Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
dass ich lernte, Schecks auszustellen, die ich auch decken konnte.
»Also gut, Majestät, Ihr habt gewonnen. Bindet ihn bitte gleich. Ich habe in drei Stunden meinen nächsten Termin.«
Drei rote Tropfen fielen zischend in die Glut des Kohlenbeckens. Der Geruch von verbranntem Menschenblut erfüllte den kleinen Raum. Ich verzog das Gesicht.
Eine Bindung fand statt, ein Ritual, das Dereks Eid an die Magie seines Bluts band. Das Problem war bloß, dass so ein Bluteid nicht allzu viel garantierte. Derek würde eine starke Abneigung dagegen empfinden, unter diesen Umständen gegebene Versprechen zu brechen, aber das war’s dann auch schon. Vor die Wahl gestellt, entweder einen Bluteid oder eine stärkere Verpflichtung, wie etwa die Rudeltreue, zu brechen, würde er den Eid höchstwahrscheinlich missachten.
Der große, schlanke Alphawolf intonierte die Worte des Gelübdes. Derek sprach sie nach, und die Ströme der Macht leckten spiralförmig die unglaublich hohen Wände des Raums hinauf, empor zu der in Dunkelheit gehüllten Decke. Der Rudelrat, der rings um das Kohlenbecken einen Kreis gebildet hatte, sprach wie mit einer Stimme ein einziges Wort. Derek hielt eine Hand über die Flammen. Der Alphawolf ritzte Derek den Unterarm auf und ließ das Blut in das Kohlenbecken tropfen, um das Gelübde zu besiegeln. Nun folgte eine Reihe von Gelöbnissen. Gestaltwandlerblut gerann schnell, und der Alphawolf musste die Wunde etwa jede halbe Minute neu öffnen. Die ganze Bindung dauerte fast eine Viertelstunde. Nach etwa der Hälfte der Zeit biss Derek jedes Mal die Zähne zusammen, wenn die Messerklinge seine Haut berührte. Der Arm musste ihm höllisch wehtun.
Ich hörte mir die Gelöbnisse an. Derek gelobte, mich notfalls unter Einsatz seines Lebens zu beschützen. Er gelobte, mir in Gefahr und im Frieden beizustehen, solange das Rudel es verlangte. Er gelobte, die Ehre des Rudels als Ganzes und die Ehre seines Wolfsrudels im Besonderen hochzuhalten. Ich bekam nicht bloß einen Leibwächter. Ich bekam einen zweiten Schatten, und wenn mir gegenüber jemand auch nur die Stirn runzelte, war Derek ehrenhalber verpflichtet, Hackfleisch aus ihm zu machen.
Da stand er also, zuckte immer wieder zusammen, sah dabei verloren aus und jämmerlich und irgendwie viel jünger als ich. Ich wandte mich ab und verließ leise den Raum, trat in den schummrig beleuchteten Korridor. Hier war die Luft kühl und roch erstaunlicherweise ein wenig nach Zitrone. Ich lehnte mich an die Wand, hielt mir die Hände vors Gesicht und schloss für einen Moment die übrige Welt aus. Es würde ein wenig dauern, bis der Bluteid wirksam wurde, und Derek musste sich währenddessen an meiner Seite aufhalten, sonst wäre sein Gelübde wertlos. Er würde in meiner Wohnung übernachten müssen, würde gemeinsam mit mir essen müssen, würde mit mir ins Casino müsse n … Das Casino. Argh.
»Ein schwacher Magen«, sagte Curran, der plötzlich neben mir stand.
Ich zuckte nicht zusammen. Nein, es war eher schon ein richtiger Hüpfer. »Du machst das absichtlich, nicht wahr?«
»Was?«
»Ach, egal.«
Ich rieb mir das Gesicht, doch die Erschöpfung wollte nicht weichen. Es war nur die Müdigkeit nach einem Adrenalinstoß. In ein paar Minuten würde ich wieder ganz die Alte sein.
»Das hier ist alles eine Nummer zu groß für dich«, meinte Curran.
Was du nicht sagst. »Ich habe das nicht allzu gut gehandhabt, nicht wahr?«
»Nein, hast du nicht«, sagte er. Und in seiner Stimme schwang keinerlei Mitgefühl mit.
Ich hätte gern gefragt, ob ich noch mal von vorne anfangen könnte. Ich wäre beim zweiten Mal zurückhaltender gewesen. Nicht ganz so großmäulig. Doch leider kann man im wahren Leben nur selten tatsächlich noch einmal von vorne anfangen.
»Ich fahre von hier aus ins Casino. Ich muss wissen, ob ich Derek dorthin mitnehmen kann. Nataraja liebt es, mir auf die Nerven zu gehen. Wenn Derek dann ausrastet und einen auf Wolf macht, wäre das wirklich unangenehm.« Die Untertreibung des Jahres.
»Weißt du irgendetwas über den Kode?«
»›Der Kode ist der Weg‹«, zitierte ich. »›Er ist Ordnung inmitten des Chaos; er ist geistige Klarheit inmitten der Umnachtung.‹« Curran sah mich an. Da seid Ihr platt, was, Majestät? Ja, ich habe es gelesen. Und zwar viele Male. »Ohne den Kode geraten die Gestaltwandler aus dem Gleichgewicht. Die Bestie gewinnt die Oberhand, bringt sie dazu, zu morden und ihre Opfer aufzufressen. Und der Verzehr von
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