Spiel mit dem Mörder
hatte ich eine Heidenangst. Ich war gerade achtzehn Jahre alt, schwanger und mutterseelenallein. Bis dahin hatte ich davon geträumt, einmal eine große Schauspielerin zu werden, doch diese Träume waren mit einem Mal geplatzt. Wie also hätte ich jemals weiterleben sollen?«
Sie machte eine kurze Pause, als dächte sie an jene unglückliche Zeit zurück. »Mit achtzehn ist man so unendlich dramatisch. Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie mit achtzehn waren, Lieutenant Dallas, wie Sie geglaubt haben, alles, was mit Ihnen passiert, wäre furchtbar wichtig, und die ganze Welt drehte sich ausschließlich um Sie? Tja, nun.«
Erneut zuckte sie mit den Schultern. »Ich habe versucht, mich umzubringen. Ich habe die Sache, Gott sei Dank, vermasselt, obwohl es mir vielleicht gelungen wäre, wäre nicht Kenneth rechtzeitig aufgetaucht. Hätte er mich nicht daran gehindert und mir Hilfe besorgt.«
»Aber die Schwangerschaft haben Sie nicht abgebrochen.«
»Nein. Im Krankenhaus hatte ich Zeit, um nachzudenken, um mich zu beruhigen. Als ich mir die Pulsadern aufgeschnitten habe, habe ich nicht an das Kind gedacht, sondern nur an mich. Ich hatte das Gefühl, als hätte man mir eine zweite Chance gegeben und als wäre die einzige Möglichkeit zu überleben, dass ich das Leben austrage, das in mir entstanden war. Ohne Kenneth hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft.«
Sie sah Eve aus ihren ausdrucksvollen Augen an. »Er hat mein Leben gerettet und das des Kindes. Er hat mir geholfen, die Klinik in der Schweiz und den Notar zu finden, der die Adoption vermittelt hat. Er hat mir Geld geliehen und jede Unterstützung gewährt, die er mir nur geben konnte.«
»Er war, beziehungsweise ist, in sie verliebt.«
»Ja.« Diese schlichte Feststellung klang traurig. »Ich bedauere zutiefst, dass ich diese Liebe nicht auf die Art, die er verdient hätte, erwidern konnte oder kann. Sein Angriff auf Richard vor all den Jahren war eine einmalige Entgleisung, die ihn sehr viel gekostet hat.«
»Und nachdem Sie das Kind fortgegeben hatten?«
»Nahm ich mein Leben wieder auf. Den Traum, Schauspielerin zu werden, hatte ich jedoch begraben. Um ihn weiterzuverfolgen, fehlte mir der Mut.«
»Als leibliche Mutter haben Sie das Recht, sich regelmäßig nach dem Wohlergehen Ihres Kindes zu erkundigen.«
»Von diesem Recht habe ich nie Gebrauch gemacht. Ich hatte getan, was für sie und mich das Beste war. Danach hatte ich keinen Anspruch mehr auf sie. Inwiefern könnten wir beide heute noch wichtig füreinander sein?«
»Sie hat sich für Richard Draco interessiert. Carly Landsdowne stand an dem Abend, an dem er ermordet wurde, mit ihm zusammen auf der Bühne.«
»Ach ja?« Überraschung und Nachdenklichkeit blitzten in Anjas Augen auf. »Sie ist Schauspielerin? Hier in New York? Wie sich die Dinge wiederholen. Und sie hat zusammen mit Richard und Kenneth gespielt. Seltsam, aber irgendwie auch passend, finden Sie nicht auch?«
Eve sah sie abwartend an. »Sie stellen keine weiteren Fragen nach der jungen Frau.«
»Lieutenant, hätten Sie es möglicherweise gern, dass ich so tue, als ob es irgendeine spirituelle Verbindung zwischen uns beiden gibt? Ihre Carly Landsdowne ist für mich eine Fremde. Natürlich wünsche ich ihr alles Gute. Aber das zarte, dünne Band, das es einmal zwischen uns gab, ist bereits vor langer Zeit zerrissen. Der Einzige von damals, zu dem ich noch Verbindung habe, ist der treue Kenneth Stiles.«
»Kannten Sie Areena Mansfield?«
»Flüchtig. Sie war bereits damals eine äußerst viel versprechende junge Frau. Sie hat es ziemlich weit gebracht. Ich glaube, Richard hat auch mit ihr für kurze Zeit gespielt. Warum fragen Sie?«
»Sie war ebenfalls Mitglied des Ensembles. Und Natalie Brooks?«
»Natalie Brooks?« Ein schmales Lächeln umspielte Anjas Mund. »Diesen Namen habe ich vor einer halben Ewigkeit zum letzten Mal gehört. Ja, ich kann mich daran erinnern, dass sie eine kleine Rolle in dem Stück hatte, das zu der Zeit auf dem Spielplan stand, als Richard und ich ein Verhältnis miteinander hatten. Genau wie ich war sie noch sehr jung. Sie war hübsch auf eine frische, unverbrauchte Art. Und natürlich leichte Beute. Nachdem er mich hatte fallen lassen, hat er sie verführt. Vielleicht auch schon früher. Das kann ich nicht sagen. Hat sie ebenfalls in dem Stück mitgespielt?«
»Nein, aber ihr Sohn war die Zweitbesetzung des Leonard Vole.«
»Faszinierend.« Ihre Augen blitzten belustigt auf.
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