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SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
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Kredite zu verteilen, bis das Wachstum wieder anspringt. Aber diese Diagnose ist falsch. Wir haben eine Solvenzkrise, wir haben europäische Länder und Regionen, die fundamental bankrott sind. Kein Kredit dieser Welt, und wäre er noch so groß, wird Griechenland retten, auch Portugal nicht und sehr wahrscheinlich auch nicht Irland, und man muss sich auch in Italien große Sorgen machen."
    Stimmt dieser Befund, dann bedeutet er, dass der neue europäische Kreditfonds EFSF, für notleidende Euro-Länder eingerichtet, sinnlos ist. Er bedeutet, dass die neue Politik der Europäischen Zentralbank, Staatsschulden von Ländern zu finanzieren, ins Leere gehen wird. Er bedeutet auch, dass Europas Führer, die von Krisengipfel zu Krisengipfel eilen, nur Heftpflaster verteilen, wo eine Operation an den inneren Organen der Union nötig wäre. "Es muss jetzt darum gehen, die Schulden zu kappen", sagt Rogoff, "den Konkurs zu erklären und neu anzufangen." Griechenland sei so überschuldet, dass das Land nur eine Zukunft habe, wenn 50 bis 75 Prozent seiner Staatsschulden abgeschrieben werden, und in Irland und Portugal sehe die Lage nicht viel anders aus.
    "Es kann jetzt nicht mehr darum gehen, den Märkten vorzuspielen, dass Europa handlungsfähig ist, indem es sich aus der Krise mit einem immer größeren Scheck freikauft. Den Scheck, der groß genug wäre, am Ende Spaniens Schulden oder Italiens Schulden zu bezahlen, gibt es nicht. Die Märkte haben den Glauben verloren."
    Mohamed El-Erian, der Chef von Pimco, Herr über 1,3 Billionen Dollar Staatsanleihen, sagt, er habe kein Interesse am Untergang der Euro-Zone, es gebe keinen Gewinn daraus zu ziehen, im Gegenteil, mit jedem Tag werde es schwerer zu investieren, all seine Milliarden sicher zu verteilen. Die Welt sei bipolar geworden, es gibt nur gut oder schlecht, an den Euro glauben oder nicht, kein gutes Umfeld für sicheres Investieren.
    El-Erian sagt, die Welt stehe nun auf dem Kopf. Die Entwicklungsländer und die aufstrebenden Nationen in Südamerika und Asien haben ihre Krise bereits vor zehn Jahren durchgemacht, sie hatten einen Herzanfall und haben sich danach auf Diät gesetzt: keine Exzesse, keine Schulden. "Die westliche Welt dagegen war verliebt in Kredit und Schulden, sie sagte: Wir sind die fortgeschrittenen Volkswirtschaften, wir bekommen keine Probleme, alles ist toll so." Es sei ein Zustand der kompletten Realitätsverleugnung gewesen, mit verheerenden Folgen für Europa: "So konnte die Krise sich ausbreiten, von der Peripherie zum äußeren Kern und nun langsam zum inneren."
    Gleichzeitig steuere "das große Zeitalter des billigen Kredits" auf seinen Höhepunkt zu, wie sie es bei Pimco nennen. "Groß im Sinne von überdimensioniert", sagt El-Erian.
    Wenn in Europa jetzt nicht die schweren Medikamente zum Einsatz kämen, sagt El-Erian, trotz unangenehmer Nebenwirkungen, werde die Infektion bald das Herz und das Gehirn erreichen: Frankreich und Deutschland.
    Die Krise habe klein angefangen, aber sie mutiert und kontaminiert das ganze globale System, und das passiert nicht, weil es an Analysen, sondern an Mut zu schwierigen Entscheidungen mangelt. Frustriert ihn die Unfähigkeit der europäischen Regierungen, die Krise zu lösen? "Nein, sie macht mir Angst."
    Die Europäer seien paralysiert, nicht nur, weil sie sich nicht einigen können, sondern weil sie nicht wissen, wie sie genau vorgehen wollen, weil es keine Blaupause für so einen Krisenfall gibt.
    So oder so, sagt Rogoff, steht das Euro-Projekt am Scheideweg: Entweder es kommt jetzt zur Zwangsheirat der europäischen Partner, zu einer "shotgun marriage", oder es kommt über kurz oder lang zum Bruch. "Und natürlich ist es fraglich, ob die Völker Europas zu einer so unromantischen Heirat bereit sind."
    Den Deutschen komme die entscheidende Rolle zu, sagt Rogoff. Und sie sollten sich, wenn sie an Griechenlands Rettung denken, die Lage nüchtern anschauen. Sie sollten, sagt er, nach Italien schauen, wie dort Norditalien seit 90 Jahren für Süditalien die Rechnungen bezahlt. Und sie sollten sich fragen, ob sie bereit sind, in den nächsten 90 Jahren die Rechnungen Griechenlands zu bezahlen.
    "Darum geht es, wenn über eine Transferunion geredet wird. Es ist möglich, ja. Deutschland ist wahrscheinlich stark genug, alle Rechnungen zu bezahlen, vermutlich bis zu einem Umfang von 150 Prozent seiner eigenen Wirtschaftsleistung, das würden die Märkte irgendwie mitmachen. Deutschland wäre dann der

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