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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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nicht in der Stimmung für Kompromisse.
    »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«, frage ich und bemühe mich, die Situation unter Kontrolle zu bekommen, aber das hier ist nicht mein Sprechzimmer. Es ist Cheryls Revier, und sie ist gereizt wie eine wütende Wildkatze.
    »Ich glaube kaum, dass ich Ihnen etwas zu sagen habe – es sei denn, Sie wollen uns eine Entschädigung anbieten.«
    »Deshalb bin ich hier«, sage ich und taste nach dem Scheckheft in meiner Handtasche, »allerdings nur unter der Bedingung, dass Sie die Plakate wieder abnehmen.« Am liebsten würde ich sie gleich selbst abreißen, aber dann würde ich wahrscheinlich von einer Horde wild gewordener Frauen mit Einkaufstrolleys und Gehstöcken gelyncht.
    »Das werde ich ganz sicher nicht tun.« Cheryl bleckt die Zähne zu einem spöttischen Lächeln. »Die Plakate bleiben hängen. Wie sollen wir sonst die unschuldigen Tiere unserer Stadt vor Ihnen schützen?«
    Als ein Messer gegen einen Teller stößt und jemand leise »Ganz recht« sagt, trete ich den Rückzug an.
    Die Fassade des Otter House ist noch immer hinter einem Baugerüst verborgen, und der Bürgersteig ist mit Gittern und Flatterband abgesperrt. Es sieht verheerend aus, doch ich fürchte, wir werden noch eine ganze Weile auf einen Bauunternehmer warten müssen. Die Versicherung kommt zwar für den Schaden auf, aber alle Unternehmer sind im Neubaugebiet am Stadtrand beschäftigt.
    Hier in Talyton St. George braucht alles seine Zeit.
    Lynsey Pitt kommt eine halbe Stunde zu spät zu dem kurzfristigen Termin, den Frances ihr für den späten Vormittag gegeben hat. Ihren Bauch in ein geblümtes Baumwollkleid gehüllt und einen dazu passenden Sonnenhut auf dem Kopf, watschelt sie herein. Sie hat – ich zähle kurz nach – nur drei ihrer Söhne dabei, von denen zwei im Doppelbuggy festgeschnallt sind. Cadbury folgt ihr am Ende einer langen Leine. Er hält den Kopf gesenkt und hat den Schwanz eingezogen.
    »Sie sehen ja, irgendetwas stimmt nicht mit ihm«, sagt Lynsey. »Wir machen uns wirklich Sorgen. Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt.« Sie atmet tief durch und streicht über ihren Bauch. »Ich kann es kaum erwarten, dass das Baby endlich kommt. Ich bin völlig erledigt.«
    »Wann ist es denn so weit?«, frage ich, während ich dem ältesten Jungen – Sam, glaube ich – helfe, Cadbury auf den Behandlungstisch zu heben.
    »Gestern.«
    »Jetzt machen Sie mich nervös.«
    »Keine Sorge, ich habe nicht vor, dieses Kind irgendwo anders als im Krankenhaus zu bekommen. Und diesmal schicken sie mich nicht nach sechs Stunden wieder nach Hause. Ich bleibe fünf Tage da, fünf Tage Urlaub von meinen sieben anderen kleinen Rabauken.«
    Lachend beschließe ich, auch Cadbury eine kleine Auszeit von ihnen zu gönnen, und behalte ihn da. Die Röntgenaufnahmen lassen vermuten, dass er wieder einmal etwas verschluckt hat, was er nicht sollte, und ich will der Sache so schnell wie möglich auf den Grund gehen.
    Im OP-Raum öffne ich seinen Bauch und taste die Windungen seines Darms ab, bis ich auf ein Hindernis stoße. Als ich den Darm aufschneide, kommt eine winzige, wie zum Hilferuf ausgestreckte Hand zum Vorschein.
    »Sehen Sie nur – ich habe eine Leiche gefunden.«
    Ich ziehe vorsichtig an der kleinen Plastikhand und hole sie aus dem grünlichen, schleimigen Darminhalt hervor. »Das ist Spiderman.« Ich lasse ihn in die Nierenschale fallen, die Izzy mir hinhält, und prüfe anschließend, ob nicht noch weitere Superhelden oder Bösewichte Spiderman auf seine Reise durch Cadburys Darm begleitet haben. Und ich entdecke tatsächlich noch etwas anderes, etwas Weiches, wie ein Stück Stoff oder eine Socke. Ich drücke es durch den Schnitt ins Freie und lasse das farblose Knäuel zu Spiderman in die Nierenschale fallen, sodass Izzy meine Fundstücke nebenan im Vorbereitungsraum abspülen kann, während ich Cadbury wieder zunähe.
    Ich höre sie am Waschbecken kichern.
    »Stille Wasser sind tief. Sehen Sie sich das mal an.« Sie hält einen Slip vor das runde Fenster in der Durchgangstür und zieht ihn auseinander. »Das ist keine normale Unterhose. Sie muss sie in einem besonderen Laden gekauft haben, in Auroras Schatzhöhle vielleicht. Meine Güte, ist die winzig.« Izzy quietscht schockiert auf. »Oje, Cadbury hat den Schritt rausgebissen.«
    »Izzy, der Schritt ist offen.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Das ist Absicht.«
    »Was?«, fragt sie. »Oh … jetzt verstehe ich.« Sie kichert. »Ich glaube,

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