Spiel mit dem Mörder
Mann, denn noch immer flüsterte sein eklig süßer Atem nachts an ihrem Ohr.
Na, was macht mein kleines Mädchen?
Sie atmete keuchend aus und gierig wieder ein.
Und was war mit der Mutter?, überlegte sie und wischte sich die feuchten Hände an ihrer Hose ab. Was machte eine Mutter aus? Sicher nicht allein die Tatsache, dass ein anderes Leben in ihr wuchs. Eve legte den Kopf auf die Seite und blickte hinauf zu den Fenstern, hinter denen Anja Carvell mit ihrer Kanne heißer Schokolade in Gesellschaft der Geister aus ihrem früheren Leben saß. Nein, sie glaubte nicht, dass es so einfach war.
Es war sicher mehr. Es musste mehr sein, davon war sie überzeugt.
Das Bedürfnis der meisten vernunftbegabten, anständigen Menschen, Säuglinge und kleine Kinder zu beschützen, war eine Sache des Instinkts. Das Verlangen, einen anderen Erwachsenen zu schützen, entsprang entweder reinem Pflichtgefühl oder aber Liebe, dachte sie.
Als Peabody zurückkam, richtete sich Eve hinter dem Lenkrad auf. »Sie hat gestern am frühen Abend angerufen, ein Zimmer reserviert und kam zwei Stunden später an. Eigentlich will sie nur bis morgen bleiben, hat sich aber die Option offen gehalten zu verlängern.«
»Mutter, Vater, treuer Freund«, murmelte Eve. »Kommen Sie, kümmern wir uns jetzt um das Kind.«
»Carly. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung kommen wir an ein paar Lebensmittelgeschäften vorbei. Wir könnten doch an einem halten, damit ich uns zwei Tassen heiße Schokolade holen kann.«
»Das Zeug, das sie dort verkaufen, ist doch eklig.«
»Ja, aber es schmeckt nach Schokolade.« Peabody versuchte es mit einem flehenden und zugleich jämmerlichen Blick. »Und Sie haben ja nicht zugelassen, dass sie uns eine Tasse von dem wirklich guten Zeug serviert.«
»Sicher hätten Sie dazu gern noch ein paar Kekse. Oder ein paar bunt glasierte Törtchen.«
»Das wäre natürlich super. Danke, dass Sie danach fragen.«
»Das war ironisch gemeint, Peabody.«
»Ja, Madam. Ich weiß. Meine Antwort auch.«
Das Lachen ihrer Assistentin riss Eve aus ihrer depressiven Stimmung, und vor lauter Dankbarkeit steuerte sie tatsächlich einen dementsprechenden Laden an und wartete geduldig, bis Delia mit einer voll bepackten Tüte zurück zum Wagen kam.
»Wissen Sie, ich versuche ehrlich, nicht mehr ganz so viel von diesem Zeug zu essen. Aber …« Gierig riss Peabody die erste Plätzchenpackung auf. »… auch wenn es seltsam ist, hält McNab mich nicht für fett. Obwohl er, da er mich regelmäßig nackt sieht, meine Speckrollen genauestens kennt.«
»Peabody, glauben Sie ernsthaft, dass ich hören möchte, dass McNab Sie ohne Ihre Kleider sieht?«
Sie biss in einen Keks. »Ich meine ja nur. Aber Sie wissen sowieso, dass wir beide miteinander schlafen, und sind wahrscheinlich bereits zu dem Schluss gekommen, dass wir dabei nackig sind. Schließlich sind Sie eine begnadete Ermittlerin.«
»Peabody, auch wenn ich es als Ihre Vorgesetzte aufgrund meiner erstaunlichen Gutmütigkeit hin und wieder dulde, dass Sie auf eine ironische Bemerkung von mir ebenfalls ironisch reagieren, steht es Ihnen nicht zu, mir gegenüber von sich aus derart sarkastisch zu sein. Und jetzt geben Sie mir endlich ein verdammtes Plätzchen.«
»Die hier sind mit Kokosnuss. Sie hassen Kokosnuss.«
»Warum haben Sie dann Kokosnuss gekauft?«
»Weil es mir Spaß macht, Sie zu ärgern.« Grinsend zog Peabody eine zweite Packung Keks aus der Tasche und erklärte: »Aber außerdem habe ich, extra für Sie, noch eine Packung Chocolate-Chips geholt.«
»Her damit.«
»Okay.« Peabody riss die zweite Packung auf und hielt Eve eins der Plätzchen hin. »Tja, im Gegensatz zu mir hat McNab einen viel zu kleinen, entsetzlich knochigen Hintern und eine viel zu schmale Brust. Und trotzdem …«
»Hören Sie auf! Hören Sie sofort auf! Falls Sie es tatsächlich schaffen, mich dazu zu bringen, mir McNab ohne Kleidung vorzustellen, werden Sie zur Strafe zur Verkehrspolizei zurückversetzt.«
Fröhlich summend kaute Peabody auf ihrem Keks herum.
»Verdammt! Jetzt sehe ich ihn bildlich vor mir.«
Peabody lachte quietschend auf. »Tut mir Leid, Dallas. Tut mir wirklich Leid. Ich konnte nicht anders. Aber er ist echt niedlich, finden Sie nicht auch?«
Und, dachte sie, vor allem hatte sie mit dem kleinen Manöver ihren Lieutenant endgültig von seinem Elend abgelenkt.
»Halten Sie die Klappe«, warnte Eve, musste jedoch ein leises Lachen unterdrücken. »Entfernen Sie die Kekskrümel
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