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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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dem Ösfass? Bist du bescheuert?«
    »Nein, ich bin nicht bescheuert«, entgegnete ich. »Es war nur ein Vorschlag.«
    Oh je, oh je, oh je. Jetzt brannte es richtig. Ich spürte die Hitze, obwohl ich einige Meter entfernt stand.
    »Wir hauen ab«, sagte Geir. »Nun komm schon!«
    Und so schoben wir, während die Flammen immer wilder und wilder über das Gras tanzten und knisterten, das Boot ins Wasser. Geir setzte sich an die Ruder und legte sich möglicherweise noch hingebungsvoller in die Riemen als auf dem Hinweg.
    »Oh verdammt«, sagte er von Zeit zu Zeit. »Was hat das gebrannt! Was hat das gebrannt!«
    »Ja«, sagte ich. »Wer hätte das gedacht?«
    »Also ich jedenfalls nicht.«
    »Ich auch nicht. Hoffentlich sieht es keiner.«
    »Das wäre nicht weiter schlimm«, meinte Geir. »Hauptsache, uns hat keiner gesehen.«
    Als wir das Ufer erreichten, zogen wir das Boot weit in den Wald hinein, um anschließend alle Spuren zu verwischen. Auf unseren T-Shirts war Ruß, so dass wir sie ins Wasser klatschten und wieder auswrangen und sicherheitshalber auch noch die Shorts auszogen und auswuschen; wenn uns jemand fragte, würden wir sagen, dass wir in den Shorts schwimmen gegangen und uns die T-Shirts ins Wasser gefallen waren. Danach sprangen wir selbst hinein, um den Rußgeruch loszuwerden, und gingen nach Hause.
    Schon von Weitem sah ich, dass im Garten vor dem Haus niemand war. Ich blieb im Flur stehen: kein Mucks. Schlich in den Heizungskeller, hängte das T-Shirt auf und ging mit nacktem Oberkörper in mein Zimmer, holte ein neues T-Shirt aus dem Schrank, wechselte die Shorts.
    Vom Fenster in Yngves Zimmer aus sah ich, dass Vater auf einer Gartenliege auf dem Rasen lag. Stundenlang konnte er so wie eine Echse in der Sonne liegen, ohne sich zu rühren. Entsprechend braungebrannt war er. Irgendwo in der Nähe lief ein Radio; Mutter saß offenbar auf der Terrasse unter dem Wohnzimmerfenster.
    Eine Stunde später kam sie mit einem Deodorant für mich in mein Zimmer. MUM for Men, hieß es. Es war ein Glasflacon, es war blau und roch süßlich und gut. Ich dachte: für Männer. Ich war ein Mann. Zumindest ein Jugendlicher. In ein paar Wochen würde ich in die Gesamtschule gehen, und nun benutzte ich ein Deo.
    Sie erklärte mir, dass ich damit nur ein paar Mal durch die Achselhöhle reiben sollte, nachdem ich mich gewaschen hatte. Aber immer erst, nachdem ich mich gewaschen hatte, nicht ohne mich zu waschen, denn dann roch es nur noch schlimmer.
    Als sie gegangen war, folgte ich ihren Anweisungen, sog eine Weile meinen neuen Körpergeruch ein und las danach in meinem Buch weiter, es war Dracula , mein absolutes Lieblingsbuch, ich las es zum zweiten Mal, aber es war noch genauso spannend wie beim ersten Mal.
    »Es gibt Abendessen!«, rief Mutter aus der Küche, und ich legte das Buch fort und ging zu ihr.
    Vater saß mit dunklem Körper und finsteren Augen an seinem Platz. Mutter goss kochendes Wasser in die Teekanne und stellte sie zwischen uns auf den Tisch.
    »Martha hat uns heute eingeladen, sie in ihr Sommerhaus zu begleiten«, sagte sie.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage«, entgegnete Vater. »Hat sie sonst noch etwas gesagt?«
    Mutter schüttelte den Kopf.
    »Nichts Besonderes.«
    Ich schaute auf den Tisch und aß, so schnell es ging, ohne den Anschein zu erwecken, dass ich es eilig hatte aufzustehen.
    Irgendwo in der Nähe wurde ein Motor angelassen und stotterte ein paar Mal, ehe er abgewürgt wurde. Vater stand auf und sah aus dem Fenster.
    »Sind Gustavsens nicht in Urlaub?«, fragte er.
    Keiner antwortete, er sah mich an.
    »Doch«, sagte ich. »Aber Rolf und Leif Tore sind nicht mitgefahren. Sie sind alleine zu Hause.«
    Das Auto wurde wieder angelassen. Diesmal wurde der Motor hochgejagt. Dann wurde ein Gang eingelegt, und das Dröhnen wurde jäh und abgehackt lauter und leiser.
    »Jedenfalls fährt jemand mit ihrem Auto«, sagte Vater.
    Ich stand auf, um hinzusehen.
    »Setz dich!«, befahl Vater.
    Ich setzte mich.
    »Was ist denn da los?«, fragte Mutter.
    »Diese gottverdammten Blagen leihen sich heimlich das Auto ihrer Eltern.«
    Er drehte sich um und sah Mutter an.
    »Ist das nicht unglaublich?«, sagte er.
    Ruckend und stotternd glitt das Dröhnen die Straße herauf.
    »Haben die ihre Kinder denn wirklich gar nicht im Griff?«, sagte er. »Leif Tore geht doch in Karl Oves Klasse. Und dann stiehlt er das Auto seiner Eltern?«
    Ich schluckte den letzten Bissen Brot, goss noch etwas Milch in den Tee, um

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