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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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waren. »Du sieh st so brav aus, was hast du denn ausgefressen? Hast du Hunger?«
    »Nein«, entgegnete ich.
    »Wirst dich schon noch an das Fressen gewöhnen«, erwiderte er. Wenn sie reinkommen, haben sie alle keinen Hunger. Wenn sie gehen, fressen sie alle wie die Scheunendrescher.«
    Für ein paar Stunden kam ich doch in die Zel e, dann wurde ich abgeholt. Im Auto ging die Fahrt weiter, quer durch Missouri nach Kansas. In Leavenworth wurde ich abgeliefert. Meine Begleiter verabschiedeten sich sehr herzlich von mir.
    Ich kam zunächst in das Fort. Ein paar Tage später sollte ich der zivilen Strafanstalt übergeben werden. In diesen Tagen hatte ich eine entsetzliche Begegnung mit dem Tod. Fünf deutsche Soldaten starben. Sinnlos. Nur weil sie es abgelehnt hatten, ein Gnadengesuch an den amerikanischen Präsidenten zu machen.
    Sie waren Kriegsgefangene gewesen. In ihrem Camp hatten sich zwei Parteien gebildet. Die eine arbeitete mit den Amerikanern zusammen, die andere gegen sie. Es waren Denunziationen vorgekommen. Es wurden laufend Leute an die Lagerleitung verraten.
    Der Verräter verlor einen Brief. Man kannte ihn jetzt. Es kam zu einem Tumult, in dessen Verlauf er gelyncht wurde. In blindem Eifer griff sich die Lagerleitung fünf Schuldige. Ob sie tatsächlich schuldig waren, wußte kein Mensch.
    Jedenfal s hatte man Sündenböcke. Sie wurden wegen Mordes zum Tode
    verurteilt. Das Urteil wäre sofort aufgehoben worden, wenn sie sich zu einem Gnadengesuch herbeigelassen hätten. Einer der fünf, ein verbissener Fanatiker, erklärter
    »Ein deutscher Soldat lehnt es ab, einem amerikanischen Präsidenten ein Gnadengesuch einzureichen.«
    Allen Bitten, Drohungen, Argumenten gegenüber blieben die fünf
    Todeskandidaten verstockt. Sie ließen sich hängen. Im Fort Leavenworth. Und ich sah sie, ein paar Stunden vor ihrem letzten Gang, mit bleichen, hassenden Gesichtern. Des Krieges letzte Amokläufer . . .
    Die Strafanstalt von Leavenworth beherbergt über zweitausendvierhundert Gefangene. Ich erhielt die Nummer 62098. Ich war jetzt mitten unter der Gesellschaft, mit der ich die nächsten zehn Jahre meines Lebens verbringen sollte: Unter Mördern, Zuhältern, Einbrechern und Bankräubern. Sie hatten alle ihre Sündenregister, und sie waren stolz darauf. Ein Zuchthaus hat eine ganz bestimmte Rangordnung. Am angesehensten sind die Bankräuber. Die Mörder sind Außenseiter. Die Diebe gelten als kleine Fische. Vor den Einbrechern hat man Respekt. Die Zuhälter kann niemand ausstehen.
    Spione haben noch keinen bestimmten Platz in der Rangordnung. Sie werden nach ihrem Verhalten in der Haft beurteilt. Ähnlich erging es der Elite der amerikanischen Kommunisten, die eine Zeitlang mit mir die Haft teilte. Ihnen und mir ist es gelungen, nach und nach einen guten Platz im Prestige zu erobern. Aber noch war es nicht soweit. Ich kam in die Quarantänestation. Vier Wochen lang. Die Quarantäne wurde vom Teufel direkt erfunden. Alles grinste mich schadenfroh an. Ich dachte, es würde sich um eine gesundheitliche Maßnahme handeln, aber es war sozusagen die Rekrutenausbildung des
    Zuchthäuslers, der Schliff, der Drill, die Umstellung auf die neue Lebensart mit Nummer und gestreiftem Gewand.
    Die Wärter trugen Uniformen. Manche von ihnen waren Menschen, manche Maschinen. Ich sollte meine Erfahrungen noch sammeln. Der Mann, der mich auf der Quarantänestation in Empfang nahm, wirkte nicht sehr sympathisch. Er hatte ein rotangelaufenes Rabaukengesicht, schrie immer lauter als es nötig war und stichelte mit gehässigen Redensarten. Ein Glück, daß er jeweils nach sechs Stunden Dienst abgelöst wurde. Sein Vertreter gefiel mir besser. Doch war auch er keineswegs so gutmütig, wie sein Gesicht aussah.
    »So«, sagte er, »Gimpel heißt du. Komischer Name. Was hast du denn
    ausgefressen? So, Spionage. Hättest du sein lassen sollen. Wirst du schon noch merken . . . Hast ja Zeit dazu.«
    Der Mann hieß mit Spitznamen >Kürbis<. Al e Wärter haben Spitznamen. Ihre Gewohnheiten, Gesten, Eigenheiten werden von den Häftlingen scharf
    beobachtet. Manche der Aufseher geraten fast völlig in die Hand der Häftlinge.
    >Kürbis< hielt sich in der Mitte. Auf der Quarantänestation hatte er es leichter als seine Kollegen draußen. Er hatte es mit Anfängern zu tun. Und er konnte sich auf verschärfte Bestimmungen stützen.
    Wir waren zwanzig. Wir wurden isoliert. Am nächsten Morgen begann unser Kurs. Zunächst im Schulungsraum. Der Inspektor

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