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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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und Seele und immer für seine Patientinnen da, das fand ich absolut bewundernswert. Allerdings kam er nie vor elf Uhr abends aus der Praxis nach Hause. Als Arzt würde ich das Saxophonspielen vergessen können.
    Vielleicht war es wichtig, diese Alternative im Hinterkopf zu haben. Auf einmal lief es gar nicht so schlecht. Ich schaffte es, meine Scheine zu machen, selbst in Physik und Chemie. Die ersten zwei Semester gingen ruck, zuck vorüber, doch im dritten türmte sich die nächste Hürde auf: der Anatomiekurs. Dazu gehörte das Präparieren an einer Leiche. Das Präparieren an sich machte mir sogar Spaß. Doch was man alles lernen musste, diese Masse an Informationen, ich fühlte mich regelrecht erschlagen. Nie im Leben, dachte ich, würde ich mir das alles merken können. Kopf und Hals waren die schwierigsten Bereiche. Man stand an der offenen Leiche und musste genau erklären, was was ist, selbst kleinste Strukturen, alles, was die Anatomie des Menschen zu bieten hat. Nach zwei Wochen ging ich einfach nicht mehr hin. Dann eben doch Musiklehrerin, beschloss ich und fing mit dem Lehramtsstudium an.
    Dass ich die Medizin am Ende doch nicht hinschmiss, war unter anderem einem Anästhesisten zu verdanken, den ich in dieser kritischen Phase traf. Er arbeitete bei Komapatienten mit Musiktherapie. Diese Kombination fand ich interessant. Irgendwann schüttete ich ihm mein Herz aus. Er zeigte Verständnis, meinte aber, ich solle auf keinen Fall aufgeben.
    Manchmal denke ich, es wäre damals hilfreich gewesen, hätte ich ein richtiges Ziel gehabt. Ich studierte Medizin, um Ärztin zu werden, so weit war es klar. Doch wohin genau sollte die Reise gehen? Ärztin wofür? Das wusste ich nicht.
    Was ich danach tat, kann man nicht unbedingt logisch nennen. Ich halste mir noch mehr Arbeit auf, studierte parallel Medizin und Lehramt, machte mal Scheine für das eine Fach, mal welche für das andere. Wie ich das hinbekam, weiß ich heute auch nicht mehr, aber es funktionierte. Irgendwie schien mich die Musik zu beflügeln.
    An der Uni gab es eine Bigband, da machte ich natürlich auch mit. Geleitet wurde sie von Bob Lanese, einem Amerikaner, der Leadtrompeter bei James Last war, aber auch mit Peter Herbolzheimer, Chet Baker, Robbie Williams, Marius Müller-Westernhagen und vielen anderen Musikern gespielt hatte. Bob hatte beides drauf: Jazz und Unterhaltungsmusik. Für mich wurde er eine Art Mentor. Und er war derjenige, der in mir den Wunsch weckte, nach Hamburg zu gehen, weg aus Münster. Bob wohnte in Hamburg, er leitete auch dort eine Bigband. Und mich lockte die Großstadt.
    Also wechselte ich den Studienplatz, was nicht ganz unkompliziert war, nach einer Weile – ich hatte gerade das erste Staatsexamen in der Tasche – aber doch klappte. Es entpuppte sich als die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Hamburg war genau richtig für mich. Musikmäßig war gut was los, und zu meinem Glück kam ich sogar in einem Wohnheim unter, das hauptsächlich von Musikstudenten bevölkert wurde. Noch dazu lag es ganz in der Nähe der Uniklinik, besser ging es nicht.
    Die neue Stadt und andere Leute waren schon deshalb eine willkommene Veränderung, weil ich davor zwei Monate in London verbracht hatte, in denen ich alles andere als glücklich war. Ich hatte mich am Chelsea and Westminster Hospital für eine Famulatur beworben, die absolvierte ich in der Gynäkologie. Das war eine gute Erfahrung: Patientenaufnahme, Anamnese erfragen, bei Geburten dabei sein und auch bei gynäkologischen OP s.
    Eine andere Erfahrung hätte ich mir dagegen nur allzu gern erspart. Sie hing ausgerechnet mit Dave zusammen, der in London wohnte und den ich dort wiedertraf. Es dauerte nicht lange, und ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Hätte er mir einen Antrag gemacht, wahrscheinlich wäre ich sofort bereit gewesen. Dabei kannten wir uns kaum.
    Nur, Dave machte mir keinen Antrag. Er verpasste mir die Abfuhr meines Lebens. Ich hatte keine Ahnung, dass er sich gerade aus einer unseligen Beziehungskiste befreit hatte. Wenn er in dem Moment etwas gebrauchen konnte, dann war es höchstens Trost, aber sicher keine neue Frau an seiner Seite. Mir brach es das Herz. Ich heulte Rotz und Wasser. Am liebsten hätte ich mich in die Themse gestürzt.
     
    Während sich mein Privatleben wenig erfreulich gestaltete, zumindest was die große Liebe betraf, zeichnete sich beim Studium allmählich ab, in welche Richtung es danach gehen könnte. Noch von

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