Stadt, Land, Kuss
er schließlich und nimmt die Hand weg. »Einmal habe ich das falsche Bein operiert.«
»Was hast du?« Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Alex Fox-Gifford hat einen Fehler gemacht?
»Es war einer von Fifis und Glorias Fundhunden – hat dir noch niemand davon erzählt?«
Ich schüttele den Kopf, und er fährt fort: »Ich sollte einen jungen Windhundmischling mit Kreuzbandriss behandeln. Aber als ich das Knie geöffnet habe, war das Band intakt.«
»Was hast du dann gemacht?«, frage ich, überrascht, dass er seinen Fehler erst so spät bemerkt hat.
»Ich bin zu Kreuze gekrochen, was sonst?«
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Alex bei irgendjemandem zu Kreuze kriecht.
»Ich muss abgelenkt gewesen sein«, seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, »bestimmt habe ich an eine Frau gedacht.«
Ich mag die Vorstellung nicht, dass er von einer Frau abgelenkt ist – jedenfalls nicht, solange es sich dabei nicht um mich handelt. Und schon gar nicht, wenn die Betreffende Eloise sein sollte.
Alex sieht auf die Uhr. »Ich muss zurück zum Herrenhaus. «
»Danke, dass du vorbeigekommen bist«, sage ich.
»Keine Ursache. Ich musste ohnehin ein Rezept für meinen Vater abholen. Er liegt im Bett. Weißt du, er ist nicht durch und durch boshaft«, fährt Alex fort. »Seit der Stier ihn erwischt hat, gibt es für ihn kaum noch eine Minute ohne Schmerzen. Er bemüht sich ständig, es so aussehen zu lassen, als sei er beschäftigt, aber in Wahrheit ist er den körperlichen Anforderungen des Berufs nicht mehr gewachsen. Er kann höchstens noch den Telefondienst übernehmen und sich im Radio danebenbenehmen. Oh, und einem auf die Nerven gehen. Darin seid ihr beiden euch ziemlich ähnlich«, fügt er lächelnd hinzu.
Ich lächle zurück, auch wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich mich von Alex aufheitern lasse, nachdem ich gerade unter so furchtbaren Umständen einen Patienten verloren habe.
Ich bringe ihn zurück zum Empfang, wo er kurz stehen bleibt.
»Guten Morgen, Frances«, begrüßt er sie.
»Hallo, Alex.« Sie hebt eine Hand flüchtig an ihre Halsmulde. »Furchtbare Sache, das mit dem Hund der Pitts«, sagt sie kopfschüttelnd.
»Das hätte jedem passieren können«, entgegnet Alex. Er nickt mir zu. »Bis dann, Maz.«
»Alex, warte.« Ich laufe ihm nach zur Tür. »Alex.«
Er zögert. »Was ist los?« Er senkt die Stimme zu einem Flüstern. »Wie ich sehe, hast du noch nicht den Mut aufgebracht, Frances zu feuern.«
»Ich hoffe noch immer, dass Nigel irgendwo zusätzliches Geld auftreibt, sodass wir sie behalten können. Ich weiß, sie ist nicht gerade die beste Sprechstundenhilfe der Welt, aber sie meint es gut.« Ich mache eine kurze Pause. »Alex, hat Stewart gesagt, was sie mit dem Kadaver machen wollen?«
»Er soll eingeäschert werden, und sie wollen die Asche zurück«, antwortet er. »Wenn es dir nichts ausmacht, überlasse ich alles Weitere dir. Bis bald, Maz.«
Ich warte, bis die Tür hinter ihm zufällt, ehe ich mich wieder zu Frances umdrehe. Im Stillen hoffe ich, dass gleich ein Patient auftaucht oder das Telefon klingelt und mich davor bewahrt, mit ihr reden zu müssen.
»Würden Sie für einen Moment mit ins Büro kommen, damit wir uns kurz unterhalten können«, setze ich an.
»Ich weiß nicht«, entgegnet Frances. »Emma und Izzy mögen es nicht, wenn ich den Empfang unbesetzt lasse.«
»Sie haben recht«, sage ich und sehe mich im leeren Wartebereich um. »Wir können auch hier reden. Es ist ja nicht gerade viel los, nicht wahr? Und damit wäre ich auch schon beim Thema.«
»Worum geht es denn, Maz?« Frances sieht mich an. Sie hat den Kopf auf die Seite gelegt wie ein Hund, der auf einen Leckerbissen hofft. »Der junge Mr Fox-Gifford war ja schon wieder hier, um Sie zu besuchen. Er kommt in letzter Zeit ziemlich oft ins Otter House, nicht wahr?«
»Frances, es hat nichts mit Alex zu tun«, erwidere ich, frustriert darüber, dass es offenbar keine Möglichkeit gibt, sie behutsam darauf vorzubereiten, dass sie nicht mehr lange hier arbeiten wird. »Es tut mir leid, aber ich muss Sie bitten, Ihre Sachen zusammenzupacken und die Praxis zu verlassen.« Mein Blick schweift von der roten Schleife, die sie zusammen mit einem Foto von sich und ihrem preisgekrönten Chutney an die Pinnwand geheftet hat, zu der Sammelbox für die Angehörigen auf See gebliebener Fischer auf dem Empfangstisch.
»Warum denn?«, fragt sie, und ihre ernste Miene bildet einen
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