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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Irina an, insgeheim hoffend, von ihr wenigstens schwachen Protest zu hören.
    Doch Irina hüllte sich in Schweigen.
    »Was sind Sie bloß für eine niederträchtige Frau«, kanzelte Martin sie ab. »Verzeihen Sie, aber ich hege meine Zweifel, ob Sie eine Seele haben.«
    »Ich hielt Sie für einen Mörder«, wiederholte Irina. »Für einen professionellen Killer, der auf mich angesetzt war.«
    »Von wem denn?«, hakte Martin nach. »Etwa von Ihren Eltern?«
    Energisch schüttelte Irina den Kopf.
    »Warum gibt es ausgerechnet drei von Ihnen?«, setzte Martin das Verhör fort.
    »Wir sind nicht drei … vermutlich nicht. Ich glaube, wir sind sieben.« Irina lächelte schuldbewusst.
    Das wurde ja immer schöner! Martin rutschte auf dem Stuhl hin und her. »Nach der Zahl der Todsünden?«, wollte er wissen.
    »Sind das denn sieben? Nicht zehn?«, fragte Irina zurück.
    »Für einen Menschen, der versucht, die Seele zu finden, verfügen Sie über eine exzellente Bildung«, kommentierte Martin nach kurzem Schweigen.
    »Ich bin Wissenschaftlerin, keine Theologin«, empörte sich Ira.
    »Eine schöne Wissenschaftlerin sind Sie mir, Ira!«, polterte Martin mit erhobener Stimme. »Eine Wissenschaftlerin verwirft eine aussichtsreiche Hypothese nicht, nur weil sie sie nicht auf Anhieb beweisen kann. Eine Wissenschaftlerin arbeitet hart. Aber Sie … hüpfen durch die Galaxis und versprudeln Ihre unausgegorenen Ideen. Wer sind Sie, Irina?«
    Es ließ sich nicht leugnen, dass sich Martin der Frau gegenüber unnötig streng gab. Freilich vermögen nur wenige Gelassenheit zu bewahren, wenn sie erfahren, dass ihnen die Rolle des Versuchskaninchens auf dem Seziertisch zugedacht war.
    »Ich versuche die Galaxis zu retten!«, schnellte Irinas Stimme unvermutet in die Höhe. »Sie verstehen überhaupt nicht, worum es geht. Sie sind zufällig in alles hineingerasselt, also machen Sie es nicht noch schlimmer … Adeass, nicht!«
    Martin drehte sich um.
    In der Tür stand ein junger Aranker, kaum älter als Irina. Mit einer Thermowaffe zielte er auf Martins Brust.
    »Ist das Sicherheitsfeld eingeschaltet?«, erkundigte sich der Aranker.
    »Schieß nicht, Adeass!« Irina sprang auf. »Er ist kein Mörder! Das war ein Irrtum!«
    »Er hat den ganzen Planeten durchquert, um dich zu finden. Ich habe herausbekommen, dass er ein professioneller Söldner ist, der schon mehrere intelligente Lebewesen getötet hat«, erklärte Adeass, ohne die Stimme zu erheben.
    »Ich bin ein Privatdetektiv, ich verteidige Unschuldige, muss mich mitunter jedoch auch selbst zur Wehr setzen!«, erklärte Martin rasch. »Hören Sie mich erst an, bevor Sie eine Entscheidung treffen, Adeass.«
    »Ist das Feld eingeschaltet?«, wiederholte der Aranker mit derselben gleichmütigen Stimme.
    »Adeass, ich glaube ihm, er ist unschuldig!« Irina wollte schon auf den Aranker zustürzen, blieb dann aber stehen, als sei sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. »Hör auf!«
    »Es ist also eingeschaltet«, grinste der Aranker.
    Im nächsten Moment sprang Martin auf und beförderte den Stuhl mit einem Fußtritt in das Gesicht des Arankers. Der drückte auf den Abzug, worauf der Stuhl in blendend weißen Flammen aufging. Die Luft im Arbeitszimmer heizte sich sofort auf und wurde trocken wie in einer Sauna. Der Aranker richtete die Waffe auf Martin.
    Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht mehr. Der Aranker stand zu weit entfernt, als dass Martin sich hätte auf ihn stürzen können. Deshalb riss er das Aquarium vom Tisch und schleuderte es gegen den anderen. Genau in dem Moment, als dieser schoss …
    Sirrend spritzten die Glasscherben durchs Zimmer, bohrten sich in Bücher, Wände und lebende Körper. Martin vermochte sich gerade noch wegzuducken, den Kopf in die Schultern gezogen und den Hals schützend, keine Sekunde zu früh, gruben sich ihm doch einige Scherben in den Rücken. Das Arbeitszimmer – genauer die Hälfte davon – lag in heißen Dampf getaucht, die Sauna hatte sich prompt in ein russisches Schwitzbad verwandelt. Der Aranker schrie auf, da das Aquarium bei der Explosion näher an ihm als an Martin war und sein Gesicht nun glühender Dampf einhüllte.
    Martin hechtete zu seinem Feind. Er schlug ihm auf die Hand, entriss ihm die Thermowaffe und zog ihm die Beine weg, sodass er zu Boden fiel. Neben ihnen schrie schauderhaft und markerschütternd Irina. Mit einem Knall verschwand der Kraftschirm, der Dampf wallte nunmehr durch das ganze Zimmer, und augenblicks atmete es

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