Spiel mit der Liebe
hast du überhaupt eine Ahnung, was sie an diesem Tag mit den Männern machen? Das ist nichts, was eine Frau - oder auch ein Mann - sich jemals ansehen sollte.«
»Wir brauchen ja nicht zu bleiben. Nur bis ich genug gesehen habe, um eine Zeichnung zu machen. Ich könnte wenigstens etwas tun, Clay, etwas Wichtiges.«
»Bitte mich, dich irgendwo anders hinzubringen - zu einem Boxkampf, zum Beispiel - am Freitagabend ist einer, gleich außerhalb der Stadt.«
»Ich war schon bei einem Boxkampf.«
»Nun, du wirst auf keinen Fall zu einer Hinrichtung gehen. Du kannst dich besser gleich darauf einstellen.«
Kitt biss die Zähne zusammen, aber sie sagte nichts mehr. Mit einem letzten verächtlichen Blick wandte sie sich um und
ging-
Verdammte Hölle! Er hätte diese Hinrichtung niemals erwähnen sollen. Ihm war ganz einfach nicht der Gedanke gekommen, dass sie wirklich würde hingehen wollen.
»Wir werden am Montag sehr beschäftigt sein«, rief er ihr nach, ehe sie die Tür erreicht hatte.
Kitt wirbelte herum und sah ihn an. »Womit?«
»Mit allem Möglichen, das uns von Newgate fern hält.«
»Du bist abscheulich. Und obendrein brichst du dein Wort.«
»Verdammt, Kitt, von einer Hinrichtung war nie die Rede.«
Sie ignorierte ihn ganz einfach und ging. Clay fluchte, weil er wusste, dass er an diesem Abend ein leeres Bett vorfinden würde, dann ging er hinüber zur Anrichte und goss sich einen Brandy ein.
Dieses verflixte Frauenzimmer, sie würde in diesem Fall ihren Willen nicht bekommen. Er hatte schon einmal eine Hinrichtung miterlebt. Der entsetzliche Anblick, wie vier Männer am Ende eines Seils baumelten, war viel schlimmer, als sie es sich vorstellen konnte. Keine Frau sollte so etwas sehen, ganz besonders nicht seine Kitt.
Himmel, würde er wirklich sein Wort brechen, wenn er ihr den Wunsch verwehrte? Das machte nichts. Auf gar keinen Fall würde er seine Frau zu einer Hinrichtung mitnehmen.
Die Kutsche kam nur langsam voran, sie war nur eine in einer langen Reihe von Kutschen und Wagen, die zu den hohen Galgen unterwegs waren, die zwischen den Gefängnissen Old Bailey und den Mauern des Gefängnisses von Newgate aufgerichtet waren.
In der Kutsche saß Kitt Clay gegenüber, dessen Laune düster war, seine Augen waren dunkel und blickten beunruhigt. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto mehr begann sich auch Kitts Laune zu verdüstern. Sie war entschlossen gewesen, hierher zu kommen, und endlich hatte Clay zu ihrem Erstaunen nachgegeben und zugestimmt.
Er hatte ihr sein Wort gegeben, hatte er behauptet, und sie habe ihn ganz zu Recht darauf hingewiesen. Er würde sein Wort halten, ganz gleich, wie sehr er auch dagegen war.
Nur wenige Männer, die Kitt kannte, hätten sich so ehrenwert verhalten, und Kitt war außergewöhnlich erfreut darüber, festzustellen, dass ihr Ehemann unter den wenigen Männern war, die das taten. Die Zeichnung, die sie machen wollte, war wichtig. Die meisten Menschen hatten niemals eine Hinrichtung gesehen und waren auch nicht gebildet genug, darüber zu lesen. Vielleicht konnten sie sich gar nicht vorstellen, wie schrecklich so etwas war. Aber selbst der ärmste Bettler auf der Straße blätterte in weggeworfenen Zeitungen und sah sich die Zeichnungen darin an. Ein Abdruck, der nach einer Zeichnung hergestellt war, die sie gemacht hatte, könnte ihnen die entsetzlichen Konsequenzen zeigen, die sie erwarteten, wenn sie das Gesetz brachen.
Sie starrte aus dem Fenster auf die Menschenmenge, die sich wie eine gigantische Woge auf die Galgen zubewegte. Sie hatte gewusst, dass der Nachmittag unangenehm werden würde. Doch sie hätte sich nie vorstellen können, dass Hunderte von Menschen so etwas unterhaltsam finden würden.
Ein Windstoß blies in das offene Fenster der Kutsche, und
Kitt erschauderte. Der Tag war so dunkel und trübe wie der Grund ihres Hierseins, flache graue Wolken verdeckten die Sonne, ein beißender Wind wehte von der Themse. Kitt zog ihren Umhang fester um sich und ignorierte die gerunzelte Stirn ihres Ehemannes. Sie beugte sich noch weiter aus dem Fenster, um hinauszusehen.
Durch die wachsende Menschenmenge, die sich vor dem Gefängnis versammelt hatte, kam der Verkehr nur langsam voran. Die berüchtigten Straßenräuber Bart Robbins und drei andere Mitglieder seiner Bande würden an diesem Tag am Galgen enden. Es war schon Jahre her, seit es eine Hinrichtung mehrerer Männer gegeben hatte, und offensichtlich war diese Angelegenheit zu einem großen
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