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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Gruß. Sumire konnte diesen Weg nicht gegangen sein, ohne von jemandem gesehen zu werden. Es war unmöglich, sich hier irgendwo zu verstecken.
     
    Am Strand war weit und breit niemand zu sehen. Ich zog Hemd und Badehose aus und rannte nackt ins Meer. Das Wasser war klar und fühlte sich herrlich an. Bis weit ins Meer hinein sah man die Steine auf dem Grund glänzen. In der Bucht vor der Mündung ankerte eine große Yacht, deren hoher Mast wie ein riesiges Metronom hin- und herpendelte. An Deck war niemand zu sehen. Sooft eine Welle sich zurückzog, rieben sich unzählige Kieselsteine mit gedämpftem, gelangweiltem Klacken aneinander. Nach dem Schwimmen legte ich mich nackt auf mein Handtuch und schaute in den endlos blauen Himmel. Nicht eine Wolke war zu sehen. Seevögel kreisten auf der Jagd nach Fischen über der Bucht. Ich döste ungefähr eine halbe Stunde. Währenddessen ließ sich kein Mensch am Strand blicken. Irgendwann nahm ich eine eigentümliche Totenstille wahr. Dieser Strand war etwas zu ruhig für jemanden, der ihn ganz allein aufsuchte, etwas zu schön. Er erinnerte mich auf einmal an den Tod. Ich zog mich an und ging den Bergpfad zurück zum Ferienhaus. Inzwischen herrschte eine fast gewalttätige Hitze. Während ich mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte, versuchte ich mir vorzustellen, woran Sumire und Miu gedacht hatten, wenn sie diesen Weg gingen.
    Vielleicht hatte Sumire über ihr Verlangen nach Miu nachgegrübelt, so wie ich manchmal über mein Verlangen nachdachte, wenn ich mit Sumire zusammen war. Ich konnte mir das gut vorstellen. Sumire sah Miu nackt vor sich und wünschte sich, sie in die Arme zu nehmen. Sie durchlebte Spannung, Erregung, Resignation, Ratlosigkeit, Verwirrung, Furcht. Diese Gefühle schwollen an und ebbten ab. Man glaubt, alles wird gut, und in der nächsten Sekunde ist man überzeugt, dass alles scheitern wird. Und am Ende wird gar nichts gut.
     
    Als ich den Bergkamm erreicht hatte, legte ich eine Pause ein und trank einen Schluck Wasser, bevor ich den Hang hinunterwanderte. Als ich das Dach des Ferienhauses sehen konnte, fiel mir Mius Bemerkung ein, Sumire habe, seit sie auf der Insel waren, häufig in ihrem Zimmer an etwas geschrieben. Was das wohl gewesen sein mochte? Miu hatte nicht mehr darüber gesagt, und ich hatte auch nicht nachgefragt. Vielleicht enthielt das, was sie geschrieben hatte, einen Schlüssel für ihr Verschwinden oder eine Spur. Wieso hatte ich nicht schon früher daran gedacht?
     
    Im Haus angekommen, ging ich sofort in Sumires Zimmer, schaltete das PowerBook ein und öffnete den Speicher, entdeckte jedoch nichts Bedeutsames. Eine Liste der Ausgaben während ihrer Europareise, Adressen, ein Terminplan. Nur geschäftliche Daten, die mit Mius Arbeit zusammenhingen. Persönliche Aufzeichnungen waren nicht zu finden. Ich öffnete die zuletzt angelegten Dateien, aber auch da war nichts von Belang. Vielleicht hatte Sumire absichtlich alles gelöscht, weil sie nicht wollte, dass jemand es las. In diesem Fall hatte sie das, was sie geschrieben hatte, bestimmt auf einer Diskette gespeichert. Es kam mir unwahrscheinlich vor, dass sie diese Diskette mitgenommen hatte, als sie verschwand. Der Pyjama hatte ja nicht einmal Taschen.
    Ich durchsuchte die Schreibtischschubladen und fand auch ein paar Disketten, aber auch hier nichts von Bedeutung, nur Kopien der Dateien auf der Festplatte oder andere geschäftliche Aufzeichnungen. Ich setzte mich an den Schreibtisch und überlegte, wo ich an Sumires Stelle diese Diskette verstecken würde. Das Zimmer war so klein, dass man eigentlich nirgends etwas verstecken konnte. Aber Sumire war sehr eigen, was die Leser ihrer Schreibversuche betraf.
    Natürlich, der rote Koffer. Er war das einzig Abschließbare in diesem Raum.
    Der nagelneue Koffer schien leer zu sein, so leicht war er, und als ich ihn rüttelte, klapperte auch nichts darin. Dennoch war das Vierzahlenschloss eingerastet. Ich probierte mehrere in Frage kommende Zahlenkombinationen aus: Sumires Geburtsdatum, ihre Adresse, ihre Telefonnummer, Postleitzahl – alles Fehlanzeige. Hätte ich mir denken können. Eine Nummer, die jeder erraten konnte, eignete sich nicht als Code. Es musste eine Zahl sein, die sie sich zwar merken konnte, die aber nichts mit ihr persönlich zu tun hatte. Nachdem ich lange überlegt hatte, fiel mir ein, dass ich es mit meiner Postleitzahl versuchen könnte – Kunitachi 0425. Mit einem Klicken sprang das Schloss auf.
    In der

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