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SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
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Griechenlands.
Die Kritiker des Euro
    Es gibt Gegenstimmen, draußen in der Gesellschaft, in Deutschland zumal, wo die D-Mark viel mehr ist als einfach nur ein Zahlungsmittel. Die neunziger Jahre sind ein Jahrzehnt des Zanks über den Euro.
    So schließen sich beispielsweise 62 Professoren zusammen und warnen, 1992, vor der Einführung des Euro. Sie fürchten, die Währungsunion werde, so wie sie konstruiert war, "Westeuropa starken ökonomischen Schwankungen aussetzen, die in absehbarer Zeit zu einer politischen Zerreißprobe führen können".
    Eine gemeinsame Währung könne ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht funktionieren. Die Politiker sehen das anfangs genauso. Eine Währungsunion ohne politische Union sei abwegig, hatte Helmut Kohl im November 1991 im Bundestag gesagt.
    Und auch das Volk bockt. 60 Prozent sind gegen den Euro. Sie fürchten, am Ende für die Schulden anderer Länder zahlen zu müssen.
    Schließlich siegt der politische Wille über die ökonomischen Einwände. Bundestag und Bundesrat machen im April 1998 den Weg frei für die letzte Stufe der Währungsunion. Nur Sachsen unter seinem Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf enthält sich im Bundesrat der Stimme.
    Wenn sich danach ein Amtsträger gegen den Euro meldet, ist die Aufregung gleich riesengroß, in ganz Europa. Hans Reckers, dem Präsidenten der Hessischen Landeszentralbank, ergeht es so, als er es wagt, Bedenken öffentlich zu äußern.
    Reckers gehörte damals zum Leitungsgremium der Bundesbank. Im April 2000 tritt er im Konferenzsaal seiner Landesbank vor ein paar Fachjournalisten, redet über dieses und jenes, und am Ende räuspert er sich und spricht einen Satz:
    "Griechenland ist meiner Meinung nach keineswegs reif für die Währungsunion, der Beitritt muss um mindestens ein Jahr verschoben werden."
    Es dauert etwa 20 Minuten, bis die ersten Agenturmeldungen versendet werden, es dauert weitere fünf Minuten, bis es an der Athener Börse zu Kursabstürzen kommt und die griechische Zentralbank die Drachme mit Stützungskäufen vor dem Verfall bewahren muss. Eichel ruft den damaligen Bundesbank-Chef Ernst Welteke an, Welteke ruft Reckers an. Ihm wird der Mund verboten. Aber von den 15 Bankern im Leitungsgremium der Bundesbank, behauptet Reckers, waren damals alle 15 der Meinung, dass der Griechenland-Beitritt ein Fehler sei.
    Ein Fehler, sagen manche, den man verschmerzen wird, weil Griechenland so klein ist.
    Ein dramatischer Fehler, sagen andere, unterschätzt nicht die Macht der Finanzmärkte.
    Und kultiviert und halblaut, meist beim Mittagessen im Nebenraum des Konferenzraums, hoch oben im 12. Stock der Bundesbank, schimpfen die Herren auf die Politik, die den Griechen einen "Maastricht-Rabatt" einräumt, und sie finden das Tempo der Euro-Erweiterung gefährlich, nur leider finden diese Gespräche immer nur im Vertraulichen statt, an den Vierertischen des Bundesbank-Restaurants oder am polierten Konferenztisch. Die Banker sind alarmiert, aber sie halten still. Auch sonst gibt es kaum jemanden von Gewicht, der die Verantwortung übernähme, die schöne Idee des Euro der hässlichen Realität gegenüberzustellen.
    So werden am 1. Januar 2002 wirklich in zwölf Ländern Lire, Drachmen, Mark, Gulden und Schilling gegen die neuen Euro-Scheine und Münzen getauscht, die Bürger des neuen Euro-Europas stürmen die Geldautomaten.
    Im Schatten der Anfangseuphorie kommen die wahren Probleme nicht zur Sprache. Die zwölf neuen Euro-Staaten haben ihre Verschuldung in den fünf Vorbereitungsjahren des Euro – allen Absichtserklärungen von Maastricht zum Trotz – um mehr als 600 Milliarden Euro nach oben getrieben. Sie sind Ende 2002 mit zusammen 4,9 Billionen Euro verschuldet, Italien allein mit 1,3 Billionen.
    Die wachsende Verschuldung sorgt die Regierungschefs nicht. Ihre Strategie heißt Hoffnung, und sie vertrauen auf die Kraft des Wachstums: Die Dynamik der Volkswirtschaften werde die Steuereinnahmen schon sprudeln und die Verschuldung sinken lassen. Und wenn nicht, dann vererbt man die Schulden eben dem politischen Nachfolger und der nächsten Generation. Aber der Euro werde es schon richten.
Die Skepsis der Amerikaner
    Jenseits des Atlantiks beugen sich Amerikas Ökonomen über Europas Pläne, die ihnen vorkommen wie nicht zu Ende gedacht, "zu groß geplant", sagt Finanzökonom Kenneth Rogoff, ein Harvard-Professor mit Nickelbrille, Berater von US-Präsidenten und Regierungen in aller Welt. Sein Büro

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