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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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beruflichen Fähigkeiten anzweifeln.
    Mein Handy klingelt. Ich hole es aus der Tasche und werfe einen Blick auf das Display. Es ist Izzy, und noch bevor sie etwas erklären kann, höre ich am Klang ihrer Stimme, dass etwas Schlimmes passiert sein muss.
    »Tut mir leid, Miff«, sage ich und binde sie vom Tischbein los. »Wir müssen zurück.«
    Izzy hat schon alles vorbereitet, auch die Einverständniserklärung, in der Stewart durch seine Unterschrift allen notwendigen Behandlungsmaßnahmen zugestimmt hat. Stewart selbst geht ruhelos im Empfangsbereich auf und ab, den Unterkiefer vorgeschoben, den Mund zu einer starren Linie zusammengepresst und die Fäuste geballt.
    »Äh … hallo«, begrüße ich ihn zögernd, und mir ist vor Nervosität ganz schlecht.
    Stewart antwortet nicht.
    »Maz.« Izzy hält mir die Tür zum Flur offen. »Kommen Sie! Schnell!«
    Das Licht ist aus, und es kommt mir vor, als folgte ich ihr durch einen langen, dunklen Tunnel.
    »Die Birne ist durchgebrannt«, erklärt Izzy. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, sie auszuwechseln. Schnell – wir haben nicht mehr viel Zeit …«
    Sie öffnet die Tür zum OP-Raum. Das grelle Licht blendet mich so, dass ich im ersten Moment kaum etwas erkennen kann, doch schon bald sehe ich alles nur zu deutlich. Cadbury liegt auf dem Tisch, Izzy hat ihm schon eine Infusion gelegt.
    »Es sieht nicht gut aus«, sagt Izzy ruhig. »Ich habe ein paar Minuten gebraucht, um seinen Puls zu finden. Ich nehme an, Sie wollen gleich operieren.« Das ist keine Vermutung, sondern eine Anweisung.
    Ich verabreiche Cadbury eine ganz leichte Narkose, rasiere hastig seinen Bauch, desinfiziere das Operationsfeld und setze das Skalpell an. Die Diagnose ist einfach: Bauchfellentzündung und septischer Schock.
    »Ich brauche mehr Infusionslösung.«
    »Die wärmt schon im Becken«, erwidert Izzy kurz angebunden.
    »Und flüssiges Antibiotikum.«
    »Liegt auf dem Reanimationswagen.«
    »Komm schon, Cads«, flüstere ich. »Du schaffst das. Reiß dich zusammen.«
    »Er atmet nicht mehr«, sagt Izzy drängend.
    Ich beobachte seinen Brustkorb. Keine Bewegung.
    »Beatmen Sie ihn«, weise ich sie an.
    »Er hat keinen Puls mehr.«
    »Herzmassage, schnell.«
    »Dazu muss ich ihn auf die Seite legen.« Izzy dreht ihn herum und beginnt unverzüglich mit der Herzmassage. Sie drückt ein paar Mal rhythmisch seinen Brustkorb zusammen, dann hält sie inne und verabreicht ihm mit Hilfe des schwarzen Beatmungsbeutels am Narkosegerät eine Dosis Sauerstoff. Pressen-pressen-pressen-pressenpressen. Beatmen. Pressen-pressen-pressen-pressen-pressen. Beatmen.
    Izzys Gesicht läuft vor Anstrengung rot an, aber ich sehe, dass es zwecklos ist … es ist zu spät.
    Nichts fokussiert den Geist so sehr wie bis zu den Ellbogen in einem toten Hund zu stecken, vor allem, wenn es sich um einen kleinen Welpen handelt, der noch zwölf bis vierzehn Jahre Lebenszeit vor sich hätte haben sollen.
    Ich höre auf, in seinem Körper herumzutasten, und sehe, wie Tränen über Izzys Gesicht laufen, als sie den Beatmungsbeutel drückt und Sauerstoff in Lungen presst, die nie wieder selbst atmen werden.
    »Sie können jetzt aufhören, Izzy.« Ich ziehe meine Handschuhe aus. Cadburys Brustkorb hebt und senkt sich, während sie den Beutel immer wieder aufs Neue drückt. Ich gehe um den Tisch herum und lege eine Hand auf ihre Schulter. »Izzy, hören Sie auf. Er ist tot.« Ich schüttele sie kräftig. »Izzy! Sie müssen jetzt aufhören. «
    Da erst scheint sie mich zu bemerken. Aufschluchzend reißt sie sich die Schürze herunter, dreht sich auf dem Absatz um und geht hinaus. Die Schürze schleift auf dem Boden hinter ihr her. Als ich den Blick senke, bemerke ich, dass ich eines von Cadburys weichen, samtigen Ohren zwischen den Fingern halte. Meine Augen brennen, meine Kehle schnürt sich zu, und ich würde mich am liebsten zu einer Kugel zusammenrollen und schreien. Aber erst muss ich mit Stewart reden. Wie um Himmels willen soll ich ihm in die Augen sehen?
    Es ist ein sehr weiter Weg zurück durch den dunklen Flur. Als ich in den Empfangsbereich komme, dreht sich Stewart hastig zu mir um.
    »Und?«, fragt er leise.
    Ich lasse den Kopf hängen. »Er hat es nicht geschafft«, flüstere ich.
    »Er ist tot?«
    Ich nicke.
    »Verdammte Scheiße.« Stewart fährt sich mit den Händen über die kahle Stelle an seinem Hinterkopf. »Ich habe es gewusst. Ich hätte gleich mit ihm ins Herrenhaus fahren sollen.«
    »Es tut mir leid.« Eine

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