Spieltrieb: Roman
keine Anerkennung, keine Liebe, nichts. Ein Flittchen will glänzen und seinen Marktwert beweisen - du tust es im Verborgenen. Eine Nymphomanin will ihren Spaß - du tust es gleichgültig und kalt. Das Fehlen von Gründen macht es zum Schlimmsten vom Schlimmsten.« »Wow«, sagte Ada anerkennend, »das war mehr, als meine Eltern zusammengebracht hätten.«
»Ich weiß nicht, ob ich es schon einmal erwähnt habe. Wahrscheinlich bist du verrückt. Und blöd genug, deinen Wahnsinn von anderen Wahnsinnigen ausnutzen zu lassen.«
»Nun gut«, sagte Ada und trat zwei Schritte vor, bis sie dicht vor ihm stand. »Nenn mir einen Grund, warum ich es nicht tun sollte, wenn du so versessen auf Gründe bist.«
Ein langes Schweigen trennte die Gedankensphären voneinander, bis Ada und Olaf nur noch zufällig beieinander standen wie zwei Büsche im Unterholz. Gewaltsam ließ die nächste Bemerkung sie wieder zusammenprallen.
»Um den Respekt zu behalten«, sagte Olaf, »vor anderen und vor dir selbst.«
Ihr Lachen diente keinem rhetorischen Zweck, es war ein Ausdruck von Freude über sein argumentatives Rudern, über den verzweifelten Versuch, kluge Worte zu finden für etwas, das er schlicht empfand. Wieder fiel ihr auf, wie sehr er sich verändert hatte. Fast erwachsen war er geworden, kaum noch denkbar, dass er immer noch die Bassgitarre spielte, wie er es vor einem Jahr getan hatte.
»Danke der Nachfrage«, sagte sie, »aber ich genieße den vorzüglichsten Respekt der meisten Menschen.«
»Warum machst du dich dann zur Sklavin?«
»Wessen Sklavin?«
»Von diesem ...« Der Name hob ihm schier die Zunge aus den Angeln. »Von diesem Halbägypter.«
»Du glaubst, ich sei Alevs Sklavin?« Adas Lachen wechselte die Farbe von glockengelb zu schmutzig grau. »Weil ich Dinge tue, die nicht in das Weltbild eines Bürgersohns passen? Dein Kampf für das Gute rührt mich, und ich beneide dich um das klare Empfinden dafür, was sein darf und was nicht. Ein süßer Anachronismus. Aber es bringt nichts, mit Pfeil und Bogen auf eine Welt loszugehen, in der Atombomben fallen. Begreifst du das?« Sie legte ihm eine Hand an die Wange. »Danke, dass du dich um mich sorgst. Das tun nicht viele, und es ist ein seltenes, schönes Gefühl.«
Olaf wich aus und versuchte, durch Wenden des Kopfs sein Gesicht zu verbergen. Dann gab er auf, hoffnungslos gefangen im Winkel zwischen Tor und Wand, und ließ zu, dass sie die Konturen seines Kiefers nachzeichnete, ihm hinter dem linken Ohr sanft in die Haare griff, mit der anderen seine Augen schloss und ihm den kleinen Finger zwischen die Lippen drängte. Nach fünf Atemzügen, während deren ihr Körper unerträglich nah auf dem seinen lastete, war er sie los. Gelassen stand sie vor ihm und sezierte mit chirurgischen Blicken seine Miene. Beide wussten, dass er den Tränen nah war.
»Warum sagst du mir nicht«, brachte er hervor, »weshalb du es tust?«
»Wenn eine positive Begründung dir die geistige Gesundheit rettet: Weil ich dadurch etwas habe. Und ihr anderen, die meisten von euch - ihr habt nichts.«
Das schien ihn ein wenig zu beruhigen, er wischte sich mit dem Handrücken über die Nase.
»Interessiert dich nicht mehr, woher ich von dem Ganzen weiß?«
»Doch.« Sie trat einen Schritt zurück.
»Von Odetta.«
Dieser Name besaß Durchschlagskraft. Ada fuhr sich an die Schläfe, als hätte ein spitzer Gegenstand sie getroffen.
»Du hast wohl einen Nebenjob als guter Kumpel von Alevs Freundinnen?«
»In deinem Fall war ich zuerst da. Schon vergessen?«
Ada hatte nicht zugehört.
»Dann hat Alev sie zu Teuter geschickt«, sagte sie. »Ich hätte es mir denken können.«
»Er soll sich selbst verraten haben? Dann ist er noch gestörter, als ich dachte.«
»Du verstehst es nicht.« Ada winkte ab. »Du kannst nicht kapieren, worum es geht.«
»An deiner Stelle würde ich mich darauf einstellen, demnächst in ähnlicher Mission entsandt zu werden.«
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, dass Odetta und du etwas ausgesprochen Ähnliches erlebt.«
Er versuchte, an ihr vorbeizukommen. Ada und Alev, Olaf und Odetta, Alpha und Omega.
»Du bleibst hier!« Ada hielt ihn fest, krallte alle zehn Finger in den robusten Stoff seines Parkas und presste ihn gegen die Wand. Er war schwächer als sie. »Sprich weiter.«
»Ich bin fertig.«
»Weißt du, warum ich die Schule wechseln musste?«
»Ich weiß es.«
»Und du glaubst trotzdem, ich wäre nicht imstande, dich zu schlagen, bis du
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