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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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aber seine Stimme klingt etwas gepresst. »Ihm geht es wie mir, abends zu viel Bier … Nein, im Ernst, in letzter Zeit knicken ihm ab und zu die Hinterbeine weg.«
    Ich gehe zu Robbie hinüber und hocke mich neben ihn. Ich streichle seinen Kopf und lasse meine Hände über seine Schultern gleiten, ehe sie auf die Narbe an seiner Brust treffen.
    »Wie ist das passiert?«, frage ich und zeichne die Narbe mit dem Finger nach.
    »Hier ist das Gegenstück dazu.« Clive zieht sein Hemd hoch und deutet auf eine gezackte Narbe, die vom Brustbein über seinen runden Bauch verläuft und unter dem Bund seiner Boxershorts verschwindet. »Ich war Hundeführer bei der Londoner Polizei.« Er steckt das Hemd zurück in die Hose. »Nach einem Überfall auf eine Tankstelle durchsuchten Robbie und ich ein altes Fabrikgelände nach zwei Verdächtigen. Einer von ihnen hat mich mit einem Messer angegriffen und mir den Bauch aufgeschlitzt. Robbie ist dazwischengegangen, ehe er sein Werk vollenden konnte.« Clive beugt sich vor und zerzaust Robbie das Fell, seine Stimme klingt brüchig. »Er hat mir das Leben gerettet.«
    Ich weiß nicht, wieso mich der Anblick dieser beiden so berührt, allerdings hätte ich in diesem Moment kein Wort herausgebracht, selbst wenn es um mein Leben gegangen wäre …
    »Nachdem unsere Verletzungen ausgeheilt waren, haben wir den Dienst wieder aufgenommen, doch ich konnte einfach nicht mehr. Ich bin in Frühpension gegangen, Edie – meine Frau – hat ihren Job gekündigt, und wir sind hierhergekommen. Wir wollten immer schon nach Devon ziehen und einen Pub eröffnen. Das war unser großer Traum.« Er lächelt wehmütig. »Der sich bald als Albtraum entpuppte. Die Mühle wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen kostet mehr als doppelt so viel, wie wir gedacht hatten, und es ist verdammt harte Arbeit.«
    »Ich glaube, dann bleibe ich doch lieber Tierärztin.« »Das Gröbste haben wir hinter uns«, sagt Clive. »Jetzt müssen wir nur noch genügend Kundschaft anlocken.«
    Wem sagen Sie das, denke ich, als er leiser fortfährt: »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe gemerkt, dass es eine Weile dauert, ehe man sich an das Tempo und die Leute hier in Talyton gewöhnt. Wir durften nur deshalb dieses Jahr das Bierzelt übernehmen, da unser Pub an der Reihe war. Der Besitzer des Duck and Dragon, der aussieht, als säße er schon seit hundert Jahren hinter seiner Theke, hat bei der letzten Bürgerversammlung versucht, die Regel mit der Begründung außer Kraft zu setzen, dass Edie und ich nicht im Umkreis von zwanzig Meilen um Talyton geboren sind.« Er grinst. »Ich weiß nicht, was sie gemacht haben – vielleicht haben sie die Runen befragt –, doch es ist nun einmal Tradition, dass der Pub zählt, nicht der jeweilige Besitzer.«
    Ich kichere beim Gedanken an die Runen. Es würde mich jedenfalls nicht wundern. Ich mag Clive. Vermutlich weil er weiß, wie es ist, ein Außenseiter zu sein.
    Ich untersuche Robbie kurz, prüfe seine Reflexe und ziehe ihn ein wenig durch die Gegend. Mir ist elend zumute. Ich könnte Röntgenaufnahmen oder ein CT vorschlagen, um Arthrose oder andere Schädigungen der Wirbelsäule auszuschließen, aber anhand des Muskelschwunds und Robbies allgemeiner Schwäche ist die Diagnose eigentlich klar. Ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass er an einer degenerativen Erkrankung leidet, die zu einer allmählichen Lähmung der hinteren Körperhälfte führen wird. Es ist lediglich eine Frage der Zeit.
    »Und?«, fragt Clive.
    Ich schüttele den Kopf.
    »Sie brauchen mir nichts vorzumachen, Maz. Ich sehe so etwas nicht zum ersten Mal«, erklärt er. »Wie lange noch?«
    »Ich weiß es nicht. Es tut mir leid.« Ich sage ihm, dass er in die Praxis kommen und ein entzündungshemmendes Mittel abholen soll, das Robbie vielleicht wieder etwas beweglicher werden lässt. Aber ich bin nicht sehr zuversichtlich.
    Clive wendet sich ab, greift nach einem Tuch und wischt eine Weile über die Theke. Seine Schultern sacken herunter, und ich sehe, wie er Robbie etwas zu lange anschaut, ehe er sich wieder umdreht.
    »So, was kann ich Ihnen bringen?«, fragt er mit der geübten Fröhlichkeit eines Barkeepers.
    Ich bestelle eine Cola light und Izzy ein Radler. Wir nehmen unsere Getränke mit zu einem Tisch in der Ecke, wo jemand die Zeltwand hochgeschoben hat, um etwas frische Luft hereinzulassen.
    »Wie lief der Haustierwettbewerb?«, erkundigt sich Izzy.
    »Der alte Fox-Gifford und ich

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