Stadt, Land, Kuss
sind es die gleichen Leute, die unter der Woche in Ihre Praxis kommen. Wirklich, Fox-Gifford, Sie sollten nicht die Hand beißen, die Sie füttert«, entgegnet Fifi kokett.
»Talyton Manor muss zwei Familien ernähren«, gibt Sophia zurück, der es offenbar nicht das Geringste ausmacht, wie Fifi mit ihrem Mann flirtet. »Uns und Alexander, der für seine Kinder und seine Exfrau sorgen muss.«
»Und die sind nicht gerade billig im Unterhalt«, fällt ihr Fox-Gifford ins Wort.
»Sei nicht ungerecht – Astra bemüht sich, ihren Teil beizutragen«, widerspricht ihm Sophia.
»Indem sie sich an den Meistbietenden verkauft und den Namen der Familie in den Schmutz zieht«, schimpft Fox-Gifford. »Warum hat sie nur diesem billigen Käseblatt Hello! ein Interview gegeben? Wenn es wenigstens der Tatler gewesen wäre. Aber so? Ein Skandal! «
Ich werfe Fifi einen Blick zu, doch sie schüttelt kaum merklich den Kopf. Vielleicht liefert sie mir den Tratsch später nach …
»Willst du unseren Enkelkindern etwa einen standesgemäßen Lebensstil verweigern?«, fragt Sophia und wendet sich wieder mir zu.
»Ich bleibe nicht hier«, wiederhole ich.
»Wir müssen noch mehr Ländereien verkaufen, unser Zuhause dem National Trust überschreiben oder im Park eine Achterbahn aufbauen lassen«, klagt Sophia. »Talyton Towers. Wie unvorstellbar grässlich.«
»Ich bleibe nicht hier«, sage ich zum dritten Mal, aber Sophia und Fifi zählen gerade Papierservietten ab, und der alte Fox-Gifford unterhält sich mit der Leiterin des Büffets. Die Frau hat üppige Kurven, blondes Haar und ist teuer gekleidet.
»Na, Elsa, wie geht’s Ihrem alten Langweiler? Ist sein Interesse an weiblichen Reizen mittlerweile wieder erwacht?«
»Kann man nicht sagen.« Die Blondine kichert. »Aber wie kommen Sie denn jetzt auf Charles?«
»Doch nicht Ihr Mann«, der alte Fox-Gifford wiehert vor Lachen, »ich meine den Eber.«
»Ach der. Er hat noch Schonfrist bis Ende des Monats, dann mache ich Schinken aus ihm. Wenn Sie ihn nicht kurieren können, Fox-Gifford, dann übernehme ich das.« Mir fällt auf, dass niemand den alten Fox-Gifford beim Vornamen nennt. Hält er ihn geheim wie Inspector Morse, oder hat er vielleicht gar keinen?
»Ich komme im Laufe der Woche noch einmal vorbei und rede ihm gut zu.«
»Elsa züchtet eine seltene Schweinerasse«, erklärt Sophia.
»Glückliche Schweine.« Elsa entschuldigt sich. »Ich melde mich bei Ihnen.«
Wie der Vater, so der Sohn, denke ich bei mir. Dem alten Fox-Gifford scheint es nicht an Verehrerinnen zu mangeln.
»Kalter Rinderbraten oder Schinken?«, fragt mich einer der Männer hinter der Essensausgabe.
»Äh, für mich das vegetarische Menü, bitte«, sage ich, als ich ein Stück weiter auf dem Tisch etwas entdecke, das wie Spargelquiche aussieht.
»Einmal vegetarisch«, ruft der Mann seinem Kollegen zu.
»Vegetarier«, knurrt der alte Fox-Gifford. Seine Augenbrauen ziehen sich zu einer haarigen Raupe über seinem Nasenrücken zusammen. Die Gespräche verstummen, alle Blicke richten sich auf mich, und ich habe das Gefühl, als wären sie kurz davor, mich selbst auf einem Teller anzurichten.
»Bleiche, rückgratlose Geschöpfe!«, fährt Fox-Gifford fort. »Wen wundert es da noch, dass es mit der Landwirtschaft bergab geht?«
Ich entdecke einen freien Platz an einem Tisch am anderen Ende des Zelts, nehme meinen Teller mit Quiche, gebe noch etwas Salat hinzu und ergreife die Flucht. Dabei versuche ich den alten Fox-Gifford zu ignorieren, der noch immer vor sich hin schwadroniert und mich persönlich für den Niedergang der britischen Landwirtschaft verantwortlich macht.
»Nicht die geringste Erziehung … nennt sich Tierärztin, dabei kann sie nicht einmal reiten … hätte niemals ihre Zulassung bekommen dürfen …«
Bei den Eltern wundert es mich nicht, dass Alex so ist, wie er ist. Die sind ja schlimmer als meine. Gene und Erziehung haben sich gegen ihn verschworen.
Ich setze mich hin und versuche, den alten Fox-Gifford zu ignorieren, aber ohne es zu wollen schnappe ich Bruchstücke der Gespräche rings um mich herum auf, die seinen Ausbruch kommentieren. Ich schmecke kaum, was ich esse, und ich bin mir sicher, dass mein Gesicht in knalligerem Rosa leuchtet als der Schinken, der den Einwohnern von Talyton St. George serviert wird. Ich kann es kaum erwarten, hier wegzukommen. Wenn ich doch nur in mein Auto springen und zurück nach London fahren könnte. Aber ich habe Emma versprochen, mich
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