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ST - TOS 104: Der Friedensstifter

ST - TOS 104: Der Friedensstifter

Titel: ST - TOS 104: Der Friedensstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerry Oltion
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geschieht das unmittelbar bevor sie ihren Nachbarn überfallen.«
    Die Frau in der Mitte sagte: »Das haben wir schon vor Jahrtausenden ausprobiert. Dabei stellten wir fest, dass man nicht mehr aufhören kann, wenn man einmal mit dem Kämpfen begonnen hat. Es gibt immer jemanden, den man angreifen oder gegen den man sich verteidigen kann, oder irgendwelche ideologischen Streitpunkte, die die Leute zur Wut anstacheln. Als Volk erkannten wir, dass es eine sinnlose Lebensweise ist, doch als Individuen streben wir trotzdem alle nach Ruhm.«
    »Also begannen Sie, gegen sich selbst Krieg zu führen?«
    »Genau. Wir haben gelernt, dass man über seine gewalttätigen Neigungen hinauswachsen kann, aber man braucht trotzdem etwas, das das Leben definiert, das ihm einen Rahmen gibt. Und wir haben festgestellt, dass der Tod dazu recht gut geeignet ist.« Sie deutete auf den leeren Sessel. »Setzen Sie sich.«
    Kirk setzte sich. Sein Sessel stand neben der zweiten Frau, die bisher noch nichts gesagt hatte. Sie nickte ihm zu, schwieg aber weiterhin.
    »Einen Unterschied gibt es nur dann, wenn jemand alles verliert, was ihm lieb geworden ist«, sagte die erste Frau. »Das bringt die Leute zum Nachdenken. Wir versuchen, die Kämpfe nur sporadisch aufflammen zu lassen, damit sie genügend Zeit haben, ein zweites Leben zu begründen, bevor wir sie erneut in den Krieg schicken, damit sie noch mehr verlieren. Es kommt äußerst selten vor, dass wir jemandem ein drittes Leben geben müssen.«
    »Das ist … ein sehr hartes System«, sagte Kirk, der sich bemühte, diplomatisch zu bleiben.
    »Das Leben ist hart. Und es wird umso härter, je mehr man sich der Gewalt hingibt. Bedauerlicherweise erhalten die meisten Lebewesen keine zweite Chance, zu dieser Erkenntnis zu gelangen, weil sie inzwischen den größten Teil ihres Lebens vergeudet haben.«
    »Das scheint trotzdem der Fall zu sein«, erwiderte Kirk, während er das weiße Haar und die runzlige Haut aller drei Nevisianer betrachtete. Oder waren es nun Arnhallianer?
    Damit entlockte er der Frau, die bisher geschwiegen hatte, eine erste Reaktion. Sie warf den Kopf zurück und lachte. Es war nicht das leise Lachen der anderen beiden, sondern ein lautes, krächzendes Lachen, das Kirk durch Mark und Bein ging. »Ein Punkt für den Fremden«, sagte sie. »Er hat euch Relikte auf den ersten Blick durchschaut.«
    »Wenn ich Sie richtig verstehe«, sagte Kirk zu ihr, »teilen Sie nicht die Ansicht Ihrer Kollegen.«
    »Sie haben es erkannt«, sagte sie und reichte ihm die Hand. »Ich bin Narine, die Erste Advokatin. Man duldet mich hier, weil man gelegentlich etwas zu lachen haben möchte.«
    Kirk ergriff ihren Unterarm, wie er es vom Großen General gelernt hatte. Sie schien erfreut, dass er mit dieser Geste vertraut war.
    Dann zeigte sie auf den Mann. »Das ist Kenan, der Zweite Advokat, und neben ihm sitzt Hadock, die Dritte Advokatin.«
    »Was hat diese Nummerierung zu bedeuten?«, fragte Kirk.
    »Sie bezieht sich auf die Lebensstadien«, sagte Narine. »Ich spreche für die Leute, die noch nicht gestorben sind. Kenan vertritt jene, die zum zweiten Mal leben, und Hadock spricht für alle, die nach Arnhall gekommen sind.«
    Kirk war leicht überrascht. »Trotzdem sind Sie es, die das System nicht gutheißt? Nach allem, was Sie erzählt haben, ist die Jugend am aggressivsten. Und nach allem, was ich erlebt habe, scheint sie am meisten vom Krieg begeistert zu sein.«
    »Die Jüngsten sind auch am leichtesten zu beeindrucken. Gleichzeitig haben sie am meisten zu verlieren. Ich war neun Jahre alt, als ich hierher kam. Das war vor siebzig Jahren, und ich vermisse meine Mutter immer noch sehr.«
    Kenan sagte: »Ach, fang nicht schon wieder von deiner Mutter an! Sie war jahrelang in Arnhall. Du hättest sie jederzeit sehen können, wenn du nur gewollt hättest.«
    Narine runzelte die Stirn. »Aber ich war ihr vollkommen gleichgültig. Als sie hierher kam, hatte sie längst eine zweite Familie großgezogen – und auch diese verloren. Sie wollte keine engen Bindungen mehr knüpfen. Das ist es, was euer großartiges Reinkarnationssystem erschafft: kaltherzige Fatalisten, die nie wieder Schmerz empfinden wollen. Sicher, sie wollen nicht mehr kämpfen. Aber sie
leben
auch nicht mehr.«
    »Genau dasselbe hat Ginn Donan vor fünftausend Jahren gesagt, aber es ist immer noch besser als die Alternative.«
    Es klang, als hätten sie schon häufig über dieses Thema diskutiert. Vielleicht hätten sie alles

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