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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Flugzeug ist um vieles angenehmer.«
    »Aber der Zug kommt Stunden früher an! Bitte!« Er willigte ein. »Also gut, aber wir müssen uns beeilen. Ich muß zuerst noch einmal für ein paar Minuten weg, und währenddessen packen Sie Ihren Koffer. Wenn ich zurückkomme, machen wir uns sofort auf den Weg.«
    Wir standen dicht beieinander und hielten unsere Hände immer noch umklammert. Er sah die Aufregung in meinen Augen. »Miss Harris, dies ist ein gefährliches Unterfangen. Sie dürfen sich nicht allzu große Hoffnungen machen, denn ich fürchte, Sie könnten enttäuscht werden.«
    »Ich habe gelernt, mit Enttäuschungen fertig zu werden, Mr. Raschid. Ich hatte in letzter Zeit genug Übung darin.« Sobald er gegangen war, lief ich ins Schlafzimmer und packte sorgfältig meine wenige Habe zusammen. Ich trug mich mit dem Gedanken, den Schakal in meiner Handtasche oder in meinem Koffer zu verstauen, doch letzten Endes ließ ich ihn, unter meiner Bluse verborgen, im Hosenbund stecken. Wir hatten uns aneinander gewöhnt, dieses kleine Tier an meiner Hüfte und ich. Eigentlich war es schon fast ein willkommenes Gefühl, denn es erinnerte mich in regelmäßigen Abständen an die Wirklichkeit, rief mich auf den Boden der Tatsachen zurück und hinderte mich daran, in Gedanken zu weit abzuschweifen. Ich blieb vor dem Spiegel stehen, um mich anzuschauen. Das Spiegelbild war noch dasselbe wie immer: ein blasser Abklatsch meiner schönen Schwester; eine junge Frau, die stets furchtlos gewesen und vor Herausforderungen nie zurückgewichen war. Ich blickte wieder in den Spiegel und fragte mich, was die Zukunft wohl nach dem heutigen Abend bringen würde und ob ich je wieder an einem Operationstisch stehen würde. Im Hintergrund hörte ich von ferne den Ruf des Muezzins. Jenseits des Operationssaales gab es eine andere, eine größere Welt, als ich je vermutet hatte, und mir wurde allmählich klar, daß ich vielleicht gar nicht so furchtlos und unerschrocken gewesen war, wie ich es immer geglaubt hatte. Jetzt, da ich drauf und dran war, mich auf eine weitere Reise, ein weiteres Abenteuer, einzulassen – diesmal den Nil hinauf – , kam es mir so vor, als wäre ich nichts anderes gewesen als eine Außenseiterin, eine Einsiedlerin, die mit dem Leben jenseits ihres eigenen Schneckenhauses nichts zu tun haben wollte. Nun, damit war es nun vorbei, und ich war zum erstenmal im Leben auf mich alleine gestellt. Jetzt hatte ich wirklich furchtlos und unerschrocken zu sein, sowohl um meinetwillen als auch um meiner Schwester willen.
     
     
    Der Kairoer Bahnhof hat seinen Namen von der kolossalen Statue von Pharao Ramses II. die vor dem Gebäude steht. Ich bekam allerdings nur einen flüchtigen Eindruck von der Statue, zum einen wegen des spärlichen Lichts und zum zweiten, weil ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht dafür interessierte. Der Ramses-Bahnhof ist ein riesiger Komplex von Gebäuden, Bahnsteigen und Zügen. Zu dieser Abendstunde, mit so vielen ankommenden und abfahrenden Zügen, herrschte auf dem ganzen Gelände das heillose Gedränge brodelnder Menschenmassen. Niemand achtete auf einen gutgekleideten Araber mit einer jungen Amerikanerin am Arm, als wir uns durch den lärmenden Pöbelhaufen kämpften. Wie jeder Bahnhof, so war auch dieser riesengroß, und unter seinen Gewölben hallte jedes Wort, jeder Ruf und jedes Schlurfen tausendfach wider.
    Einheimische in ihren langen galabiyas und weißen kaffiyas standen mit Lattenkisten voll Hühnern und geschnürten Bündeln herum. Von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidete Frauen, ein alltäglicher Anblick in Kairo, mit ihren rasierten Augenbrauen und ihrem höchst eigentümlichen Parfüm, das überall schwer in der Luft hing, standen in Gruppen beisammen und plapperten laut, während barfüßige Kinder sich an ihre Rockzipfel klammerten. Viele balancierten Gepäckstücke auf ihren Köpfen. Mehrere beäugten mich mit unverhohlener Neugierde, als ich vorüberging. Ich versuchte nicht zurückzustarren, doch ich war hingerissen von ihnen.
    Achmed Raschid lotste mich in ein Nebengebäude, in dem sich so etwas wie ein Café befand, das allerdings nicht mehr war als ein kahler Raum mit wackelig zusammengefügten Tischen und Stühlen und dicken, die Luft verpestenden Rauchschwaden. Darin wimmelte es von Männern, überwiegend Bauern vom Land und Soldaten in Uniform, die mich alle mit flüchtigen Blicken bedachten, als mein arabischer Begleiter mich niedersitzen ließ. Der Lärm war so

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