Spitfire: Kühler Tod
ja?«, sage ich und treibe es damit ein bisschen zu weit.
Nickels schaut mich an. »Verstehe ich dich da richtig: Du möchtest das VCMO-Programm einsetzen, um deine Ermittlungen ein bisschen voranzutreiben?«
Ich runzele die Stirn. »Ich weiß nicht. Was ist ein VCMO?«
»Das
Violent-Crimes-and-Major-Offenders-Programm.
Es umfasst sowohl das FBI als auch die Polizei von San Francisco.«
»Ach so, die Spezialeinheit. Klar … warum nicht?«
Einen Augenblick lang glaube ich, dass er mich gleich ohrfeigen wird. »Tomi, das hier ist kein Spiel! Wir wissen nicht, was den Mörder antreibt, aber es ist möglich, dass du, Sam und all die anderen auf dieser Liste in Gefahr sind.«
»Oder vielleicht ist auch der Mörder selbst auf dieser Liste.«
Müdigkeit und Schmerz erfüllen seine Augen und er lässt sich schwer auf einen Küchenstuhl sinken. »Der Mörder hat mir heute eine E-Mail ins Büro geschickt«, sagt er, zieht ein gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche und reicht es mir.
Die Betreffzeile enthält Nickels Heimatadresse. Die Nachricht lautet:
Tomi,
es tut mir leid, dass du so unter der Hitze leidest.
Ich werde bald mal mit einer kleinen Erfrischung vorbeischauen.
Der Mörder weiß also ganz genau, wo ich bin. Sam und ich hätten abgeschlachtet werden können. Meine Knie geben nach und ich lasse mich auf einen Stuhl fallen.
»Ich bringe dich zu Papa«, sagt er.
»Nein! Damit könnten wir ihn auch noch in Gefahr bringen.«
Bedächtig schüttelt er den Kopf. »In Alameda bist du nicht so leicht aufzuspüren wie hier. Außerdem wird Tag und Nacht ein Agent bei euch im Haus bleiben. Die Sache ist beschlossen, versuch also gar nicht erst, dich mit mir anzulegen.«
Ich hasse es, keine Wahl zu haben. »Schön! Ich ziehe mich um.« Mein Gesicht wird zur Maske. Ich ziehe mir seinen Pulli über den Kopf und pfeffere ihn Nickels hin.
Ich habe seine ungeteilte Aufmerksamkeit, als ich die Wendeltreppe erklimme und ihm dabei einen 360-Grad-Blick auf meine reifen Casabas biete, die er allerdings nie anfassen wird – niemals!
In Nickels Wagen schnalle ich mich an und sehe hinab auf die mädchenhafte weiße Rüschenbluse, die ich für den Fall angezogen habe, dass mein Date mit Nickels ganz nach Wunsch verläuft. War das wirklich erst zwei Tage her?
Auf der Bay Bridge ist kaum Verkehr und mir fällt auf, dass seit Nickels Wohnung immer dasselbe Auto hinter uns fährt. »Wir werden verfolgt«, sage ich überraschend cool, wenn man mal bedenkt, wie nervös ich bin.
»Welches Auto? Dreh dich nicht um«, befiehlt er.
»Ich bin doch nicht blöd«, gebe ich gereizt zurück. Ich trage eine Sonnenbrille und hebe jetzt ohne den Kopf zu bewegen den Blick zum Schminkspiegel in meiner Sonnenblende. »Der schwarze Sedan … vier Autos hinter uns … auf der rechten Spur.«
Lächelnd nimmt Nickels meine Hand und küsst sie. »Gutes Auge. Die sind da, um sicherzustellen, dass wir nicht verfolgt werden.«
Ich reiße meine Hand los. »Wow … echte Vollprofis, diese Jungs«, knurre ich und meine Stimme trieft vor Sarkasmus. Aber die Berührung seiner Lippen hat meine Muskeln in Brei verwandelt. Nickels nimmt den Tunnel zur Insel. Ich lehne meinen Kopf an die Stütze. »Ich weiß, wer die Frau ist. Diejenige, die man bei Justins Wohnung gesehen hat.«
Nickels fährt zu mir herum. »Wer?«
»Whim.« Bei dem Gedanken mischt sich Trauer in meine Stimme. Ich weihe Nickels in die Ereignisse des Morgens ein.
Angewidert schüttelt Nickels den Kopf. »Wir haben diese Landschaftsgärtnerei kontaktiert, aber uns wurde mitgeteilt, Luis Manuel habe ohne eine Nachricht zu hinterlassen gekündigt.«
»Hat das auch irgendjemand überprüft?«
»Wir haben auch nicht unbegrenzt Mitarbeiter zur Verfügung«, gibt er verteidigend zurück.
Da klickt es in meinem Kopf und mir fällt wieder ein, was ich auf der Website des FBI gelesen habe. »Moment mal … warum ermittelt das FBI eigentlich in einem Regionalfall?«
»Was meinst du damit?«
»Das FBI wird nur eingeschaltet, wenn das Bundesrecht gebrochen wird. Wenn zum Beispiel jemand eine Bank ausraubt. Aber hier geht es bisher nicht mal um einen Serienmörder, also warum mischt ihr euch bei zwei lokalen Mordfällen ein?«
Nickels antwortet nicht. Ich warte stur, gebe dann aber auf und hake nach. »Was macht das hier zu einem Staatsverbrechen, Nicholas Patrick Turino?«, frage ich in dem gleichen Tonfall, den seine Mutter früher immer angeschlagen hat, wenn wir uns mal wieder
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