karabiner überprüfte. Er könnte immerhin versuchen, einen von denen, die ihnen diese Visite abstatteten, direkt durchs Fenster wegzuputzen.
»Eine Schießerei wird es nicht geben«, stellte der kahle Cowboy klar. Er trank sein Glas auf ex aus und erhob sich schwankend. »Das geht euch nichts an … absolut nichts …«
Inzwischen hatte der Barmann das Telefon wieder beiseite gelegt. Anscheinend hatte er es noch nicht einmal geschafft, die Nummer des Sheriffs zu wählen, als ihn prompt jemand über etwas aufgeklärt hatte, ohne dass er selbst auch nur eine einzige Frage gestellt hätte. Der einstige Chersoner ließ einen irritierten Blick über seine Gäste schweifen. »Meine Herren …«, wandte er sich an sie. »Das sind Kopfgeldjäger. Sie haben in der Tat einen Auftrag … Wen suchen sie bloß?«
»Mich«, erklärte der kleine Cowboy und erhob sich. »Verzeihung, ich gehe ja schon.«
Martin konnte ihn, einem plötzlichen Impuls folgend, noch bei der
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