Spuk im Hotel
behängt.
Justus winkte sie mit einer Geste vor die Tür. Nach kurzer Zeit kam sie ihm nach. Offenbar hatte sie bemerkt, was ihm aufgefallen war. »Ich werde diesen Verbrechern keine weitere Gelegenheit mehr geben, mich zu bestehlen. Also trage ich meinen ganzen Schmuck, bis wir sie entlarvt haben und sie hinter Schloss und Riegel sitzen.« Ihre Augen blitzten wie die kleinen Diamanten an ihrer Halskette.
Justus verzichtete darauf, ihr zu widersprechen, obwohl es ihn gereizt hätte. Denn richtige Diebstähle hatte es ja bisher gar nicht gegeben. »Gut, dass ich Sie treffe, Mrs. Black«, sagte er. »Gestern kam ich an Mrs. Silverstones Zimmer vorbei, und weil die Tür offen stand, konnte ich sehen, dass sie einen Safe in der Ecke stehen hat. Gibt es noch andere Zimmer mit einem Safe?«
»Nein«, erwiderte Amanda, »warum?«
»Ach, nichts. Ich frage mich nur, warum gerade Mrs. Silverstone das Zimmer mit dem Safe hat.«
»Ganz einfach. Weil sie es immer bekommt, wenn sie bei mir wohnt.«
»Und wie lange tut sie das schon?«
Amanda überlegte. »Sechs Jahre, schätze ich. Oder acht.«
»Ich meine, seit wann wohnt sie in diesem Jahr bei Ihnen?«
»Seit gut drei Wochen, wenn ich nicht irre.«
»Und Sie geben ihr jedes Mal dieses Zimmer?«
»Immer.«
»Erinnern Sie sich noch, wie es ganz am Anfang dazu kam?«
»Aber, junger Mann«, rief Amanda, raffte den Schal um ihren Hals und breitete die Arme aus. »Wie soll ich denn das heute noch wissen?«
»Gewiss«, sagte Justus, deutete eine Verbeugung an und ging zu Georgette in die Küche. Schließlich war ihm nicht entgangen, dass sie dabei war, einen ihrer wundervollen Kuchen zu backen.
Mord bis Seite 20?
Aber kaum hatte er die Pendeltür hinter sich gelassen und den verführerischen Geruch aus Georgettes Backofen aufgenommen, hörte er Stimmengewirr aus der Eingangshalle.
»Das geht nun doch entschieden zu weit!«, trompetete eine Männerstimme. »Wird denn in diesem Hause alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist?«
Justus streckte den Kopf zur Tür hinaus, und da sah er auch schon Mr. Garfield gestikulierend vor Linda stehen. Die arme Linda!, dachte er. Sie muss alles ausbaden. Hilflos sah sie an Garfield hoch, der in seiner Erregung ständig an seiner Fliege zupfte. Dabei war ihr Sitz wie immer perfekt. »Nur gut, dass ich mein Geld herausgenommen habe. Da hatte ich wohl so etwas wie einen sechsten Sinn.« Garfield erspähte Justus und war froh, einen neuen Adressaten für sein Klagelied gefunden zu haben. »Meine Brieftasche ist weg!«, rief er, während seine Hand immer wieder vergeblich in die Innentasche seines Jacketts fuhr. »Einfach fort! Unglaublich!«
»Was war denn drin?«, wollte Justus wissen.
»Meine Papiere! Mein Führerschein! Wichtige Dokumente! Lauter Dinge, mit denen diese Verbrecher doch gar nichts anfangen können!« Garfield schien der Verzweiflung nahe, und Justus konnte es sich nicht verkneifen, eine etwas verächtliche Grimasse zu ziehen. Einen Kriminalschriftsteller stellte er sich jedenfalls ganz anders vor. Garfield machte keineswegs einen souveränen Eindruck. Die Vorstellung, die er hier gab, wurde auch nicht viel besser dadurch, dass er diesmal wenigstens nicht dauernd »Müssen Sie wissen« sagte, wie in der Pizzeria in Rocky Beach.
Die Schwingtür öffnete sich, und Mr. Simpson kam herein. Natürlich interessierte er sich sofort sehr für den Schicksalsschlag, der seinen Tischnachbarn getroffen hatte. Aufmerksam hörte er die Geschichte an und schlug dann vor, auf Garfields Zimmer zu gehen und nach der Brieftasche zu suchen. »Sie wissen doch selbst, alter Freund«, verkündete er etwas von oben herab, »in neun von zehn solcher Fälle findet man die Brieftasche in einem anderen Jackett wieder.«
Garfield zeigte sich dankbar, in seiner Not einen Helfer gefunden zu haben.
»Übrigens«, sagte Simpson vernehmlich und tippte dabei mit dem Zeigefinger an die Stirn, wie es Leute tun, wenn sie anderen zu verstehen geben wollen, wie clever sie sind, »mir könnte das nicht passieren, bestohlen zu werden. Ich sorge dafür, dass niemand das findet, was für mich wichtig ist.« Dann klopfte er mit der rechten Hand auf seine Brusttasche. Als Justus zehn Minuten später wieder an der Rezeption vorüberkam, waren die beiden schon zurückgekehrt und offenbar bester Stimmung. »Sehen Sie, Justus«, Simpson nahm Garfield eine elegante Brieftasche aus braunem Leder aus der Hand, »da ist das gute Stück. In der Schublade vom
Weitere Kostenlose Bücher