Sprich nicht darüber
nichts, aber sein Mund zuckte. “Soll ich ihn deshalb jetzt als Helden verehren, anstatt ihn einen Dummkopf zu nennen? Vielleicht willst du mir eine Frage beantworten, bevor ich meine endgültige Meinung bilde – wie lange hat es gedauert, bis er mit deiner Zustimmung das bekam, was sich die anderen mit Gewalt nehmen wollten?”
Rosie zuckte zusammen wie von einem Schlag getroffen. “Ist das deine Art zu denken? Hättest du dich denn so verhalten?”
Constantin sah ihre Bestürzung. Er zögerte einen Moment, dann streckte er die Hand aus, um ihre krampfhaft gefalteten Hände zu berühren. “Rosie, ich …”
Sie entwand ihre Finger seinem Griff und fuhr nüchtern fort: “Ich erinnerte Maurice an seine kleine Schwester. Als Junge hatte er sich um Lorna kümmern müssen, weil ihre Mutter Alkoholikerin war. Aber nachdem sie in Fürsorge kamen, wurde Lorna von ihren Pflegeeltern adoptiert, Maurice stand allein da. Natürlich hatte er Kontakt mit seiner Schwester, aber das war recht wenig. Wenn du also verstehen willst, warum er an jenem Abend seinen Kopf für mich hinhielt, musst du in anderen Bahnen denken – oder ist das von dir zu viel verlangt?”
Tränen schimmerten in Rosies Augen. Ohne Constantin anzusehen, schob sie ihren Stuhl zurück und verließ den Raum. Im Foyer holte er sie ein. Mit seiner starken Hand umfasste er ihre schmale Taille und hielt sie zurück. “Rosie, bitte …”
“Constantin! Nein, so was!”
Beim Klang der schrillen weiblichen Stimme erstarrte er. Rosie fuhr herum. Das blonde Gift in dem kurzen, engen schwarzen Kleid stürmte auf sie zu. Der Busen der Frau schien die Nähte sprengen zu wollen, ihre stechenden blauen Augen blitzten triumphierend.
“Seit wann bist du denn hier?” wollte sie wissen. Sie riss Constantin regelrecht an sich und küsste ihn ausgiebig auf den Mund. “Erinnert dich das nicht an Monte Carlo, Darling?” hauchte sie, während sie mit beiden Händen über seinen Körper fuhr und dabei in Regionen geriet, die eine anständige Frau in der Öffentlichkeit besser nicht kontaktierte.
Constantin machte sich gelassen, doch entschlossen los. Sein Gesicht war kaum wahrnehmbar gerötet. Aus dem Augenwinkel warf er Rosie einen gespannten Blick zu.
“Justine, das ist meine Frau Rosalie”, sagte er ein wenig von oben herab.
“Oh, tu dir meinetwegen keinen Zwang an”, flötete Rosie. “Besitzdenken ist mir fremd.”
“Was, du bist verheiratet – du?” Justine schien wie vom Donner gerührt und geruhte nun, Rosie wahrzunehmen. “Mit ihr?” Sie beäugte Rosie von oben bis unten und konnte es offenbar nicht fassen. “Warum das denn?”
“Wenn ich mal in der richtigen Laune bin, leihe ich Ihnen meinen Mann gern aus.” Rosie lächelte strahlend. Dann drehte sie sich um und ging mit hoch erhobenem Haupt aus dem Hotel. Draußen war es dunkel, ihr Kopf schwirrte, sie hatte zu viel Champagner getrunken.
Kein Wunder, dass Constantin nicht nach dem attraktiven Mädchen geschaut hatte. Monte Carlo, Nizza, Partys … Und dieser Kerl hatte den Nerv, Rosie ein Flittchen zu nennen! Sie lief nicht halb nackt in Restaurants herum, und sie würde eher im Boden versinken, als sich einem Mann in aller Öffentlichkeit derartig an den Hals zu werfen.
Sie hatte nur ein paar Schritte getan, als Constantin neben ihr war. Er ergriff ihren Unterarm. “Sag mal, wie kannst du so abfällig über unsere Beziehung sprechen?” schnaubte er.
“Lass uns eins klarstellen, Constantin”, begann Rosie. Vor Zorn war ihr Gesicht fast so dunkel wie seins. “Ich betrachte mich nicht als verheiratet. Hast du das begriffen? Sollte ich jemals heiraten, dann einen Mann, den ich zumindest mag und achte. Und das wird mit Sicherheit kein eingebildeter, gefühlloser Klotz sein, der mit zweierlei Maß misst und dabei nicht fähig ist, über puren Sex hinauszudenken.”
“Sprich nicht so mit mir!” stieß Constantin hervor.
“Und dein Geschmack, was Frauen betrifft, ist unter aller Kritik!” zischte Rosie. Sie konnte nicht anders, das musste sie loswerden. “Warum verschwendest du deine Zeit überhaupt mit mir? In Monte Carlo ist es garantiert lustiger, Darling. Du bist ein oberflächlicher Frauenheld, einen wie dich würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen!”
“Rosie … Ist das dein Ernst?” keuchte Constantin.
“Und ob es das ist, Darling!” Sie hatte sich in Rage geredet, sie bebte vor Wut.
Plötzlich zuckte ein Blitz auf. Einen Augenblick lang war Rosie geblendet.
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