Spitze Buben
bevor sie sich freiwillig dem Aderlaß-Spital auslieferten. Die meisten betrachteten es als das Tor zum Tod.
»Ich bin ihr Leibwächter«, erklärte Eierkopf.
»Was? Ich dachte ...«
»Ich habe Ehre Freundin getroffen.« Schatz lächelte. Meine besten Freunde gackerten blöd.
»Meine Freundin? Das frage ich mich allmählich ernsthaft. Sie wollte den Job nicht?«
»Die hat sie zu mir geschickt«, erklärte Zarth.
Das verdiente einige Überlegung.
»Wo sind deine Kumpels, Garrett?« erkundigte sich Morpheus.
»Sie passen zu Hause auf Den Gottverdammten Papagei auf. Hoffentlich rösten sie ihn langsam. Warum?«
»Es kursiert ein Gerücht, daß ihr drei versucht haben sollt, zwei Schnuckelchen in der Weststadt auszurauben.«
Ich runzelte die Stirn. Eigenartig, daß es schon bekannt war. »Ich habe versucht, eine Spur von Smaragd zu finden. So weit bin ich nicht gegangen.« Ich erzählte die Geschichte.
Morpheus verfiel schon bald in tiefes Grübeln. Er ließ mich zu Ende sprechen, doch als ich fertig war, fragte er: »Bist du sicher, daß es eine alte Kopie von ›Niemals Werden Raben Gierig‹ war?«
»Es war der Band ›Die Wütenden Klingen‹. Enthältst du mir etwa Informationen vor?«
»Kennst du die Geschichte?«
»Ich hab' die Bücher gelesen.«
»Das überrascht mich nicht.« Er grinste, weil er sich an meinen Ärger mit Linda erinnerte. »Da du es gelesen hast, weißt du auch, was am Ende geschieht. Falk ist in den Achtzigern und immer noch rüstig, bis auf seine langsam fortschreitende Erblindung. Allmählich fangen die Frauen an, ihn zu piesacken, vermutlich um sich dafür zu revanchieren, wie mies er sie immer behandelt hat. Er ist genervt, schnappt sich ein paar Sklaven und das Vermögen, das er in den vergangenen siebzig Jahren seiner Karriere zusammengerafft hat und zieht in die Wildnis. Ein paar Tage später kehrt er allein und mit leeren Händen zurück. Er verrät mit keinem Wort, was aus den Sklaven und dem Schatz geworden ist.«
»Und?«
»Und so ist Falks Schatz eines der sagenhaftesten Objekte für Schatzjäger, über das sie reden, wenn sie zusammenkommen. Eine ihrer Legenden behauptet, daß die älteste Ausgabe von ›Niemals Werden Raben Gierig‹ alle nötigen Hinweise enthält, die man braucht, den Schatz zu finden. Vermutlich haben die Kopierer tatsächlich den Schatz gefunden, nachdem sie vielleicht fünf Kopien von jeder Ausgabe hergestellt haben, sich aber gegenseitig umgebracht, bevor sie ihn bergen konnten.« Morpheus umriß kurz eine Geschichte von Gier und Hinterhältigkeit, die Falks würdig gewesen wäre.
Ehrlich gesagt, klang Morpheus' Geschichte nicht die Spur glaubwürdig, und ich hätte sie ignoriert, wenn nicht... Tja, wenn da nicht das Leuchten in seinen Augen gewesen wäre. Dieses gewisse, vertraute Leuchten. Ich wußte, daß sein Goldrüssel fündig geworden war. Er glaubte. Und spielte mit dem Gedanken, Kupfer & Feld einen Besuch abzustatten, der mit meinem nicht das geringste zu tun hatte.
»Der zweite Band?« fragte ich in der Hoffnung, ihn damit abzukühlen. »Warum denn ausgerechnet der? Falk hat seinen Schatz doch erst am Ende des dritten Bandes vergraben.«
Morpheus zuckte lächelnd mit den Schultern. Der arme, dumme Garrett sah mal wieder den Wald vor lauter Bäumen nicht. Schatz warf uns einen befremdlichen Blick zu. Sie wußte, daß da etwas vorging, hatte aber keine Ahnung, worum es ging. »Du könntest recht haben«, meinte Morpheus schließlich, was er vermutlich sagte, um alle zu verwirren.
Er wußte etwas, das er nicht breittreten wollte. In letzter Zeit benahmen sich alle so. Ich zuckte mit den Schultern. »Ich statte Maggies Hütte einen Besuch ab. Willst du mitkommen?« Darauf würde sein Goldrüssel auch reagieren.
»Warum nicht?«
Eierkopf begriff es auch. Er sah mich zweifelnd an, stellte aber keine Fragen. Es war nicht nötig, Schatz über alles ins Bild zu setzen. Vor allem deshalb nicht, weil sie Freunde bei der Wache hatte.
Sie merkte, daß wir sie ausschlossen. Es gefiel ihr nicht, aber sie ahnte, daß es besser war, wenn sie es nicht erfuhr.
»Kennen Sie Hacker Hackebeil?« fragte ich sie. »Hat er sich jemals im Aderlaß-Spital blicken lassen?«
»Ich habe ihn gesehen. In letzter Zeit häufiger als früher. Er scheint jetzt in der Stadt zu wohnen. Er gehört zum Vorstand. Der Vorstand geht ständig ein und aus. Wir anderen achten nur auf sie, wenn sie anfangen, sich wichtig zu machen.«
»Verstehe. Was macht er
Weitere Kostenlose Bücher