Stadt, Land, Kuss
vor Montag. Das wird schon in Ordnung sein – schließlich kennt Stewart seine Tiere.
»Nigel will mit Ihnen sprechen«, sagt Izzy. »Er ist im Büro.«
»Danke«, erwidere ich und seufze innerlich. Ich hatte mich auf etwas Zeit für mich gefreut.
»Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich das sage, Maz, aber Sie sehen völlig erledigt aus«, meint Izzy. »Soll ich morgen Abend den Telefondienst für Sie übernehmen? Dann könnten Sie mit Miff am Fluss entlang zum Talymill Inn spazieren, dort etwas essen und Nigel und seine Truppe tanzen sehen.«
»Das ist sehr nett von Ihnen«, antworte ich, ein wenig überrascht.
»Sie scheinen mit dem Druck nicht so gut klarzukommen, und wir wollen doch nicht, dass unsere Kunden unzufrieden sind, weil die Tierärztin fast einschläft.«
Obwohl mich ihr mangelndes Vertrauen verletzt, ist das Angebot zu verlockend, um es abzulehnen.
»Und was ist mit Ihnen, Izzy?«
»Ich bin morgen bei Chris. Ich koche für uns, während er mit dem Traktor draußen ist. Kaum zu glauben, wie viel Arbeit an einem gewöhnlichen Sommerabend auf einem Bauernhof anfällt.«
»Dann sind Sie und er also …«
»Wir sind Freunde«, antwortet sie verschämt.
»Na ja, wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht«, sage ich. Allmählich verstehe ich, wieso Emma so große Stücke auf Izzy hält. Hoffentlich kommt sie nicht auf die Idee, sich wegen der Probleme hier nach einem neuen Arbeitsplatz umzuschauen.
Sie lächelt. »Gehen Sie lieber gleich zu Nigel – er wartet nicht gern. Aber sprechen Sie ihn ja nicht auf die Steri-Strips auf seiner Wange an.« Sie kichert. »Er hat sich selbst mit einem Angelhaken erwischt, können Sie sich das vorstellen? Er behauptet, bis Weihnachten ist er ein perfekter Angler. Eher ein perfekter Trottel, wenn Sie mich fragen.«
»Jetzt weiß er wenigstens, wie sich die Fische dabei fühlen«, entgegne ich trocken.
»Und beim Morristanzen hat er sich einen Bänderriss im Knie geholt. Ich habe ihm dringend geraten, sich weniger gefährliche Hobbys zu suchen.« Ein wenig aufgeheitert gehe ich zu Nigel ins Büro, und natürlich wird mein Blick sofort von den schmalen Pflasterstreifen auf seiner Wange angezogen – und dann von dem Stapel Papier vor ihm auf dem Schreibtisch.
»Rechnungen«, sagt er. »Ich habe sie bisher in der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit bezahlt. Aber jetzt bleibt mir nichts anderes mehr übrig, als Emma anzurufen. Sie muss ihren Urlaub abbrechen.« Der eklige Geruch von warmem Lavendel und schimmligem Getreide erfüllt das Büro. Nigel rollt ein Hosenbein hoch und entblößt eine leuchtend weiße, mit spärlichem rotblondem Flaum bedeckte Wade. Dann legt er ein Wärmekissen quer über sein Knie. »Sie muss sofort zurückkommen – ich sehe keine andere Möglichkeit.« Er nimmt ein Blatt Papier und wedelt damit in meine Richtung. »Haben Sie eine Ahnung, was das hier ist?«
Ich schüttele den Kopf. Mein Hals fühlt sich an, als würde mich jemand würgen, Cheryl vielleicht …
»Das ist ein Brief von Cheryls Anwalt, in dem er uns mit einer Klage droht, falls wir uns nicht bereit erklären, Schadensersatz für Blueboys Verdienstausfall und seine posttraumatische Belastungsstörung zu zahlen. Außerdem sollen wir die Kosten für Cheryls Maniküre übernehmen, weil sie sich beim Verlassen der Praxis an der Tür einen Nagel eingerissen hat, und natürlich das Honorar ihres Anwalts. Das muss der teuerste Haarschnitt aller Zeiten sein – für das Geld hätten wir Vidal Sassoon persönlich engagieren können.« Nigel sticht mit dem Finger auf das Blatt ein, um mir den geforderten Betrag zu zeigen.
»So viel?« Mein Puls flattert panisch. Wo soll ich so viel Geld auftreiben? Greift unter diesen Umständen meine Haftpflichtversicherung? Wenn die Fox-Giffords herausfinden, wie viel sie von uns verlangt, werden sie sich vor Schadenfreude nicht mehr einkriegen. Sie werden dafür sorgen, dass die Nachricht nicht nur in den Chronicle kommt, sondern auch in die überregionalen Zeitungen.
»Ich habe mir die Freiheit genommen, noch ein weiteres Schreiben zu öffnen. Es handelt sich um eine Bitte um Stellungnahme zu der Beschwerde, die Cheryl beim Royal College gegen Sie eingereicht hat. Wenn mich nicht alles täuscht, hat sie vor, Sie fertigzumachen. «
»Aber ich habe dem Tier doch überhaupt nicht geschadet.« Mein Mund fühlt sich trocken an, als hätte ich am Abend zuvor zu viel getrunken. »Im Grunde habe ich Blueboy sogar einen Gefallen
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