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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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einiger zwangloser Dates, gefolgt von gemeinsamer Freizeitgestaltung und allfälligen Essenseinladungen eingehalten, ehe sie mit einem Mann ins Bett gestiegen war. Vielleicht war genau das der Fehler, vielleicht sollte sie einfach spontaner sein, und den Funken der Leidenschaft nutzen, solange er glühte. Den Verstand beiseitelassen und einfach auf das Gefühl hören. Vielleicht würde sie dann endlich das bekommen, was sie wollte.
    Mit diesen Gedanken folgte sie Hendrik zurück zum Jeep, wo er den Eimer auf die Ladefläche stellte. „In einer Stunde brechen wir auf.“ Mehr sagte er nicht, er machte auch keinen weiteren Versuch, sie zu berühren, aber seine Blicke wanderten wie eine exquisite Liebkosung über ihre Gestalt.
    Tessa riss sich widerwillig aus dem Bann und sah zum Schiff hinüber. Berit stocherte noch immer in dem Erdhaufen herum. Ihre Beharrlichkeit erstaunte Tessa nicht. Das war Berits zweite Natur.
    Sie ging zu ihr hinüber. „Hast du etwas gefunden?“
    „Nein, keinen Knochen, keinen Zahn, keinen Ring, keine Haarspange, kein gar nichts.“ Berit klang weniger wütend, als Tessa erwartet hatte.
    „Immerhin haben wir die Ketten. Und das Schiff“, sagte sie deshalb vorsichtig, weil sie noch immer mit einer Explosion rechnete.
    „Genau.“ Berit nahm den Inhalt des Eimers in Augenschein, den einer der Männer gerade vor ihr ausschüttete. „Damit sollten wir uns zufriedengeben.“ Sie bückte sich und hob etwas hoch. „Oder auch nicht.“ Triumphierend schwenkte sie den Gegenstand in der Luft.
    „Was ist das?“ Tessa kam näher, während Berit mit den Fingerspitzen den Schmutz von dem Ding in ihrer Hand wegwischte.
    „Eine Maske würde ich sagen.“ Sie hielt Tessa den Gegenstand entgegen. Tatsächlich schien es sich um eine Maske zu handeln. Ein leicht gebogenes ovales Objekt, das völlig schmucklos gearbeitet war. Keine Verzierungen, keine Edelsteine, kein Gold oder Silberdraht. Für die Augen waren zwei ungleichmäßige Löcher ausgeschnitten worden, ein schmaler Schlitz markierte den Mund, und anstelle der Nase befand, sich ebenfalls eine dreieckige Öffnung. Die Ränder wirkten rau und gezackt.
    Tessa drehte das Ding zwischen den Fingern. Schwammig, aber nicht so nass, dass es völlig die Konsistenz verlor. Leder, vermutete Tessa. Oder gewachstes Leinen. Sie hob es ans Gesicht, aber es roch nur nach Erde und Feuchtigkeit.
    „Wir müssen es vorsichtig trocknen“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Berit.
    „Im Jeep haben wir ein paar Tücher, darin können wir die Maske einwickeln.“
    „Es wird ohnehin Zeit, dass wir zusammenpacken, Hendriks Männer haben schon damit angefangen. Wir kommen morgen wieder, da gibt es vielleicht auch schon von den Statikern ein Ergebnis.“

fünf
     
    Tessa hielt die Maske zwischen zwei Tüchern, als sie gemeinsam mit Berit und den Männern vom Bergungstrupp die Pension betrat. Vom Hausherrn war nichts zu sehen, in der Lobby vor dem Empfangstisch standen mehrere Kisten. Aus der obersten lugten Bananen und Salatköpfe.
    Berit stieß einen spitzen Schrei aus. „O mein Gott. Ich träume … eine Vision … Obst und Gemüse! Sieht so aus, als wären unsere Gebete erhört worden und Mister Wunderbar hat klein beigegeben.“
    Nick Dayton kam vom Frühstücksraum auf sie zu. „Sagen wir, Sie haben gewonnen, Ma’am.“ Mit diesen Worten nahm er die oberste Kiste und trug sie in die Küche.
    Tessa betrachtete aus der Entfernung die Konserven in der nächsten Kiste – Kjøttboller in verschiedenen Variationen sowie Frühstücksfleisch – und unterdrückte ein Schaudern, während Berit den Inhalt ohne Scham inspizierte. „Cornflakes, Knäckebrot und Eier“, stellte sie dann enttäuscht fest und hob eine kleine Aluschale hoch. „Was will er denn mit dem Katzenfutter? Er hat ja gar keine Katzen.“
    „Vielleicht das Tagesgericht für morgen.“ Hendrik grinste. „He, Nick, wir planen heute Abend hier zu essen. Was können Sie uns empfehlen?“
    „Kjøttboller nach Art des Hauses“, entgegnete Nick und schulterte die nächste Kiste.
    „Einverstanden“, rief ihm Berit nach. „In einer Stunde dann.“
    Auf ihrem Zimmer angekommen, legte Tessa die Maske auf den Tisch und schlug die Tücher auseinander, in denen sich Nässe und Schmutz gefangen hatten. Sie holte aus dem Bad ein Handtuch und legte die Maske vorsichtig dazwischen.
    Dann erst zog sie ihre schweren Trekkingschuhe aus und hängte die Jacke an einen Haken. Sie war müde und nicht besonders

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