Spiel Satz Tod - Kriminalroman
hinein. Dort würde ich gewiss niemanden stören.
Colin überlegte einen Moment und sagte dann: »Die werden sicher Schluss machen, wenn es dunkel wird. Wissen Sie, was? Rufen Sie mich doch an, wenn Sie fertig sind, und ich komme vorbei.«
Ich zögerte, zwischen Neugier und kleinlichem Vergeltungsdrang hin und her gerissen. Schließlich sage ich: »Okay. Aber ich weiß absolut nicht, wann das sein wird.«
»Ich bin da«, sagte er gutgelaunt.
Ich trennte die Verbindung, ohne mich zu verabschieden.Nun wusste er sicher Bescheid, dachte ich, und musste beinahe lachen. Ob nun Polizist oder nicht, er war auch nur ein Mann. Wahrscheinlich hatte er gar nichts gemerkt.
Gerade wollte ich wieder in Richtung der Filmcrew gehen und nach meinen Schülern schauen, da hörte ich einen Laut hinter mir. Sehr nahe klickte ein Stein gegen einen anderen. Erschrocken fuhr ich herum, aber nicht schnell genug. Ich sah nur eine Bewegung, einen Arm, der vor der immer noch blendenden Sonne hochfuhr. Dann schlug etwas gegen meine Schläfe.
Ich stürzte zu Boden, verblüfft und hilflos, das Handy fiel mir aus der Hand und hüpfte klappernd über die Steine. Blut lief mir in die Augen und nahm mir die Sicht. Ich versuchte aufzustehen oder zumindest den Kopf zu heben, aber die Welt um mich herum schwankte heftig, mir war übel und schwindlig. Ich krallte die Hände in den steinigen Untergrund und versuchte zu begreifen, was passiert war. Plötzlich nahm ich eine Gestalt neben mir wahr, und ganz verschwommen sah ich, wie sich eine Hand nach oben bewegte, die einen Stein von der Größe einer Grapefruit umkrampfte. Instinktiv warf ich einen Arm über den Kopf und rollte mich zusammen wie ein Kind im Mutterleib. Das rettete mir wahrscheinlich das Leben. Der zweite Schlag, viel kräftiger als der erste, wurde von Schulter und Oberarm abgefangen. Das tat sehr weh, und ich schrie laut auf. Dieser Hieb hatte mich töten sollen. Ich versuchte mir das Blut aus den Augen zu wischen und mich zur Seite zu rollen, doch mein Körper wollte dem in Panik geratenen Hirn nicht gehorchen. Ich fiel in eine der Pfützen, wusste jedoch sofort, dass mir das nichts helfen würde. Ein Platschen verriet mir, dass der Angreifer mich auch dorthin verfolgte. Das war wohl das Ende.
Da ertönten Gebrüll und Fußgetrappel aus Richtung des Filmsets. Der Angreifer stutzte, trat mir noch einmal heftig in die Seite, wandte sich dann um und ergriff die Flucht. Ich versuchte zu erkennen, wer es gewesen war, konnte aber nur eine blaugekleidete Gestalt ausmachen. Schluchzend und nach Atem ringend lag ich eine Weile still, die mir wie eine Ewigkeit vorkam. In meinem Kopf drehte sich alles, ich strengte mich an, möglichst nicht zu erbrechen. Arm und Schulter brannten wie Feuer, es stach in der Brust, aber das Schlimmste war mein Kopf, in dem ein Hammer zu schlagen schien.
Beweg dich, sagte ich mir. Das ging nicht. Ich kam mir vor wie in einem Alptraum zwischen Schlafen und Wachen, wenn man kein einziges Glied rühren kann. Beweg dich, befahl ich mir noch einmal. Diesmal reagierte mein Körper, wenn auch langsam und widerwillig. Ich konnte nicht aufstehen, mich aber zumindest auf Hände und Knie erheben, aus der Wasserlache kriechen und mich über die Steine bis zu der Betonrampe schleppen. Ich wusste nicht, ob es mir gelingen würde, die neunzig Zentimeter nach oben zu kommen, aber irgendwie fand mein Tennisschuh auf der rauen Oberfläche Halt. Mit letzter Kraft zog ich mich hoch. Ich war völlig desorientiert und wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte, doch Stimmen zu meiner Rechten lenkten mich in diese Richtung.
Als der Schotter schmerzhaft in die Handflächen stach, versuchte ich aufzustehen. Das gelang mir auch mehr oder weniger, doch die Welt drehte sich nach wie vor um mich wie ein Kreisel. Schwankend stolperte ich vorwärts. Ich spürte, wie mir auf der einen Seite immer noch viel Blut übers Gesicht lief. Mein weißes T-Shirt war bereits nass davon, es tropfte auf die Hose und auf den Boden. Aber zumindest konnte ich mit einem Auge wieder sehen. Ich erreichte die scharfe Kehre des Weges und wankte wie betrunken auf die Lichtung, wo sich die Filmcrew mit der Kamera befand.
Zu meinem Entsetzen kam mir dort eine Horde völlig verängstigter Tennisspieler schreiend entgegengelaufen. Die Jungen und Mädchen schauten nach hinten, als sei ein Höllenhund hinter ihnen her. Beinahe hätten sie mich umgerannt. Ich streckte ihnen meine blutverschmierten Hände entgegen, um
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