St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
nicht falsch gelegen. Beinahe wäre es Rafe gelungen, sowohl Lance als auch ihren geliebten Val zu vernichten. Kate wagte nicht, an die Zeit zurückzudenken, in der man davon ausgehen musste, dass der Arzt seinen Verletzungen erlegen sei.
Seit damals erhob Kate ihr Glas, auch wenn es nur Limonade enthielt, um auf den Untergang der Mortmains anzustoßen.
Doch heute schien Valentine sich nicht über ihren Vorschlag zu freuen. Mit gerunzelter Stirn meinte er: »Das ist doch eine ziemlich dumme und überflüssige Tradition, nicht wahr? Die Mortmains stellen nun wirklich keine Bedrohung mehr für uns dar. Jedenfalls keine, an die man einen Trinkspruch verschwenden müsste. Denk dir bitte etwas anderes aus, Liebes.«
»Meinetwegen«, entgegnete sie, ein wenig verärgert über diese Zurückweisung. »Dann eben auf deine wundersame Heilung und unsere Freundschaft«, schlug die junge Frau vor.
»Auf unsere Freundschaft!«, wiederholte er, schien aber von diesem Trinkspruch ebenso wenig begeistert zu sein wie von dem vorangegangenen. Mit bitterer Miene leerte er sein Glas und füllte es dann gleich wieder auf. Kate beobachtete ihn beunruhigt, ehe sie sich erneut dem Feuer zuwandte. Sie bewegte die Scheite mit dem Eisen, legte die glühenden Stücke darunter frei und sah die Flammen auflodern. Das erinnerte sie unangenehm an ihr Feuer letzte Nacht. Fast wünschte sie, niemals das Zauberbüchlein Prosperos entdeckt zu haben.
»Bist du aus einem bestimmten Grund heute zu mir gekommen, Kate?«
Vals Stimme ertönte direkt neben ihrem Ohr. Sie fuhr vor Schreck zusammen und hätte beinahe das Schüreisen fallen lassen. Wie war es ihm nur möglich gewesen, sich hinter sie zu schleichen, ohne dass sie etwas davon mitbekommen hatte?
Kate sagte sich mit gemischten Gefühlen, dass sie sich an seine neue Bewegungsfreiheit erst noch gewöhnen müsse. Und an die anderen Dinge auch, die sich bei ihm gewandelt hatten.
Der Arzt stellte sich vor sie, lehnte sich mit einem Ellbogen auf den Kaminsims und ragte wie ein Turm vor ihr auf. Seit er den Stock abgelegt hatte, hatte er auch eine andere Körperhaltung.
Kate wurde in diesem Moment bewusst, dass sie sich vor ihm fürchtete ... vor Val, dem besten Freund ihres Lebens.
Obwohl das Feuer schon wieder munter brannte, hantierte sie weiterhin mit dem Eisen herum. »Nun, meine Liebe?«, drängte der junge St. Leger, ihm eine Antwort zu geben.
Wenn es einen Moment gab, die vorbereiteten Lügen aufzutischen, dann war der jetzt gekommen. Sie würde ihre Entschuldigungen hervorstammeln, dass sie sich ihm neulich Nacht an den Hals geworfen hatte; würde versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass die Freundschaft für sie das Allerwichtigste sei...
Doch dann sagte sie: »Ich wollte dich einfach sehen ...
weil ich dich ziemlich vermisst habe.«
»Vielleicht wäre es aber klüger gewesen, wenn du dich
weiter von mir fern gehalten hättest.«
Die junge Frau lachte etwas zu schrill: »Hast du je erlebt, dass ich klug gehandelt habe? Außerdem sind wir doch noch Freunde, oder?«
Da er nicht gleich antwortete, sah sie ihn vorsichtig an. Eine grüblerische Miene breitete sich auf seinen Zügen aus, die ihm so gar nicht ähnlich sah. Dabei spielte er mit den Erinnerungsstücken auf dem Sims - dem fadenscheinigen Handschuh, dem alten Fächer und dem Elfenbein-Medaillon mit dem Abbild von Dr. Marius St. Legers verlorener Liebe.
Kate legte das Schüreisen ab und stellte sich vor ihn. »Val?«
Er hörte sie gar nicht. Die junge Frau musste ihn noch einmal beim Namen rufen, ehe er wie aus weiter Ferne zu ihr zurückkehrte. Sofort breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.
»Tut mir Leid, ich habe gerade über etwas nachgedacht. Meinst du nicht auch, dass ich diesen ganzen Plunder zusammenpacken und Dr. Marius schicken soll? So bald kehrt er ja doch nicht zurück.«
Er tippte auf das Bildnis von Anne Syler. »Oder soll ich alles gleich ins Feuer werfen?«
Kate riss die Augen weit auf. Das konnte unmöglich sein Ernst sein.
»Aber Val, was redest du da, das sind doch die teuersten Erinnerungsstücke des Arztes. All das, was ihm von ihr geblieben ist -«
»Von einer Frau, die seit über dreißig Jahren tot ist. Mein Onkel sollte Anne endlich vergessen und sich oben in Schottland eine nette Witwe suchen.« »Aber du hast mir doch immer gesagt, das ginge nicht. Anne war seine auserwählte Braut, und der Familiensage nach -«
»Verdammte Sage!«, knurrte der junge St. Leger und schlug so fest
Weitere Kostenlose Bücher