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Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Sandoval
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ich und schaffe es dabei, mir alle schlimmen Wörter zu verkneifen. »Vögel haben einen so kurzen Verdauungstrakt, dass der Reis hinten schon wieder raus ist, bevor er überhaupt richtig nass werden kann.«
    »Es ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache, Tomi. Mit der Wissenschaft kannst du nicht streiten«, doziert Iggy, als wäre ich eines seiner Kinder.
    »Stimmt, mit Trotteln aber schon.« Ich wende mich wieder an die Mädchen. »Keine Sorge. Wenn und falls ihr einmal heiraten möchtet, werfen wir einfach M&Ms … die weißen. Und ihr könnt sie dann mit eurem Rock auffangen.« Ihre Pausbackengesichtchen strahlen und zu spät fallen mir ihre Gewichtsprobleme ein. Ich hätte etwas Gesundes sagen sollen, Brokkoliröschen oder so.

    Beim Empfang besetzt der Reyes-Clan einen ganzen runden Tisch für sich. Bevor wir uns hinsetzen, fordert Papa mich zum Tanzen auf. Nicht aus Bewegungsdrang, sondern weil das Teil meiner Strategieist, um nicht ständig von irgendwelchen Kerlen aufgefordert zu werden. Ich schmettere einfach gleich am Anfang und vor aller Augen einen potenziellen Bewerber ab, und schon fehlt den meisten Männern der Mumm, mich später selbst zu fragen.
    Und sofort tippt Papa jemand auf die Schulter und wir drehen uns um. Ein Mann mit einer Barcodefrisur – ein paar schwarze Strähnen, die über die schüttere Mittelpartie gekämmt wurden – versucht Papa abzulösen. Ich grinse Papa an und schüttele dann den Kopf. »Nein, vielen Dank.«
    Sobald er weg ist, sage ich: »Gut, wir können essen.«
    Papa sieht über meine Schulter. »Da kommt noch einer.«
    Ich denke
manche lernen’s nie
und höre ein »Darf ich bitten?«.
    Ich drehe mich auf dem Absatz um und schaue direkt in Nickels braungrüne Augen.
    Mit einem Nicken für Papa lege ich eine Hand in die von Nickels und lasse die andere auf seiner Schulter ruhen.
    Wir beginnen uns zu drehen und lächeln uns an.
    »Hey Tomahawk.«
    »Hey Nickels.«
    »Du siehst … fantastisch aus.«
    »Ja, hat mir gestern auch schon jemand gesagt. Irgend so ein Agent, der sich für ganz besonders speziell hält«, lenke ich ab und versuche nicht rot zu werden.
    Er grinst. »Und wo stecken jetzt Gabriel und Ignacio?«
    Ich deute mit dem Kinn in ihre Richtung. Meine Brüder starren den Kerl neugierig an, der es bisher als Einziger geschafft hat, Papa beim Tanz mit mir abzulösen. »Haben sie sich sehr verändert?«, frage ich.
    »Sie sehen aus wie erwachsene Männer … wie wütende erwachsene Männer«, erklärt er leicht besorgt.
    »Sie erkennen dich nicht. Papa und ich wollten sie überraschen.« Ich atme Nickels Duft ein. Ich rieche Rasierwasser, Kaffee, Zahnpasta und ihn. Ein leichtes Kribbeln breitet sich in meinem Bauch aus.
    »Isst Iggy immer noch auf der Toilette?«
    »Ja«, bestätige ich angewidert. »Er tut so ziemlich alles da.«
    »Ärgern wir sie doch mal ein bisschen.« Seine Hand gleitet warm hinab, bis sie auf meiner Taille liegt.
    Jetzt rieselt das Kribbeln meinen Rücken hinunter und ich lege den Kopf an seine Schulter. »Trägst du eine Waffe?«, frage ich.
    Er lacht leise. »Du siehst zu viel fern.«
    Als der Song vorbei ist, löse ich mich widerwillig von ihm. »Bleib, wo du bist«, ordne ich an und schnappe mir meine Videokamera vom Tisch. Während ich ihn dann zu den anderen führe, drücke ich den Aufnahmeknopf. Ich schwenke von Iggys Gesicht, der misstrauisch dreinschaut, zu Gabriel, der den Fremden sorgfältig unter die Lupe nimmt. »Sagt Hallo zu Nickels!«
    Der Gesichtsausdruck meiner Brüder wechselt auf meinem kleinen Bildschirm unvermittelt von Argwohn zu Freude. Das Wiedersehen ist genauso herzlich, wie ich es mir vorgestellt habe. Nickels war nicht nur mein bester Freund, sondern eher so was wie der kleine Bruder der Familie. Eine Art Maskottchen.
    Jeden Tag holte Papa uns vom Kindergarten und später auch von der Schule ab und passte auf Nickels auf, bis ihn seine Mutter, eine Universitätsdozentin, die am Mills College Archäologie unterrichtete, abholte. Meistens blieb sie dann noch eine Weile und half meinen Brüdern bei den Hausaufgaben. Und an manchen Abenden aßen wir dann auch zusammen.
    Alle reden laut durcheinander. Meine Brüder springen auf, schütteln Nickels die Hand und schließen ihn dann in eine Bärenumarmung. Ich kann gar nicht glauben, wie viel größer als sie Nickels jetzt ist. Ehefrauen und Kinder werden vorgestellt. Während Nickels berichtet, was er so in den letzten achtzehn Jahren getrieben hat,

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