St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
vor dem Kamin und schlief den Schlaf des Gerechten. Die meisten Gäste waren einige Tage nach dem Maskenball wieder abgereist. Aber Victor nicht. Wie ein geprügelter Hund schlich er durch die Burg, suchte ständig Kates Nähe und sprach sie doch nicht an. Aber jetzt musste sie mit ihm reden, denn sie benötigte seine Hilfe.
Kate betrachtete ihn kurz, stellte fest, dass er durch seinen Kummer etwas vernachlässigt wirkte, und verdrängte die in ihr aufkeimenden mütterlichen Gefühle, die sich bei ihr einstellten. »Victor?«
»Hm ... Oh, Kate! Wie spät ist es denn?« »Keine Ahnung, Victor, aber bitte wach auf, ich brauche Eure Hilfe. Ihr müsst mir einen großen Gefallen tun, etwas sehr Wichtiges!«
Victor war jetzt hellwach. »Nennt Euren Wunsch, und schon ist er erfüllt!«
»Ihr sagtet doch einmal, Ich könnt vermisste Menschen aufspüren.«
»Sagt mir nur den Namen des oder der Betreffenden!« »Es geht um einen Mann, der einmal in diesem Dorf gelebt hat - Rafe Mortmain.«
»Ha! Als St. Leger ist mir dieser Name natürlich unangenehm vertraut!«
»Fein, dann sucht ihn. Ich muss ihn finden, denn nur er kann uns dabei helfen, Val zu retten.«
»Ihr wollt einen Mortmain aufsuchen? Das ist der helle Wahnsinn ... Sagt bloß, dass Ihr Val so sehr liebt.« »Für ihn würde ich mein Leben geben.« Victor zuckte zusammen.
»Tut mir Leid«, sprudelte es über ihre Lippen, als sie den Schmerz in seinen Augen sah. Sie wollte seine Hand ergreifen, aber er wehrte ab.
»Kein Wort mehr darüber. Mir scheint endlich zu Bewusstsein gekommen zu sein, zu was für einem Narren ich mich wegen Euch gemacht habe.« »Vielleicht konntet Ihr gar nichts dafür«, gestand sie ihm zerknirscht ein und berichtete ihm von dem mehr oder weniger schief gegangenen Liebeszauber. Victor lachte nur auf. »Eure Erklärung hat einen kleinen Schönheitsfehler, Kate. Ich habe nämlich schon vor Halloween beschlossen, mich in Euch zu verlieben.« Was für eine sonderbare Formulierung. »Ja, glaubt Ihr denn, ein so starkes Gefühl ließe sich mit dem Verstand steuern?«
Victor starrte sie verständnislos an. Dann entgegnete er: »Nun, ich habe mich in Euch verliebt, weil Ihr so schön seid.«
»Das sind aber eine ganze Reihe anderer Frauen auch.« »Hinzu kommt wohl, dass Ihr einen so starken Willen habt und Euch auch sonst von mir unterscheidet. Meine Vettern und sogar mein Großvater haben mich wegen meiner dandyhaften Art verachtet ... und da hoffte ich, mit Euch...«
»Aber Victor, begreift Ihr denn nicht, dass es eine Frau gibt, die Euch so will, wie Ihr seid? Mollie Grey nämlich!« »Ach, die Familientradition hängt mir wie ein Mühlstein am Hals. Man sagt mir, wen ich zu heiraten habe, und dem muss ich mich fügen. Wann immer ich Mollie sehe, fällt mir das wieder ein, und dann möchte ich am liebsten die Beine in die Hand nehmen und davonrennen.« »Victor, dank Val kenne ich mich ein wenig in der Geschichte Eurer Familie aus. Den meisten St.-Leger-Männern ergeht es so, wenn sie mit dem Umstand konfrontiert werden, dass für sie eine Braut gefunden wurde. Als Anatole Madeline zum ersten Mal begegnete, wollte er sie sofort zurück nach London schicken. Und Lance hat es Rosalind am Anfang ziemlich schwer gemacht, ihn zu mögen.«
Der Jüngling runzelte die Stirn. »Und ich dachte immer, wenn ein St.-Leger-Mann zum ersten Mal vor seiner Auserwählten stünde, würde ihm sofort das Herz entflammen.«
»Leider verhält es sich nicht unbedingt so. Der Brautsucher kann ihn nur auf die Richtige hinweisen. Was er und sie dann daraus machen, bleibt ihnen selbst überlassen ... Aber ich glaube, Ihr solltet Euch und Mollie eine zweite Chance geben.«
»Einverstanden, Kate. Und ich will auch Rafe Mortmain finden. Aber nur unter einer Bedingung: Ich werde derjenige sein, der ihn holt.«
Als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck sah, fügte er grinsend hinzu: »Keine Sorge, ich gehe nicht allein, sondern nehme Caleb und ein paar weitere von meinen Vettern mit. Zusammen werden wir ihn schon aufspüren. Aber nur, wenn Ihr mir versprecht, hier zu bleiben.« »Also schön, meinetwegen. Doch Ihr müsst Euch sputen.« Nach wenigen Minuten hatte Victor Rafe in dem Hafenstädtchen Falmouth ausgemacht, wo er in einem Gasthof untergekommen sei.
Victor bestand aber darauf, dass Kate bei Val bleibe. »Versprecht es mir.« »Ja, natürlich, selbstverständlich.« Sie sah ihn dabei nicht an. Val hätte sie nichts vormachen können, aber Victor ließ
Weitere Kostenlose Bücher